Die Klägerin, eine Immobiliengesellschaft, wandte sich gegen die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts. Sie hatte im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein Mehrfamilienhaus erworben. Dieses liegt im Geltungsbereich einer sogenannten Milieuschutzsatzung, welche der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen dient. Das Bezirksamt hatte das Vorkaufsrecht zugunsten einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft ausgeübt. Ihr Ziel war es, der Gefahr vorzubeugen, dass Teile der Wohnbevölkerung aus dem Gebiet verdrängt werden, wenn die Wohnungen aufgewertet und Mieten erhöht oder Wohnungen in Eigentum umgewandelt werden.
In den Vorinstanzen blieb die Klägerin erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht war der Ansicht, dass das Vorkaufsrecht ausgeübt werden durfte, da erhaltungswidrige Entwicklungen zu befürchten gewesen seien. Ein gesetzlicher Ausschlussgrund für das Vorkaufsrecht liege nicht vor; die zu erwartenden Nutzungen des Erwerbers seien ebenfalls zu berücksichtigen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat hingegen entschieden, dass das Vorkaufsrecht vorliegend nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht ausgeübt werden durfte. Danach ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen, wenn das Grundstück entsprechend den Zielen oder Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen bebaut ist und genutzt wird sowie eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder
Mängel im Sinne des Modernisierungs- und Instandsetzungsgebots aufweist. Die Norm sei eindeutig auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über das Vorkaufsrecht bezogen. Eine dahingehende Auslegung, dass die Vorschrift auf Vorkaufsrechte für Grundstücke im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung keine Anwendung findet, komme nicht in Betracht. Das OVG habe insofern nicht prüfen dürfen, ob zukünftig von erhaltungswidrigen Nutzungsabsichten auszugehen ist.
Vorkaufsrecht wichtiges Instrument
Für Städte und Gemeinden ist das Vorkaufsrecht ein wichtiges planungsrechtliches Instrument. Die aktuelle Entscheidung offenbart, dass es gerade mit Blick auf eine gezielte Steuerung der Stadtentwicklung dringend einer gesetzgeberischen Anpassung der §§ 24 ff. BauGB bedarf.
Das gemeindliche Vorkaufsrecht muss immer dann zur Anwendung kommen können, wenn im Einzelfall verhindert werden soll, dass ein Gebiet oder Stadtquartier in einer Weise verändert wird, die den eigentlichen städtebaulichen Zielsetzungen, etwa der Erhaltung stabiler Wohnstrukturen, widerspricht. Hierzu zählt auch, wenn durch einzelne bauliche und sonstige Eingriffe eine negative Vorbildwirkung im Sinne einer Verdrängung der angestammten Bevölkerung entstehen könnte. Hierzu zählen insoweit auch erhaltungswidrige Nutzungsabsichten mit Blick auf eine bereits bestehende Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung). Der Bundesgesetzgeber ist gefordert, rasch eine entsprechende redaktionelle Klarstellung im BauGB vorzunehmen.
Das Vorkaufsrecht wurde unlängst bereits im Rahmen der Baulandmobilisierungsnovelle ergänzt. So kann das Vorkaufsrecht u.a. auf der Grundlage einer Verkehrswertermittlung ausgeübt werden.
Zu den Neuerungen der Baulandmobilisierungsnovelle: