Der Bundesrat hat am 3. Juli 2020 das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet gebilligt, das der Bundestag am 18. Juni 2020 verabschiedet hatte. Ziel ist es, die Strafverfolgung von Hasskriminalität im Internet zu verbessern. Mit der Billigung des Bunderates ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und kann anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll am Tag darauf in Kraft treten.
Wesentliche Inhalte der Gesetzesreformen sind:
Strafrechtsverschärfungen und neue Tatbestände insbesondere auch zum Schutz von Kommunalpolitikern*innen
Der Tatbestand der üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens gilt bis hin zur kommunalen Ebene. Darüber hinaus soll zukünftig das medizinische Personal in ärztlichen Notdiensten und in Notaufnahmen strafrechtlich in gleicher Weise geschützt sein wie Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes.
Zudem ist künftig auch die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung strafbar. Auch die Billigung noch nicht erfolgter Straftaten wird sanktioniert. Öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften getätigte beleidigende Äußerungen können künftig im Höchstmaß mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Unter dem Tatbestand Bedrohung werden künftig auch die Bedrohung mit einer rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert vom Tatbestand erfasst. Bei der Strafzumessung werden antisemitische Motive eines Täters besonders berücksichtigt.
Erfasst sind auch kinderpornografische Inhalte und das Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener. Hintergrund sind die Erfahrungen aus der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke 2019. Laut der Gesetzesbegründung zeigen diese, wie Hetze im Netz mittlerweile auch in dieser Form ihren Ausdruck findet.
Meldepflicht für Anbieter gegenüber dem BKA
Anbieter sozialer Netzwerke müssen künftig ein System einrichten, um bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden. Die Meldepflicht betrifft Inhalte, bei denen es konkrete Anhaltspunkte für die Erfüllung eines Straftatbestandes gibt und die anhaltende negative Auswirkungen auf die Ausübung der Meinungsfreiheit in den sozialen Medien haben können. Derzeit müssen soziale Netzwerkbetreiber, wie Facebook oder Twitter, Hasspostings nur löschen, auf die sie aufmerksam werden. Das Bundeskriminalamt ist im Rahmen seiner Zentralstellenaufgabe künftig berechtigt, bei Telemediendiensteanbietern die Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte abzufragen.
Anmerkung
Die Reformen des Strafgesetzbuches zur Bekämpfung der Hasskriminalität ist ein richtiger Schritt, um Kommunalpolitiker*innen, die sich vor Ort engagieren, besser vor Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffen zu schützen. Dies ist ein wichtiges Signal für die Stärkung des Rechtsstaates und der Demokratie vor Ort, das wir ausdrücklich begrüßen. Dennoch wären aus Sicht des DStGB weiterreichende Reformen notwendig gewesen, die vor allem die Einführung eines Straftatbestandes zum „Politiker-Stalking“ umfassen. Betroffene Amts- und Mandatsträger sind vor Nachstellungen und sog. diffusen Drohungen, wie „fühl dich nicht so sicher“, „wir können jederzeit zuschlagen“, noch immer nur unzureichend geschützt. Diese beeinflussen das persönliche Umfeld jedoch in gleicher Weise wie direkte Drohungen. Hier bleibt das Gesetzespaket hinter den Erwartungen des DStGB zurück. Die strafrechtlichen Änderungen erfordern zudem, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte konsequenter entsprechende Taten ernst nehmen und die Täter auch verfolgt und verurteilt werden. Aber auch die Prävention muss gestärkt werden. Dies beginnt mit der Stärkung der politischen Bildung in den Schulen, der Jugendarbeit bis zu Demokratiewerkstätten vor Ort. Letztlich sind aber auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort aufgerufen, sich hinter ihre Amts- und Mandatsträger zu stellen und sie vor den Anfeindungen zu schützen.
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