Seit der jüngsten Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) im Jahr 2021 kann Linienbedarfsverkehr als fester Bestandteil des ÖPNV eingeführt werden. Die Angebote sind dabei sowohl in das Tarifsystem des ÖPNV vor Ort zu integrieren (ggf. mit Aufschlägen) und müssen dabei Vorgaben und Pflichten des ÖPNV, etwa zur Barrierefreiheit, erfüllen. Zum Ausgleich können Anbieter des Linienbedarfsverkehrs Zuschüsse vom ÖPNV-Aufgabenträger erhalten, da sich die Verkehrsform in der Regel nicht ohne staatliche Zuschüsse betreiben lässt.
Der nun veröffentlichte Leitfaden gibt Hinweise zur Organisation und Einführung von Bedarfsverkehren, die sich aus einer Simulation und den Erfahrungen in bestehenden Angeboten in Deutschland ableiten. Er soll zudem ÖPNV-Aufgabenträgern sowie den verkehrspolitischen Akteuren in ländlichen Kommunen aufzeigen, wie die Integration solcher flexiblen Bedienformen als Teil eines insgesamt wachsenden Nahverkehrsangebots ausgestaltet werden kann. Simulationen veranschaulichen die räumlichen Einsatzmöglichkeiten von Bedarfsverkehren und erlauben eine Abschätzung des Ressourcenbedarfs und der Möglichkeiten einer Verknüpfung mit dem Linienverkehr anhand dreier unterschiedlicher Beispielregionen. Teil des Projektes ist auch ein Faktenblatt, welches bereits vorhandene Beispiele im ländlichen Raum in ganz Deutschland aufzeigt: Von Bad Hindelang im Allgäu über Süderbrarup in Schleswig-Holstein bis Storkow in Brandenburg und Wiehl in Nordrhein-Westfalen. Nach zahlreichen Modellprojekten in den vergangenen Jahren ist die regelhafte Einführung der Angebote in vielen Regionen geplant, stößt jedoch auch an finanzielle Hürden. Letztlich muss jede Region individuell ein zweckmäßiges ÖPNV-Gesamtkonzept entwickeln. Die im Leitfaden aufgezeigten Beispiele versuchen, die Bandbreite und Einsatzmöglichkeiten aufzuzeigen und stets einen Gleichklang aus der Wirtschaftlichkeit der Verkehrsleistung, der Angebotsqualität für die Fahrgäste und der Klimaverträglichkeit des Gesamtverkehrs zu erreichen.
Das Projekt der Projektpartner Agora Verkehrswende, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) und Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wurde in mit der PTV Group als ausführendem Projektpartner durchgeführt. Analysiert wurde anhand von Beispielregionen, unter welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Ressourceneinsatz Linienbedarfsverkehre verkehrliche Effekte wie den Umstieg auf den ÖPNV auslösen. Hierbei wurde deutlich, dass neben den Chancen auch Herausforderungen wie die Finanzierung oder der teils hohe Fahrzeugeinsatz stehen. So hat die Verbesserung und Verdichtung klassischer ÖPNV-Verkehre oder beispielsweise die Einführung von Taktverkehren in bestimmten Konstellationen deutliche Vorteile und ist für die Aufgabenträger wirtschaftlicher darstellbar. Gerade bei steigender Verkehrsnachfrage kommen die Dienste mit Kleinbussen auch an Grenzen (hoher Personal- und Fahrzeugbedarf).
Gerade für dünn besiedelte Regionen mit disperser Siedlungsstruktur kann Linienbedarfsverkehr aber für die Grunderreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs zum Game Changer werden. Klar ist, die kommunalen Aufgabenträger können die zusätzlichen Angebote nicht gänzlich selbst finanzieren. Um maßgebliche Verbesserungen des ÖPNV auch auf dem Land zu erreichen, braucht es neben einem rabattierten Deutschlandticket vor allem den Ausbau der Angebote. Linienbedarfsverkehre stellen hierbei einen zukunftsweisenden Baustein dar.