Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat gemäß des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) am 13.07.2022 ein Maßnahmenpaket vorgestellt, da im Verkehrssektor weiterhin eine Überschreitung der Treibhausgasemissinoen prognostiziert wird. Gemäß § 8 Absatz 2 Satz 1 berät die Bundesregierung im nächsten Schritt über die vom BMDV vorgelegten Maßnahmen und beschließt diese schnellstmöglich.
Die vorgeschlagenenn Maßnahmen umfassen :
Ausbauinitiative Radverkehrsinfrastruktur – aktive Mobilität: Stärkung von Programmen zur Förderung der Radverkehrsinfrastruktur mitsamt der erforderlichen Kommunikations- und Begleitmaßnahmen sowie des Fußverkehrs (Mehrbedarf in Höhe von ca. 250 Mio. Euro bis 2030) und weitere Maßnahmen.
Ausbau- und Qualitätsoffensive im ÖPNV: Aktuell unterstützt der Bund den ÖPNV bereits mit finanziellen Mitteln im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG), über das Regionalisierungsgesetz sowie aus weiteren Förderprogrammen. Ergänzend sollen mit den Ländern weitergehende Maßnahmen mit dem Ziel organisatorischer Verbesserungen und der Vereinfachung der ÖPNV-Nutzung vereinbart werden.
Auf- und Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur für Pkw und Nutzfahrzeuge: Umsetzung der Maßnahmen, die mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur II beschlossen werden sollen und Umsetzung der zweiphasigen Strategie für den Bereich der Nutzfahrzeuge, die im Gesamtkonzept klimafreundliche Nutzfahrzeuge des BMDV formuliert wurde.
Ausbau Förderung effizienter Lkw-Trailer: Um die Energieeffizienz im Straßengüterverkehr zu verbessern, wird die Förderung von Effizienzmaßnahmen und Innovationen deutlich verstärkt. Zu diesem Zweck soll das Förderprogramm „Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge" zukünftig als Komponentenförderung ausgestaltet sein, auf dessen Basis insbesondere die Anschaffung von CO2-senkender Zusatzausstattung neuer Anhänger und Auflieger bezuschusst werden soll.
Ausbau der digitalen Arbeitsformen: Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub (Arbeiten von zu Hause statt im Büro) soll durch Maßnahmen wie den gesetzlichen Grundlagen für das mobile Arbeiten und der Gigabitstrategie der Bundesregierung verstärkt werden.
Anpassung nationale THG-Minderungsquote: Erhöhung der bestehenden THG-Minderungsquote ansteigend auf +1,0% in 2030 zur Stärkung der Erfüllungsoptionen, bspw. über strombasierte Kraftstoffe oder fortschrittliche Biokraftstoffe. Um die Anreize zur Verwendung paraffinischer Kraftstoffe (wie erneuerbare strombasierte Dieselkraftstoffe oder aus nachhaltigen Rohstoffen gewonnene hydrierte Pflanzenöle) als Reinkraftstoff zu erhöhen, soll zudem die DIN EN 15940 in die 10. BImSchV aufgenommen werden.
Laut gutachterlicher Bewertung können laut BMDV diese Maßnahmen zusätzliche Einsparungen in einer Größenordnung von rund 13 Mio. t CO2- Äquivalente (Summe 2022 bis 2030) erreichen. Die Verfehlung im Jahr 2021 in Höhe von 3,1 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente werde damit ausgeglichen.
Anmerkungen des DStGB
Aus kommunaler Sicht gibt es Licht und Schatten bei den vorgelegten Maßnahmen. Denn mit Ausnahme des Radverkehrs sind viele Vorhaben nicht ausreichend konkret und finanziell hinterlegt, damit Städte und Gemeinden zusätzliche Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor ergreifen können. Für eine Mobilitätswende im Sinne von Klimaschutz und mehr Lebensqualität braucht es aber einen großen Wurf. Das Maßnahmenpaket bleibt auch hinter den Ankündigungen des Koalitionsvertrags in Teilen zurück.
Insbesondere die Aussagen zum ÖPNV sind aus Sicht des DStGB zu vage. Dabei liegen die Zahlen auf dem Tisch: es bedarf kurzfristig 1,5 Mrd. Euro zusätzlicher Regionalisierungsmittel, damit nach dem „9-Euro-Sommer“ mit rabattierten Tickets nicht Preissteigerungen und Angebotskürzungen bei Bus und Bahn drohen. Denn insbesondere die gestiegenen Energie- und Spritpreise setzen die Verkehrsunternehmen in den Kommunen masisv unter Druck – Mehrkosten, die bislang durch keinen Rettungsschirm oder zusätzliche Mittel von Bund und Ländern abgefedert werden. Damit der ÖPNV seinen Beitrag zur Treibhausgasminderung im Verkehrssektor leisten kann, braucht es nun ein Gesamtpaket mit dem attraktive und verbundübergreifende Tickets (Nachfolge-Lösung für das 9-Euro-Ticket), Angebotsausweitungen und Inves-titionen in emissionsfreie Fahrzeuge und moderne Infrastruktur getätigt werden können. Die Kommunen können dies mit Eigenmitteln nicht leisten.
Positiv ist die Maßnahmenliste des BMDV bzgl. der Ankündigung, die Radverkehrsförderung des Bundes (Sonderprogramm Stadt+Land) bis 2030 fortzusetzen. Dies spiegelt sich auch im Bundeshaushalt 2022 und im Haushaltsplanentwurf 2023 wieder. 2022 stehen insgesamt rd. 1 Mrd. € für den Radverkehr zur Verfügung. Mit dem Haushaltsentwurf 2023 der Bundesregierung soll die Förderung und Finanzierung des Radverkehrs bereits bis 2028 weiter verstetigt werden. Der Haushaltentwurf 2023 sieht für alle Radverkehrsmaßnahmen insgesamt Ausgaben in Höhe von rd. 555 Mio. Euro zuzüglich Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von über 1 Mrd. Euro bis 2028 vor. Das ist ein Erfolg und ermöglicht nun den Kommunen eine Planungssicherheit, dass Investitionen in Radinfrastruktur vor Ort in den kommenden Jahren durch den Bund entscheidend flankiert werden. Herausfordernd bleibt gleichzeitig die Personalknappheit bei Planerinnen und Planern in den Verwaltungen.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Rolle dazugehörige der Kommunen finden im Rahmen der Ankündigungen des BMDV nur bedingt Raum. Hier wird u.a. auf den Masterplan Ladeinfrastruktur verwiesen. Wichtig wäre jedoch beispielsweise ein Zeichen, dass die Förderung öffentlicher Ladeinfrastruktur zeitnah und umfassend fortgesetzt wird und Fördermittel für Kommunen oder bspw. Stadtwerke jetzt eingesetzt werden. Die Akteure vor Ort warten vielerorts darauf, während es immer wieder heißt, Kommunen sollten den Ladeinfrastrukturaufbau vorantreiben.