Verkehrsinfrastruktur allgemein
Siehe hierzu insb. Zeilen 1547-1575 im Koalitionsvertrag.
Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sollen weiter erhöht und langfristig abgesichert werden. Dabei soll nach dem Koalitionsvertrag erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investiert werden. Im Sinne des Klimaschutzes soll der Bundesverkehrswegeplan überarbeitet werden und nach einem Dialogprozess in einen Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 münden. Vor dem Hintergrund der auch aus kommunaler Sicht dringend notwendigen Verlagerung von Verkehren ist dies zu begrüßen.
Vorgesehen ist ab 2023 eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut und Einbeziehung gewerblicher Güterverkehre ab 3,5 t. Wichtig aus kommunaler Sicht ist, dass die Mehreinnahmen auch für kommunale Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden können. Der Koalitionsvertrag eröffnet dies, indem erwähnt wird, dass die Mehreinnahmen „für Mobilität“ eingesetzt werden.
Der Koalitionsvertrag sieht zudem die Umsetzung der im Strukturstärkungsgesetz vereinbarten Verkehrsinfrastrukturprojekte, insbesondere im Bereich Schieneninfrastruktur vor (Zeilen 4372-4373).
Anbindung des ländlichen Raums
Siehe hierzu insb. Zeilen 4343-4349 im Koalitionsvertrag.
Der Koalitionsvertrag sieht u.a. die Definition von „Erschließungs- und Qualitätsstandards für ein alltagstaugliches Mobilitätsangebot als möglichst vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr“ vor. Damit dürften insbesondere Mindestbedienzeiten und -takte im ÖPNV gemeint sein. Zahlreiche Aussagen zum Ausbau der Schiene sowie zusätzliche Regionalisierungsmittel für den ÖPNV können aus Sicht des DStGB die Erreichbarkeit der Städte und Gemeinden zukünftig entscheidend verbessern. Auch die im Koalitionsvertrag erwähnte Fortführung der Radverkehrsförderung sollte explizit auch dem Ausbau ländlicher Radnetze dienen. Eine Abschaffung der Pendlerpauschale findet sich nicht im Koalitionsvertrag, was einer Forderung des DStGB entspricht. Ein wichtiges politisches Zeichen ist das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel einer „bezahlbaren und klimafreundlichen Mobilität“.
Ausbau des Schienennetzes
Siehe hierzu insb. Zeilen 1577-1608 im Koalitionsvertrag.
Begrüßenswert ist das klare Bekenntnis zu einem starken und erweiterten Schienennetz. Formulierte Ziele im Koalitionsvertrag sind beispielsweise die Verdoppelung der Verkehrsleistung im Personenverkehr und die Anbindung von mehr Oberzentren an den Fernverkehr. Es sollen neue Strecken, insbesondere vor dem Hintergrund des Deutschlandtaktes, gebaut, ehemalige Bahnstrecken reaktiviert und Entwidmungen von Schienenstrecken vermieden werden. Bestehende Bahnhofsprogramme sollen gebündelt und gestärkt werden. Vorgesehen sind zudem Investitionsanreize zur Gleisanschlussförderung. Die im Koalitionsvertrag formulierte verpflichtende Prüfung von Gleisanschlüssen bei Industrie- und Gewerbegebieten ist ein wichtiges Signal. Um unnötige Bürokratie zu vermeiden, sollte sich dies jedoch auf Gebiete beschränken, in denen ein Schienenanschluss aufgrund der Nähe zum Schienennetz auch realistisch ist. Das Ziel der Elektrifizierung von 75 Prozent des Streckennetzes (derzeit liegt die Elektrifizierungsrate im DB-Netz bei ca. 61 Prozent) ist ambitioniert und notwendig, um leistungsfähige und klimafreundliche Verbindungen im Personen- und Güterverkehr anbieten zu können. Der Koalitionsvertrag sieht zudem die Priorisierung von Infrastrukturprojekten vor, die beispielsweise zur Erreichung des Deutschlandtaktes beitragen (siehe Zeilen 324-339). Dies entspricht ebenfalls einer Forderung des DStGB, um wichtige Infrastrukturvorhaben schneller zu planen und umzusetzen.
Ausbau des ÖPNV
Siehe hierzu insb. Zeilen 1610-1637 im Koalitionsvertrag.
