Vergabe

Die neue Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)

I. UVgO ersetzt 1. Abschnitt der VOL/A

Die neue UVgO ersetzt die VOL/A, 1. Abschnitt, Ausgabe 2009, vom 20. November 2009 (BAnz. Nr. 196 a, BAnz. 2010, S.755). Bereits am 18. April 2016 wurde in einem ersten Reformschritt die früher oberhalb der EU-Schwellenwerte (209 000 Euro ohne Umsatzsteuer) geltende EG-VOL/A abgeschafft. Diese ist in die neue Vergabeverordnung (VgV) integriert worden. Auf der Grundlage des zweiten Reformschritts wird durch die UVgO künftig auch die bisherige VOL/A, 1. Abschnitt, und damit das Vergaberecht für Liefer- und Dienstleistungsaufträge bei Unterschwel-lenvergaben der Vergangenheit angehören. Damit wird die aus dem Jahre 1932 stammende VOL/A nach insgesamt 85 Jahren vollständig entfallen und durch ein neues Regelwerk abgelöst.

II. Pflicht zur Anwendung der UVgO erfordert zusätzliche Inkraftsetzung

Die UVgO regelt ausschließlich die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte. Als Unterschwellenrecht handelt es sich bei ihr um eine Verwaltungsvorschrift, die sich in die haushaltsrechtlichen Vorgaben von Bund, Ländern und Kommunen einfügt. Als solche tritt die UVgO nicht bereits mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Vielmehr ist zur Inkraftsetzung und Anwendung durch die Kommunen eine separate Regelung des für die Kommunen zuständigen Landesrechtsgebers erforderlich. Eine derartige Inkraftsetzung der UVgO für die Kommunen kann – wie vielfach bisher auch für die VOL/A, 1. Abschnitt, praktiziert – durch Erlasse der jeweiligen Landesregierung erfolgen. Möglich wäre auch eine Integration bzw. Verbindung in und mit den in vielen Ländern bestehenden Vergabe- oder Tariftreuegesetzen. 

Die Landesregierungen und Landesgesetzgeber sind aber insgesamt in der Festlegung frei, ob überhaupt und wenn ja, mit welchem Inhalt sie ihren Kommunen die Anwendung der UVgO im Rahmen des Haushaltsrechts vorgeben. Insoweit sei daran erinnert, dass gegenwärtig die Landesregierungen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg ihren jeweiligen Kommunen die VOL/A, 1. Abschnitt, „nur“ durch entsprechende Hinweise „zur Anwendung empfohlen haben“ während andere Länder ihren Kommunen die Anwendung verbindlich vorgegeben haben. Aber selbst dann, wenn die Landesrechtsgeber ihren Kommunen die Anwendung der UVgO als Nachfolgewerk der VOL/A künftig freistellen, können die Hauptverwaltungsbeamte (Ober-Bürgermeister/innen oder Landräte) ihren Kommunen die Anwendung vorgeben oder auch die Kommunen selbst eigenverantwortlich die UVgO anwenden. So ist es bisher vielfach im Bereich der VOL/A, 1. Abschnitt, erfolgt.  

III. UVgO-Struktur: Übernahme vieler GWB- und VgV-Regelungen

Die UVgO umfasst mit 54 Normen im Vergleich zur VOL/A, 1. Abschnitt (20 Normen), mehr als das Doppelte an Regelungen. Grund ist insbesondere, das erklärtes Vorbild der UVgO primär das Vergabeverfahrensrecht der VgV sowie das Oberschwellenrecht des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist. Ziel war und ist damit eine möglichst einheitliche Ausgestaltung des Vergaberechts sowohl bei der Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen ober- als auch unterhalb der EU-Schwellenwerte. Dabei wurden bestehende Besonderheiten für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte in der UVgO aufrechterhalten oder neu geregelt.

Folge dieser „Rechtsangleichung“ zwischen Ober- und Unterschwellenrecht bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen ist zum einen, dass der Unterschied zur VOB/A, 1. Abschnitt, und deren Inhalten noch größer wird. Denn die VOB/A kennt für Bauvergaben im Unterschellenbereich eine Rechtsangleichung an das Ober-schwellenrecht, wie sie mit der UVgO erfolgt ist, nicht. Zum anderen führt die Übernahme vieler GWB- und VgV-Regeln schon allein wegen der vielen damit verbundenen Querverweise auf diese Normen für den Praktiker zu einer schwierigen Handhabbarkeit und Lesbarkeit der UVgO. Denn neben der UVgO muss der Anwender in vielen Fällen auch den Text des GWB und der VgV ergänzend zu Grunde legen.

IV. Wesentliche Neuregelungen

Im Folgenden werden die wesentlichen Neuregelungen der UVgO dargestellt:

1. Anwendungsbereich

Die UVgO richtet sich nur an „Auftraggeber“ und nicht an „öffentliche Auftraggeber“. Folge ist, dass für den Bereich der Kommunen die jeweiligen Landesrechtsgeber die Freiheit haben, in ihren Vorgaben zur Anwendung der UVgO den persönlichen Anwendungsbereich konkret festzulegen. Neben den klassischen öffentlichen Auftraggebern, also Städten, Gemeinden und Kreisen sowie deren Eigenbetrieben, könnten damit durch die Bundesländer auch privatisierte kommunale Auftraggeber, also etwa kommunale Eigengesellschaften, der UVgO unterworfen werden. Ansonsten gilt die UVgO grundsätzlich für alle Vergaben öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge und Rahmenvereinbarungen, die unterhalb des EU-Schwellenwerts gemäß § 106 GWB liegen (§ 1 Abs. 1 UVgO).

