Nachdem das EU-Parlament dem mit dem Rat abgestimmten Richtlinienentwurf bereits am 10.04.2024 zugestimmt hatte, kam es aufgrund der zwischenzeitlichen Europawahlen nochmals zu Verzögerungen. Nun hat der EU-Ministerrat der novellierten KARL jedoch final zugestimmt. Die Richtlinie tritt mit der zeitnah zu erwartenden Verkündung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Hiernach ist die Richtlinie innerhalb von 30 Monaten in nationales Recht umzusetzen.
Wesentlicher Bestandteil der KARL sind neue und weitergehende Anforderungen an die Abwasserbehandlung. So gelten zukünftig verschärfte Grenzwerte für die Einleitung von Stickstoff und Phosphor aus Kläranlagen. Zudem sind erstmals Vorgaben für die Reduzierung spezieller Spurenstoffe durch die Einführung einer vierten Reinigungsstufe bei Kläranlagen enthalten. Die Kosten (Investitions- und Betriebskosten) einer vierten Reinigungsstufe werden im Rahmen einer erweiterten Herstellerverantwortung zu mindestens 80 Prozent durch die Hersteller von Arzneimitteln und Körperpflegeprodukten getragen.
Die konkrete Umsetzung der Herstellerverantwortung sowie die Finanzierung der weiteren 20 Prozent der Kosten erfolgen im Rahmen der Umsetzung in das nationale Recht. Die neuen Anforderungen sowohl an die Einleitung von Stickstoff und Phosphor als auch zur Reduzierung von Spurenstoffen gelten für Kläranlagen mit mehr als 150.000 Einwohnerwerten (EW). Kläranlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW sind hiervon betroffen, wenn sie in besonders gefährdete Gebiete einleiten, welche noch durch die Mitgliedsstaaten festzulegen sind. Die Einhaltung der Richtwerte soll gestaffelt bis zum Jahr 2045 erfolgen.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Änderung ist die vorgesehene schrittweise Energieneutralität des Abwassersektorts bis 2045. Das Ziel gilt nicht anlagenscharf. In die Berechnung einbezogen werden Anlagen ab 10.000 EW.
Zudem ist die Einführung eines Abwassermonitorings zur Ermittlung von Krankheitserregern und die Erstellung von Abwassermanagementplänen zur Reduzierung von Überläufen aus der Kanalisation in die Gewässer vorgesehen.
Anmerkung des DStGB
Die Inhalte der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie sind grundsätzlich zu begrüßen. Insbesondere die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung in das Wasserrecht ist ein Meilenstein in der europäischen Gewässerpolitik und greift eine langjährige Forderung auch des DStGB auf. Hierdurch werden nicht nur die Kommunen, ihre Abwasserbetriebe und die Gebührenzahler finanziell entlastet, sondern auch Anreize geschaffen, in alternative, weniger gewässerbelastende Produkte zu investieren. Auch ist es wichtig, dass der deutsche Sonderweg bei der Überwachung der Ablaufwerte für Phosphor und Stickstoff beendet wird. Nun wird es maßgeblich auf eine praxisgerechte Umsetzung der Richtlinienvorgaben in das nationale Wasserrecht ankommen.
Die zukünftigen Richtwerte bei der Abwasseraufbereitung, die Energieneutralität des Abwassersektors und zu erstellende Abwassermanagementpläne stellen jedoch auch eine große Herausforderung für die kommunalen Abwasserbetriebe dar, welche in den nächsten Jahren massive Investitionen erfordern. Mit Blick auf die Umsetzung der Vorgaben gilt es daher, strikt auf eine 1:1-Umsetzung zu achten und weitere Verschärfungen von Anforderungen zu verhindern. Zudem benötigen wir eine offene Diskussion zur Frage der Finanzierungsoptionen. Eine einseitige Belastung der Kommunen und der Gebührenzahler kann nicht die Lösung sein.