Am 28. Mai 2021 hat der Bundesrat vom Bundestag beschlossene Änderungen an dem seit 2017 geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetz gebilligt. Damit soll Hasskriminalität im Netz und in sozialen Netzwerken als möglicher Nährboden für tätliche Angriffe auf Leib und Leben effektiver bekämpft werden.
Das Gesetz verbessert die Nutzerfreundlichkeit der Meldewege von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte, die sich in der Praxis zum Teil noch als zu kompliziert oder versteckt erwiesen haben. Zudem führt es Informationspflichten für halbjährliche Transparenzberichte der Plattformbetreiber ebenso ein wie einen unmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber Diensteanbietern im Telemediengesetz. Dieser Anspruch steht Nutzerinnen und Nutzern zu, die Opfer rechtswidriger Inhalte in sozialen Netzwerken geworden sind.
Die Bereitstellung eines so genannten Gegenvorstellungsverfahrens bei Löschung bzw. Beibehaltung von Plattform-Inhalten ist in Zukunft verpflichtend. Dies gilt auch bei Maßnahmen der Netzwerkanbieter aufgrund eines Verstoßes gegen deren Gemeinschaftsstandards. Vorgesehen ist eine Anerkennungsmöglichkeit für privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen. Auskünfte für die wissenschaftliche Forschung sind unter Vorlage eines Schutzkonzeptes vonseiten der Forscherinnen und Forscher möglich. Das Gesetz setzt zudem Vorgaben der EU- Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zum Schutz vor strafbaren Inhalten auf Videosharingplattformen um.
Durch eine Änderung des § 3a Absatz 4 NetzDG wird klargestellt, dass die für die Bestandsdatenauskunft durch das BKA benötigten Daten, zu denen neben der IP-Adresse und der Portnummer auch der Zeitpunkt des Zugriffs gehört, vom Anbieter des sozialen Netzwerkes – sofern vorhanden - mit übermittelt werden müssen, damit diese den zuständigen Behörden für eine erfolgversprechende Abfrage zur Verfügung stehen. Hintergrund ist, dass IP-Adressen vielfach dynamisch vergeben werden und nicht dauerhaft einem bestimmten Anschluss zuzuordnen sind. Die Bestandsdatenabfrage kommt bei der Strafermittlung und -verfolgung von Tätern von Hasspostings zum Tragen, die dem BKA durch die Netzwerkbetreiber gemeldet wurden. Eine solche Pflicht zur Meldung bestimmter strafbarer Inhalte an das BKA tritt ab Februar 2022 in Kraft. Das BKA prüft die gemeldeten Inhalte auf schwere Straftatbestände. Stuft es die Meldungen als strafrechtlich relevant ein, werden die Fälle für die weitere Bearbeitung im Fall eines Ermittlungsverfahrens den Staatsanwaltschaften in den Bundesländern übermittelt.
Nach Unterschrift durch den Bundespräsidenten kann das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Der größte Teil des Gesetzes tritt am Montag der dritten auf die Verkündung folgenden Kalenderwoche in Kraft, einzelne Regelungen erst später.
Bewertung des DStGB
Die Gesetzesänderungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sind neben dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen Hass, Hetze und Bedrohungen in sozialen Medien, von denen auch Kommunalpolitiker*innen, kommunale Beschäftigte, Feuerwehr- und Rettungskräfte sowie ehrenamtlich Engagierte betroffen sind. Dies betrifft vor allem die erweiterten Rechte, um sich gegen Hasspostings, ihr Löschen oder Beibehalten durch Netzwerkanbieter zu wehren sowie um Auskunftsansprüche erheben und Streitigkeiten sowohl auf strafrechtlichem als auch zivilrechtlichen Wege gerichtlich und außergerichtlich klären zu können. Ausdrücklich zu begrüßen ist auch die Klarstellung im Hinblick auf den Umfang der an das BKA herauszugebenden Daten, um strafbare Inhalte prüfen und vermeintliche Täter von Hasspostings ermitteln zu können.