2. Ausnahmen (§ 1 Abs. 2 UVgO)

Trotz Unterschreiten des EU-Schwellenwerts findet die UVgO nicht auf Sachverhalte Anwendung, für die auch das GWB in den §§ 107, 108, 109, 116, 117 oder 145 Ausnahmen vom Vergaberecht vorsieht (§ 1 Abs. 2 UVgO). Hierzu gehört wohl als kommunalrelevanteste Ausnahme der seit dem 18. April 2016 erstmalig kodifizierte § 108 GWB („Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit“). Diese Ausnahme vom Vergaberecht erfasst sowohl die In-House-Vergabe als auch die Ausnahme bei – horizontaler – kommunaler Kooperation.

3. Grundsätze der Vergabe (§ 2 UVgO)

Erstmalig werden in § 2 Abs. 1 S. 2 UVgO als Grundsätze der Vergabe auch die „Wirtschaftlichkeit“ und „Verhältnismäßigkeit“ genannt. Damit wird herausgestellt, dass diese Grundsätze neben den Prinzipien des Wettbewerbs und der Transparenz (§ 2 Abs. 1 S. 1 UVgO) sowie der Gleichbehandlung (§ 2 Abs. 2 UVgO) allgemein sowie im gesamten Verfahrensablauf und nicht etwa nur bei dessen Einzelstufen (Beispiel: Eignungsanforderungen und Zuschlagskriterien) zu berücksichtigen sind.

Nach § 2 Abs. 3 UVgO werden bei der Vergabe auch die

„Aspekte der Qualität, der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte „nach Maßgabe dieser Verfahrensordnung“ berücksichtigt“.

Damit verbunden ist eine rechtspolitische Aufwertung dieser strategischen Kriterien. Im Verfahren können Auftraggeber derartige strategische Kriterien insbesondere bei der Markterkundung und der Festlegung des Beschaffungsgegenstandes selbst, aber auch bei der Leistungsbeschreibung, der Festlegung der Eignungs- und Zu-schlagskriterien sowie der Auftragsausführung berücksichtigen.

4. Übernahme allgemeiner VgV-Grundsätze (§§ 3 bis 6 UVgO)

Unter Übernahme bzw. teilweiser Übernahme von Regelungen aus der VgV (§§ 5 bis 8 VgV) erfasst die UVgO ausdrücklich Regelungen zur „Wahrung der Vertraulichkeit“ (§ 3 UVgO), „Vermeidung von Interessenkonflikte“ (§ 4 UVgO), „Mitwirkdung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens“ (§ 5 UVgO) und zur „Dokumentation“ (§ 6 UVgO).

Bei den §§ 3 bis 5 UVgO handelt es sich um inhaltsgleiche Übernahmen von Normen aus den §§ 5 bis 7 der VgV. Diese Übernahmen dienen dem Ziel, die Vertraulichkeit, Lauterkeit, Neutralität und Objektivität von Vergabeverfahren zu wahren. Demgegenüber wird in § 6 UVgO statt eines in § 8 VgV vorgesehenen „Vergabe-vermerks“ nur eine „Dokumentation“ gefordert. Neu ist, dass nach § 6 Abs. 2 S. 1 UVgO vorbehaltlich anderer Vorschriften zur Aufbewahrung

„die Dokumentation sowie die Angebote, Teilnahmeanträge und ihre Anlagen mindestens für drei Jahre ab dem Tag des Zuschlags aufzubewahren sind“.

5. Elektronische Kommunikation (§§ 7, 38 UVgO)

Auch im Bereich der UVgO wird für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabefahren grundsätzlich die elektronische Kommunikation eingeführt (§ 7 Abs. 1 UVgO). Danach ist unter Übernahme von § 9 Abs. 3 VgV vorgesehen (siehe § 7 Abs. 3 UvgO), dass

„der Auftraggeber von jedem Unternehmen die Angabe einer eindeutigen Unternehmensbezeichnung sowie eine elektronische Adresse verlangen kann (Registrierung). Für den Zugang zur Auftragsbekanntmachung und zu den Vergabeunterlagen darf der Auftraggeber keine Registrierung verlangen; eine freiwillige Registrierung ist zulässig“.

Im Übrigen erfolgt nach § 38 UVgO die Einführung der eVergabe zeitlich gestuft:

-     Bis 31. Dezember 2018: Der Auftraggeber legt fest, in welcher Form (Textform, elektronisch, Postweg, Telefax, anderer geeigneter Weg, Kombination) die Unternehmen ihre Teilnahmeanträge und Angebote einreichen (§ 38 Abs. 1 UVgO).

-    Ab 01. Januar 2019: Der Auftraggeber akzeptiert die Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten in Textform nach § 126b BGB mit Hilfe elektroni-scher Mittel (§ 38 Abs. 2 UVgO).

-    Ab 01. Januar 2020: Der Auftraggeber gibt vor, dass die Unternehmen ihre Teilnahmeanträge und Angebote in Textform nach § 126b des BGB ausschließlich mit Hilfe elektronischer Mittel übermitteln (§ 38 Abs. 3 UVgO).

Ausnahmen von diesen Vorgaben, die es so nach der VOB/A, 1. Abschnitt, wegen der dort nach wie vor für Auftraggeber bestehenden Wahlfreiheit nicht gibt, stehen dem Auftraggeber nach § 38 Abs. 4 UVgO nur zu, wenn

-     der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer 25 000 Euro nicht überschreitet oder
-    eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder eine Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird.

6. Vergabeverfahren (§§ 8 bis 14 UVgO)

Die UVgO-Regelungen zum Vergabeverfahren lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Neueinführung der „Verhandlungsvergabe“ (§§ 8 Abs. 1, 12 UVgO)

Durch die bewusste Ersetzung des Begriffs „Freihändige Vergabe“ aus der VOL/A durch den Begriff „Verhandlungsvergabe“ in der UVgO soll deutlich werden, dass es sich auch hierbei um ein wettbewerbliches und transparent durchzuführendes Vergabeverfahren handelt. Dieses hat eine Parallelität zum „Verhandlungsverfahren“ im EU-Bereich. Demgegenüber bleibt die „Freihändige Vergabe“ im Rahmen der VOB/A, 1. Abschnitt, weiter bestehen.

Die Neueinführung der Verhandlungsvergabe scheint zwar auf den ersten Blick, gerade durch die in § 8 Abs. 4 UVgO eingeführte Möglichkeit, diese nach Wahl mit oder ohne Teilnahmewettbewerb durchzuführen, für Auftraggeber mit mehr Gestaltungsspielraum verbunden zu sein. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass – anders als nach der VOL/A, 1. Abschnitt - das Verhandlungsverfahren nunmehr durch Angleichung an die VgV erstmalig in einer eigenen Norm, nämlich § 12 UVgO, geregelt und damit formalisiert wird. Dadurch werden bisher vorhanden Spielräume auch für Auftraggeber eingeengt und ganz klare Leitplanken für Verhandlungsvergaben geschaffen.

- Kein Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung (§ 8 Abs. 2 S. 1 UVgO)

Ebenso wie nach § 14 Abs. 2 S. 1 VgV und der dort geregelten Wahlfreiheit zwischen dem offenen und dem nicht offenen Verfahren fällt auch im Rahmen der UVgO der Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung weg. Dem Auftraggeber stehen daher nach der UVgO die Öffentliche Ausschreibung und die Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb nach seiner freien Wahl zur Verfügung (§ 8 Abs. 2 S. 1 UVgO). In der Regel wird sich die Öffentliche Ausschreibung für Auftraggeber weiter bei Standardbeschaffungen empfehlen. Demgegenüber kann die Beschränkte Ausschreibung nach vorangegangenem Teilnahmewettbewerb dann sinnvoll sein, wenn im Rahmen eines zweistufigen Wettbewerbs vorgeschaltete und komplexere Eignungsprüfungen der Unternehmen notwendig sind. Mit der freien Wahl des Auftraggebers zwischen Öffentlicher und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb weicht die UVgO von der aktuellen VOB/A ab, die im 1. Abschnitt keine entsprechende Wahlfreiheit vorsieht.

Die bisherigen haushaltsrechtlichen Regelungen des Bundes (§ 55 Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG, § 55 Bundeshaushaltsordnung – BHO) und der Bundesländer sehen im Unterschwellenbereich noch die öffentliche Ausschreibung als Regelverfahren mit Vorrang vor. Um insoweit die Gleichrangigkeit von Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb im Haushaltsrecht zu etablieren, muss das Haushaltsrecht daher geändert und angepasst werden. Dieser Rechtssetzungsprozess ist sowohl auf der Ebene des Bundes als auch der Länder im Gange.

- Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb (§ 8 Abs. 3 UVgO)

Unter den beiden Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UVgO (Öffentliche Ausschreibung hat kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt oder Öffentliche oder Beschränkte Ausschreibungen mit Teilnahmewettbewerb würde für Auftraggeber oder Bewerber/Bieter einen Aufwand verursachen, der zu dem erreichbaren Vorteil oder dem Wert der Leistung im Missverhältnis stehen würde) kann ein Auftraggeber auch eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb durchführen. Eine derartige Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb hat in der VgV keine Parallele. Denn das der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahme-wettbewerb entsprechende nicht offene Verfahren nach § 16 VgV setzt stets einen vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb voraus.

Im Übrigen fällt auf, dass sich die jeweiligen Voraussetzungen für eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb nach § 8 Abs. 1 UVgO mit nahezu gleichem Wortlaut auch als Möglichkeiten für eine Verhandlungsvergabe in § 8 Abs. 4 UVgO wiederfinden. So spiegelt sich § 8 Abs. 3 Nr. 1 UVgO mit der dort vorgesehenen Möglichkeit zur Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb bei einer nicht wirtschaftlichen Öffentlichen Ausschreibung im Grundsatz in § 8 Abs. 4 Nr. 4 UVgO wieder. Weiter enthält § 8 Abs. 3 Nr. 2 UVgO mit dem dort beschriebenen „Missverhältnis“ zwischen dem Ausschreibungsaufwand einerseits und dem erreichten Vorteil oder dem Wert der Leistung andererseits eine auch zur Anwendung der Verhandlungsvergabe berechtigende Parallele in § 8 Abs. 4 Nr. 8 UVgO. Da die Verhandlungsvergabe nach dem ausdrücklichen Wortlaut im Einleitungssatz des § 8 Abs. 4 UVgO aber sowohl mit als auch ohne Teilnahmewettbewerb erfolgen kann, dürfte davon auszugehen sein, dass bei Vorliegen der genannten Tatbestände der Auftraggeber nicht auf die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb nach § 8 Abs. 3 UVgO zurückgreift. Vielmehr wird er oftmals gleich von der ihm eingeräumten Verhandlungsvergabe mit dem dort ihm zugutekommenden größeren Spielraum (Verhandlungen über Inhalte und auch Preise) Gebrauch machen.

-Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb (§ 8 Abs. 4 UVgO)

Nach § 8 Abs. 4 UVgO kann der Auftraggeber nach seiner freien Wahl auch Aufträge im Rahmen der Verhandlungsvergabe entweder mit oder ohne Teilnahmewettbewerb vergeben. Voraussetzung ist, dass einer der Tatbestände des § 8 Abs. 4 Nr. 1 bis 14 UVgO vorliegt. Diese Tatbestände entsprechen weitestgehend entweder der VgV (siehe § 14 Abs. 3 und Abs. 4 VgV) oder aber dem bisherigen § 3 Abs. 4 und 5 der VOL/A, 1. Abschnitt. Ins Auge springt, dass in § 8 Abs. 4 Nr. 14 UVgO wieder der Tatbestand der „vorteilhaften Gelegenheit“ in den Katalog der Möglichkeiten für eine Verhandlungsvergabe aufgenommen wurde. Damit wird insbesondere eine Verhandlungsvergabe dann ausdrücklich ermöglicht, wenn der Auftraggeber, etwa aufgrund von Insolvenzverfahren des Unternehmens oder sonstigen günstigen Bedingungen, von diesem „vorteilhafte Leistungen“ beziehen kann.

- Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb (§ 12 UVgO)

Bei allen Vergabeverfahren mit Teilnahmewettbewerb, also der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 10 UVgO) und der Verhandlungsvergabe mit Teilnahmewettbewerb (§ 12 Abs. 1 UVgO), findet auf der Grundlage der Aufforderung einer unbeschränkten Anzahl von Unternehmen eine vorgezogene Eig-nungsprüfung statt. Demgegenüber fordert der Auftraggeber bei einer Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb (§ 11 Abs. 1 UVgO) sowie bei einer Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb (§ 12 Abs. 2 S. 1 UVgO) grund-sätzlich mindestens drei Unternehmen zur Abgabe eines Angebots oder – bei der Verhandlungsvergabe – zur Teilnahme an Verhandlungen auf. Diese Vorgaben beinhalten aber, dass in begründeten Ausnahmefällen auch nur zwei Unternehmen aufgefordert werden dürfen.

Anders als im Oberschwellenbereich darf ein Auftraggeber bei einer Verhandlungsvergabe auch unmittelbar Verhandlungen mit Unternehmen beginnen, selbst wenn er keine Erstangebote eingefordert hat. Damit deckt die Verhandlungsvergabe im Rahmen der UVgO auch die Verfahrensart des hier nicht erwähnten Wettbewerblichen Dialogs (§ 18 VgV) mit ab.

Im Unterschied zum Oberschwellenbereich ist es Auftraggebern nach § 11 Abs. 2 S. 2 und § 12 Abs. 2 S. 2 UVgO erlaubt, unter bestimmten Umständen die notwendigen Nachweise und Erklärungen zur Eignung von den jeweiligen Unternehmen auch noch „mit oder nach Versendung“ der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu verlangen. Mit dieser Möglichkeit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass dem Auftraggeber nicht immer das Unternehmen, das er auffordert oder auffordern will, bereits im Vorfeld vollumfänglich bekannt ist. In diesen Fällen kann der Auftraggeber auch nicht vorab abschließend feststellen, ob die grundsätzlich vor der Aufforderung vorliegenden Eignungsanforderungen für das jeweilige Unternehmen erfüllt sind. Dann ist es aber nur sachgerecht, wenn der Auftraggeber die notwendigen Nachweise und Erklärungen auch noch mit oder nach Versendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe anfordern kann.

- Aufforderung auch nur „eines“ Unternehmens (§ 12 Abs. 3 UVgO)

Im Falle einer Verhandlungsvergabe nach § 8 Abs. 4 Nr. 9 bis 14 UVgO darf auch nur „ein“ Unternehmen vom Auftraggeber zur Abgabe eines Angebots oder zur Teilnahme an Verhandlungen aufgefordert werden (§ 12 Abs. 3 UVgO). Denn in diesen explizit geregelten Fällen kommt für den Auftrag sinnvollerweise nur ein bestimmtes und spezifisches Unternehmen in Frage. Da aber in den Fällen des § 8 Abs. 4 Nr. 9 bis 14 UVgO kein Wettbewerb erfolgt und die Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Teilnahme an Verhandlungen auf nur „ein“ Unternehmen be-schränkt ist, sind diese Tatbestände eng auszulegen.

- Direktauftrag (§ 14 UVgO)

Leistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 1 000 Euro ohne Umsatzsteuer (Bisher = § 3 Abs. 6 VOL/A, 1. Abschnitt: 500 Euro ohne Umsatzsteuer) können nach § 14 UVgO unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden (Direktauftrag). Der Auftraggeber soll in diesen Fällen aber zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln. Der Begriff „Direktauftrag“ macht deutlich, dass hiervon sowohl Liefer- wie auch Dienstleistungen erfasst sind. Zudem handelt  es sich im eigentlichen Sinne beim „Direktauftrag“ nicht um ein Vergabeverfahren.

7. Rahmenvereinbarungen (§ 15 UVgO)

Bei der Regelung zu den Rahmenvereinbarungen (§ 15 UVgO) ist in Absatz 3 S. 2 eine dem § 21 Abs. 2 S. 2 VgV entsprechende Klarstellung erfolgt. Danach ist

„die Erteilung von Einzelaufträgen nur zulässig zwischen den in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannten Auftraggebern und den Unternehmen, mit denen Rahmenvereinbarungen abgeschlossen wurden“.

Hierdurch wird deutlich, dass privilegierte Parteien der Rahmenvereinbarungen, zwischen denen der Abruf der Einzelaufträge erfolgen kann, jeweils nur die aus dem Wettbewerb hervorgegangenen Vertragspartner sein dürfen.

Im Übrigen legt § 15 Abs. 4 UVgO fest, dass

„die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung höchstens sechs Jahre betragen darf, es sei denn, es liegt ein im Gegenstand der Rahmenvereinbarung begründeter Sonderfall vor“.

Mithin können Auftraggeber ohne Begründung Rahmenvereinbarungen für einen Zeitraum von sechs Jahren abschließen. Dies beinhaltet im Vergleich zum EU-Bereich (§ 21 Abs. 6 VgV: Höchstens vier Jahre) eine zweijährige Ausdehnung. Hinzu kommt, dass derartige sechsjährige Rahmenvereinbarungen auch für die Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen nach § 49 UVgO, die bis zu einem Auftragswert von 750 000 Euro nach der UVgO vergeben werden dürfen, anwendbar sind.

8. Gelegentliche gemeinsame Auftragsvergabe – Zentrale Beschaffung (§ 16 UVgO)

Indem § 16 UVgO auf § 120 Abs. 4 GWB verweist, wird klargestellt, dass dessen Satz 3 auch für die Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen im Unterschwellenbereich gilt. Danach

„können öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten an eine zentrale Beschaffungsstelle (Anmerkung: Im Kommunalbereich sind dies externe und dritte Bündelbeschaffungsstellen) vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren durchzuführen“.

Durch den Verweis auf § 4 VgV wird klargestellt, dass auch im Rahmen der UVgO mehrere öffentliche Auftraggeber vereinbaren können, bestimmte öffentliche Aufträge gemeinsam zu vergeben.

9. Dynamische Beschaffungssysteme, elektronische Auktionen, elektronische Kataloge (§§ 17 bis 19 UVgO)

Durch die Aufnahme und inhaltliche Erwähnung der „Dynamischen Beschaffungssysteme“ (§ 17 UVgO), der „elektronischen Auktionen“ (§ 18 UVgO, Beispiel: Stromlieferungen) sowie der „elektronischen Kataloge“ (§ 19 UVgO) und die in den Normen vorgenommenen Verweise auf Regeln bzw. Teilregeln der §§ 23, 25 und 27 der VgV wird klargestellt, dass diese innovativen Beschaffungssysteme auch im Unterschwellenbereich bei der Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen zum Tragen kommen.

10. Markterkundung (§ 20 UVgO)

Bei der Regelung zur Markterkundung in § 20 UVgO wurde die schon in der in § 2 Abs. 3 VOL/A bestehende Norm, wonach

„die Durchführung von Vergabeverfahren lediglich zur Markterkundung und zum Zwecke der Ertragsberechnungen unzulässig ist“

mit etwas anderem Wortlaut in § 20 Abs.2 UVgO übernommen. Neu und zusätzlich ist in § 20 Abs. 1 UVgO vorgesehen, dass der Auftraggeber

„vor Einleitung eines Vergabeverfahrens Markterkundungen zur Vorbereitung der Auftragsvergabe und zur Unterrichtung der Unternehmen über seine Auftragsvergabepläne und –Auftragsanforderungen durchführen darf“.

Damit wird der große Stellenwert von Markterkundungen für den Auftraggeber – etwa für die konkrete Festlegung des Beschaffungsgegenstandes oder für die Vorgabe von Festpreisen (s. § 43 Abs. S. 2 UVgO) - herausgestellt. Markterkundungen durchzuführen macht für Auftraggeber auch deshalb Sinn, damit sie eine exakte Kostenschätzung durchführen können.

11. Aufteilung nach Losen (§ 22 UVgO)

In § 22 Abs. 1 S. 3 und 4 UVgO wurde die bereits nach § 30 Abs. 1 VgV bestehende Möglichkeit für den Auftraggeber zur Limitierung der Lose sowohl im Hinblick auf die Angebotslimitierung als auch im Hinblick auf die Zuschlagslimitierung übernommen. Dort ist bestimmt:

„Der Auftraggeber kann festlegen, ob die Angebote nur für ein Los, für mehrere Lose oder für alle Lose eingereicht werden dürfen. Er kann, auch wenn Angebote für mehrere oder alle Lose eingereicht werden dürfen, die Zahl der Lose auf eine Höchstzahl beschränken, für die ein einzelner Bieter den Zuschlag erhalten kann."

Mit diesen beiden dem Auftraggeber ausdrücklich eingeräumten Möglichkeiten bei der Ausgestaltung der Losvergabe ist ein Mehr an Rechtssicherheit verbunden.

12. Nachweis durch Gütezeichen (§ 24 UVgO)

In weitgehender Übernahme des § 34 VgV enthält § 24 UVgO die „Nachweisführung durch Gütezeichen“. Ein wesentlicher Unterschied zu der engeren VgV-Regel ist jedoch, dass nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 UVgO nicht alle Anforderungen des Gütezeichens mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen müssen. Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 UVgO müssen die Kriterien des Gütezeichens für die Bestimmung der Merkmale der Leistung „nur“ geeignet sein. Folge ist, dass Auftraggeber Gütezeichen im Unterschwellenbereich leichter vorgeben können als dies bei Oberschwellenvergaben der Fall ist.

13. Nebenangebote (§ 25 UVgO)

Die Norm des § 25 UVgO über Nebenangebote ist zwar im Wesentlichen § 35 Abs. 1 VgV nachgebildet. Im Unterschied zur Oberschwellennorm darf ein Auftraggeber aber im Unterschwellenbereich die Vorlage von Nebenangeboten nicht vorschreiben. Auch ist, anders als in § 35 Abs. 2 S. 1 VgV, in § 25 UVgO nicht vorgeschrieben, dass der Auftraggeber dann, wenn er Nebenangebote zulässt, auch Mindestanforderungen festlegen muss. Stattdessen wird in § 25 S. 4 UVgO in allgemeiner Form die Einhaltung der Grundsätze der „Transparenz und Gleichbehandlung“ vorgegeben. Im Ergebnis haben Auftraggeber damit im Vergleich zur VgV im Rahmen der UVgO-Vergaben größere Gestaltungsspielräume bei der Zulassung von Nebenangeboten.

14. Unteraufträge (§ 26 UVgO)

Bei der weitestgehend an die Vorgabe des § 36 VgV angelehnten Vorschrift des § 26 UVgO über „Unteraufträge“ springt als Besonderheit der Absatz 6 ins Auge. Danach kann der Auftraggeber anders als im Rahmen der VgV

„vorschreiben, dass alle oder bestimmte Aufgaben bei der Leistungserbringung unmittelbar vom Auftragnehmer selbst oder im Fall einer Bietergemeinschaft von einem Teilnehmer der Bietergemeinschaft ausgeführt werden müssen“.

§ 26 Abs. 6 UVgO enthält damit in einem zu begrüßenden Sinne ein umfassendes Selbstausführungsgebot für den Auftraggeber. Folge ist, dass dieser die Leistungserbringung unmittelbar durch den Auftragnehmer vorschreiben kann und nicht die Einbindung von Nachunternehmen durch diesen zulassen muss.

15. Veröffentlichungen von Auftragsbekanntmachungen (§ 28 UVgO)

Nach § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 UVgO sind Auftragsbekanntmachungen im Gegensatz zum bisherigen § 12 Abs. 1 S. 1 VOL/A zwingend auf den Internetseiten des Auftraggebers oder auf Internetportalen, wie etwa Vergabeplattformen von Drittanbietern, zu veröffentlichen. Ergänzend können sie auch auf konventionellem Wege, also zum Beispiel in gedruckten Medien, veröffentlicht werden. Ansonsten bleibt es nach § 28 Abs. 1 S. 3 UVgO dabei, dass die Auftragsbekanntmachung zentral über die Suchfunktion von www.bund.de ermittelt werden können muss.

16. Bereitstellung von Vergabeunterlagen (§ 29 UVgO)

Nach § 29 Abs. 1 UVgO gibt der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen

„unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können“.

Damit wird in Entsprechung zu § 41 Abs. 1 VgV auch für den Unterschwellenbereich festgelegt, dass die Vergabeunterlagen „ohne jegliche Schranken“ und damit direkt über das Internet des Auftraggebers abrufbar sein müssen. Jedoch hat der Auftraggeber ebenso wie nach § 41 Abs. 3 VgV auch nach § 29 Abs. 3 UVgO die Möglichkeit, in der Auftragsbekanntmachung anzugeben, welche Maßnahmen er zum Schutz der Vertraulichkeit von Informationen anwendet und wie auf die Vergabeunterlagen zugegriffen werden kann.

17. Auswahl geeigneter Unternehmen; Ausschluss von Bewerbern und Bietern (§ 31 UVgO)

Insgesamt wird im Unterabschnitt 5 der UVgO betreffend die Anforderungen an Unternehmen sowie die Eignung weitestgehend auf die Vorgaben der §§ 123 und 124 GWB verwiesen (siehe § 31 Abs. 1 UVgO). Daneben entsprechen die Vorschriften der §§ 31 ff. UVgO in großem Umfang auch den Vorschriften in §§ 42 ff. VgV. Eine erwähnenswerte Besonderheit betrifft § 31 Abs. 2 S. 5 UVgO. Danach findet § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB mit der Maßgabe entsprechende Anwendung,

„dass die mangelhafte Vertragserfüllung weder zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertrags, noch zu Schadensersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt haben muss“.

Folge ist, dass Auftraggeber im Unterschwellenbereich der UVgO im Vergleich zur strengeren Norm des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB leichter in der Lage sind, Unternehmen wegen der wesentlichen Schlechterfüllung eines früheren öffentlichen Auftrags und damit wegen Ungeeignetheit auszuschließen. Allein entscheidend für einen derartigen Ausschluss ist, dass das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat. Hiervon ist nach einer Entscheidung des OLG Celle (OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2017) immer dann auszugehen, wenn die mangelhafte Leistung den Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet. Nicht nötig ist, dass der Auftraggeber in dem Vorgängerverfahren auch eine konkrete Rechtsfolge aus diesem Fehlverhalten des Unternehmens gezogen hat.

18. Eignungsleihe (§ 34 UVgO)

In weitgehender Übereinstimmung mit § 46 VgV kann auch im Rahmen von § 34  UVgO ein Bewerber oder Bieter für einen bestimmten öffentlichen Auftrag im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche, finanzielle, technische und berufliche Leistungsfähigkeit die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch nehmen, wenn er etwa über eine Verpflichtungserklärung nachweist, dass ihm die für den Auftrag erforderlichen Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen.   

19. Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen (§ 35 UVgO)

Nach § 35 Abs. 3 S. 1 UVgO

„kann der Auftraggeber als vorläufigen Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen die Vorlage einer Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung (EEE) nach § 50 der Vergabeverordnung verlangen“.

Im Unterschied zu der entsprechenden Regelung des § 48 Abs. 3 S. 1 VgV wird allerdings im Unterschwellenbereich keine Akzeptanzpflicht des Auftraggebers eingeführt. Ein Auftraggeber kann also die Verwendung des EEE-Formulars vorgeben; er muss eine EEE aber nicht akzeptieren, wenn eine solche von einem Unternehmen unverlangt vorgelegt wird. Auch ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, sich vor Zuschlagserteilung die eigentlichen Nachweise und Belege vom Unternehmen, das den Zuschlag erhalten soll, vorlegen zu lassen. Auch wenn die Vorlage einer EEE im Bereich der UVgO kaum zum Tragen kommen dürfte und daher der Verweis auf die EEE bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte wenig angebracht ist, sind zumindest die Voraussetzungen zur Nutzung der EEE hier mit Recht reduziert worden.

20. Aufbewahrung ungeöffneter Teilnahmeanträge und Angebote (§ 39 UVgO)

Hinzuweisen ist darauf, das nach § 39 UVgO nicht nur elektronisch übermittelte Teilnahmeanträge und Angebote, sondern auch mittels Telefax übermittelte Teilnahmeanträge und Angebote „auf geeignete Weise unter Verschluss zu halten sind“. Dies beinhaltet selbst für Angebote bei Beschaffungen mit geringfügigen Werten und Summen (Bsp.: 1500,00 Euro) für Auftraggeber, dass diese besondere Sicherungsmaßnahmen treffen müssen. Folge ist speziell im Massengeschäft der Beschaffungen mit geringem Auftragswert im Kommunalbereich, wo oftmals Bieter durch E-Mail oder Fax zur Angebotsabgabe aufgefordert werden und auch entsprechend anbieten, ein zusätzlicher und bisher nach der VOL/A nicht bestehender Aufwand.

21. Öffnung der Teilnahmeanträge und Angebote (§ 40 UVgO)

Hervorzuheben ist weiter § 40 Abs. 1 S. 1 UVgO. Danach darf der Auftraggeber grundsätzlich vom Inhalt der Teilnahmeanträge und Angebote erst nach Ablauf der entsprechenden Fristen Kenntnis nehmen. Auch dies dürfte bei mail-Angeboten im niedrigschwelligen Bereich (Bsp.: 1500,00 Euro) nur bei entsprechender Sicherung und Verschlüsselung möglich sein.

Zusätzlicher Aufwand für Auftraggeber selbst bei niedrigen Angebotssummen bringt auch § 40 Abs. 2 UVgO. Danach wird die Öffnung der Angebote „von mindestens zwei Vertretern des Auftraggebers durchgeführt“. Auch diese Vorgabe beinhaltet einen zusätzlichen Aufwand gerade für kleinere Kommunen, der über die bisherigen Vorhaben der VOL/A, 1. Abschnitt, hinausgeht.

22. Prüfung der Teilnahmeanträge und Angebote; Nachforderung von Unterlagen (§ 41 UVgO)

In wortgleicher Übernahme des § 56 VgV enthält § 41 Abs. 2 S. 1 UVgO eine Möglichkeit für den Auftraggeber, wonach dieser Bewerber oder Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern kann, nicht nur fehlende oder unternehmensbezogene Unterlagen (2. Wertungsstufe) nachzureichen, sondern auch unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen zu vervollständigen oder zu korrigieren.

Auch ist der Auftraggeber nach § 41 Abs. 2 S. 2 UVgO berechtigt, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.

Nach § 41 Abs. 3 UVgO ist die

„Nachforderung von leistungsbezogenen Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen, ausgeschlossen. Dies gilt nicht für Preisangaben, wenn es sich um unwesentliche Einzelpositionen handelt, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen“.

Damit ist es etwa grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Auftraggeber Konzepte, die er neben dem Preis als Grundlage seiner Zuschlagskriterien im Rahmen der Bewertung gemacht hat, nachfordert.

23. Zuschlag und Zuschlagskriterien (§ 43 UVgO)

§ 43 UVgO übernimmt in den ersten beiden Absätzen die Regelungen des § 58 Abs. 1 und 2 VgV. Erwähnenswert ist insoweit, dass nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 UVgO für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auf der Grundlage des besten „Preis-Leistungs-Verhältnisses“ auch herangezogen werden kann:

„Die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann“.
Derartige Zuschlagskriterien kommen immer dann in Frage, wenn es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen um stark personenbezogene Dienstleistungen, wie etwa Architekturleistungen oder Beratungsleistungen, handelt.

Weiter wird in § 43 Abs. 2 S. 2 UVgO dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt, „Festpreise oder Festkosten vorzugeben“. Dies macht dann Sinn, wenn der Auftraggeber aufgrund eigener Marktkenntnis oder Markterkundung einen genauen Preisüberblick über die zu beschaffende Leistung hat. Folge ist in einem derartigen Fall, dass das wirtschaftlichste Angebot durch den Auftraggeber ausschließlich nach qualitativen, umweltbezogenen oder sozialen Zuschlagskriterien, nicht aber nach dem Preis, bestimmt wird.

24. Unterrichtung der Bewerber und Bieter (§ 46 UVgoO)

Die Vorschrift des § 46 UVgO über die „Unterrichtung der Bewerber und Bieter“ entspricht im Absatz 1 im Wesentlichen § 62 Abs. 1 VgV. Im Unterschied zum bisherigen § 19 Abs. 1 VOL/A, 1. Abschnitt, wird allerdings die Ex-Post-Informationspflicht des Auftraggebers aufgeteilt: In einem ersten Schritt muss der Auftraggeber jeden Bewerber und Bieter über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung automatisch, also ohne Aufforderung der Unternehmen, informieren (§ 46 Abs. 1 S. 1 UVgO). Das Gleiche gilt nach Satz 2 der Bestimmung nunmehr für die Aufhebung oder erneute Einleitung eines Vergabeverfahrens einschließlich der Gründe dafür. In einem zweiten Schritt unterrichtet der Auftraggeber 

„auf Verlangen des Bewerbers oder Bieters unverzüglich, spätestens innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags die nicht berücksichtigten Bieter über die wesentlichen Gründe für die Ablehnung ihres Angebots, die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots sowie den Namen des erfolgreichen Bieters, und die nicht berücksichtigten Bewerber über die wesentlichen Gründe ihrer Nichtberücksichtigung“.

Die bisherige Bestimmung in § 19 Abs. 2 und 3 VOL/A, 1. Abschnitt, findet sich jetzt in § 30 UVgO („Vergabebekanntmachung“). Nach dessen Abs. 1 

„informiert der Auftraggeber nach der Durchführung einer Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb oder einer Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb für die Dauer von drei Monaten über jeden so vergebenen Auftrag ab einem Auftragswert von 25 000 Euro ohne Umsatzsteuer auf Internetseiten oder Internetportalen“.

Unter den in § 30 Abs. 2 UVgO genannten vier Voraussetzungen (s. bisher entsprechend § 19 Abs. 3 VOL/A, 1. Abschnitt) ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, einzelne Angaben zu veröffentlichen.

25. Auftragsänderungen (§ 47 UVgO)

Während in § 47 Abs. 1 UVgO für die Änderung eines öffentlichen Liefer- oder Dienstleistungsauftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens auf die entsprechende Geltung des § 132 Abs. 1, 2 und 4 GWB verwiesen wird, enthält § 47 Abs. 2 UVgO eine von der GWB-Bestimmung abweichende Besonderheit. Danach ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig,

„wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert und der Wert der Änderungen nicht mehr als 20 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts beträgt. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Änderungen ist der Gesamtwert der Änderungen maßgeblich“.

Im Vergleich zur entsprechenden Vorgabe in § 132 Abs. 3 Nr. 2 GWB (10 Prozent) besteht damit im Rahmen der UVgO die Möglichkeit für eine Vergaberechtsfreiheit trotz Vertragsänderungen bis zu einer Größenordnung von 20 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts. Dabei erfasst § 47 Abs. 2 UVgO anders als § 132 GWB nach den Erläuterungen des BMWI auch  Aufträge, die bereits voll erfüllt oder abgewickelt sind. Hiernach erstreckt sich die Unterschwellennorm auch auf Nachbestellungen im Anschluss an einen bereits bestehenden Vertrag. Eine Begrenzung auf die Laufzeit „während des Vertrages“ wie bei § 132 GWB wurde daher im Rahmen der UVgO bewusst nicht übernommen.

26. Vergabe von Aufträgen für besondere Leistungen (§ 49 UVgO)

Die für soziale und andere besondere Dienstleistungen unterhalb eines geschätzten Auftragswerts von 750 000 Euro ohne Umsatzsteuer geltende Norm des § 49 UVgO sieht in Absatz 1 eine freie Wahl des Auftraggebers zwischen der Öffentlichen Ausschreibung, der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb und der Verhandlungsvergabe mit Teilnahmewettbewerb vor. Damit engt diese Regelung – anders als Artikel 76 der zugrundeliegenden Richtlinie 2014/24/EU dies vorsieht – die Wahlfreiheit des Auftraggebers unnötig ein. Denn insoweit werden in Artikel 76 der Richtlinie 2014/24/EU für den Auftraggeber „nur“ die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung bei einer Auftragsvergabe über die betreffenden Leistungen für anwendbar erklärt.

27. Sonderregelung zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen (§ 50 UVgO)

Erstmalig wird in § 50 UVgO eine vergaberechtliche Regelung zur Vergabe freiberuflicher Leistungen eingeführt. § 50 UVgO entspricht den bisherigen haushaltsrechtlichen Vorgaben von Bund, Ländern und Kommunen. Danach

„sind öffentliche Aufträge über Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben. Dabei ist so viel Wettbewerb zu schaffen, wie dies nach der Natur des Geschäfts oder nach den besonderen Umständen möglich ist“.

Die Regelung des § 50 UVgO ist in sich abschließend. Ein Verweis auf die Vergabearten der UVgO hat in § 50 UVgO explizit nicht stattgefunden. Dies verdeutlicht bereits die Überschrift „Sonderregelung“. Die Sonderstellung des § 50 UVgO kommt aber auch in den Erläuterungen zur UVgO zum Ausdruck. Danach können freiberufliche und geistig-kreative Leistungen, nicht zuletzt wegen ihrer besonderen Natur und des speziellen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Auftraggeber und dem Freiberufler, auch freihändig bzw. im Wege der Verhandlungsvergabe verge-ben werden. Weil gerade bei Architekten und Ingenieuren bei Leistungsvergaben die HOAI zur Anwendung kommt, muss der in § 50 UVgO erwähnte „Wettbewerb“ stets als Leistungswettbewerb und nicht als Preiswettbewerb verstanden werden. Besonderes Augenmerk ist daher auf die Durchführung eines Qualitätswettbewerbs zu legen.

28. Durchführung von Planungswettbewerben

In diesem Sinne kann auch die Durchführung eines erstmalig in § 52 UVgO ausdrücklich aufgeführten Planungswettbewerbs nach § 52 UVgO ein geeignetes Instrument sein, diesen Qualitätswettbewerb zu gewährleisten. Nach § 52 UVgO können

„Planungswettbewerbe insbesondere auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens oder der Datenverarbeitung durchgeführt werden“.

Die Erläuterungen zu § 52 UVgO führen ergänzend aus,

„dass bei Architekten- und Ingenieurleistungen Planungswettbewerbe dem Ziel dienen, alternative Vorschläge für Planungen auf der Grundlage veröffentlichter einheitlicher Richtlinien zu erhalten. Sofern sich der Auftraggeber bei diesen Leistungen für einen Planungswettbewerb entscheidet, wendet er daher bei ihrer Durchführung die Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW) oder vergleichbare Richtlinien an“.

V. Fazit

Die neue Unterschwellenvergabeordnung bietet für Auftraggeber und Unternehmen in vielen Bereichen ein Mehr an Gestaltung und Flexibilität. Sie ist daher grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch findet trotz neuer Freiheiten, etwa bei der Wahl zwischen der Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb, gerade bei dieser Verfahrensart eine größere Formalisierung statt (s. § 12 UvGO). Auch ist prinzipiell zu hinterfragen, ob das primäre „Denken“ aus dem Oberschwellenbereich und dem EU-Wettbewerbsrecht für die UVgO überall zielführend ist. Jedenfalls wird die Lesbarkeit und Praxistauglichkeit durch die vielen Querverweise in der UVgO auf das GWB und auf die VgV erschwert. Anders als der 1. Abschnitt der VOB/A und anders als die bisherige VOL/A beinhaltet die UVgO kein in sich geschlossenes Regelwerk. Damit wird in der Folge die Divergenz zur VOB/A, 1. Abschnitt, leider noch größer. Zu wünschen wäre aber aus Sicht des Vergabepraktikers, dass das Unterschwellenrecht insgesamt, also die UVgO und die VOB/A, 1. Abschnitt, inhaltlich zusammengeführt wird und nicht Divergenzen aufweist (Bsp.: Einführung der eVergabe), die unnötig sind. Jedenfalls lässt der Begriff „Unterschwellenvergabeordnung“ auch eine künftige Integration der VOB/A, 1. Abschnitt, ohne Begriffsänderung zu. Wegen einer schon aus praktischen Gründen anzustrebenden Angleichung der UVgO mit der VOB/A, 1. Abschnitt, gilt daher der Satz: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“

(Foto: © stockpics - Fotolia.com)

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