Mit der erwähnten Fortführung des ÖPNV-Rettungsschirms für das Jahr 2022 sowie der Anhebung der Regionalisierungsmittel ab 2022 wird eine zentrale Forderung des DStGB zum ÖPNV-Ausbau erfüllt. Hier kommt es nun darauf an, dass die zusätzlichen Mittel bis 2030 auch auskömmlich sind, um den klimaschutzbedingten Mehrbedarf im ÖPNV zu decken. Der DStGB fordert auf Basis eines Leistungskostengutachtens der ÖPNV-Branche konkret eine zusätzliche Anhebung der Regionalisierungsmittel von 2022 bis 2030 in Höhe von mindestens 1,5 Milliarden Euro gegenüber dem jeweiligen Vorjahr. Wünschenswert wären im Koalitionsvertrag zudem Aussagen zur Ermöglichung von Drittnutzerfinanzierungen im ÖPNV gewesen, auch wenn hierzu in erster Linie die Länder adressiert sind. Der Bund sollte über das „Bündnis moderne Mobilität“ auch hierbei eine koordinierende Funktion einnehmen.
Der Koalitionsvertrag hebt den Einsatz flexibler Bedienformen insbesondere auf dem Land hervor und betont hier einen möglichen Beitrag privater Anbieter für Angebotsverbesserungen. Aus Sicht des DStGB sind jedoch Mobilitätsangebote privater Anbieter im Bereich des so genannten „gebündelten Bedarfsverkehrs“ kaum zu erwarten. Vielmehr wird es darauf ankommen, für öffentliche „Linienbedarfsverkehre“ entsprechende Ausschreibungen mit zusätzlichen ÖPNV-Mitteln des Bundes und der Länder zu finanzieren. Der Koalitionsvertrag betont „Mobilität ist Teil der Daseinsvorsorge und Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land“ (Zeile 731-733), was für eine öffentliche Finanzierung neuer ÖPNV-Angebote spricht.
Laut Koalitionsvertrag sollen Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter, ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitstellen. Die im ÖPNV agierenden Verkehrsunternehmen sind hierzu bereits durch das Personenbeförderungsgesetz und die Mobilitätsdatenverordnung verpflichtet, sofern Echtzeitdaten vorhanden sind. Eine zusätzliche Pflicht zur Erfassung von Echtzeitdaten ist richtigerweise nicht genannt, eine Förderung für entsprechende Systeme fehlt im Koalitionsvertrag. Begrüßenswert ist das im Koalitionsvertrag vorgesehene Bestreben mittels eines Mobilitätsdatengesetzes auch die Daten weiter Mobilitätsanbieter außerhalb der Verkehre unter dem Dach des Personenbeförderungsgesetzes zur Verfügung zu stellen.
Es soll zudem eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, Tarifverträge zur Bedingung bei Ausschreibungen im Bereich des ÖPNV zu machen. Am Vorrang der eigenwirtschaftlichen Verkehre wird festgehalten. Die Förderung von Elektrobussen soll verlängert werden, was einer Forderung des DStGB auch im Sinne der Umsetzung der europäischen Clean Vehicles Directive entspricht. Ausnahmemöglichkeiten des Personenbeförderungsgesetzes (ÖPNV) in Bezug auf die Barrierefreiheit sollen bis 2026 gänzlich abgeschafft werden (siehe Zeile 2595). Auch zur Erreichung dieser wichtigen Ziele bedarf es aus Sicht des DStGB noch einer Unterstützung der Kommunen als Aufgabenträger und Infrastrukturbetreiber.
Intermodale Vernetzung
Siehe hierzu insb. Zeilen 1620-1642 im Koalitionsvertrag.
Vorgesehen im Koalitionsvertrag ist eine Förderung von Mobilitätsstationen sowie die stärkere Verknüpfung zwischen Radverkehr und ÖPNV. Der DStGB hatte hierzu unter anderem auf den hohen Bedarf an zusätzlichen Radabstellanlagen an Bahnhöfen hingewiesen. Der Koalitionsvertrag sieht zudem eine anbieterübergreifende Buchung und Bezahlung von Mobilitätsdiensten sowie die Strukturierung von Tarifsystemen vor. Dies ist vor dem Hintergrund der Nutzerfreundlichkeit und Verknüpfung nachhaltiger Mobilitätsangebote sehr begrüßenswert, muss aber unter den Bedingungen eines Level-Playing-Fields erfolgen. Die getätigten Investitionen öffentlicher Verkehrsunternehmen sind aus Sicht des DStGB zu berücksichtigen und etwaige finanzielle Nachteile durch (bundes-)politisch gewollte Tarife auszugleichen.
Förderung alternativer Antriebe
Siehe hierzu insb. Zeilen 1647-1687 im Koalitionsvertrag.
Nach dem Koalitionsvertrag soll Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 werden. Ab 2035 sollen nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Neuzulassungen von mit E-Fuels betriebenen Fahrzeugen sollen jedoch möglich sein. Ziel ist die Schaffung von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 mit dem Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur. Begrüßenswert aus kommunaler Sicht ist, dass der Ausbau des Schnellladenetzes beschleunigt werden soll und insbesondere die Kommunen in ihrer Koordinierungsfunktion unterstützt werden sollen. Hierzu wäre eine explizite Erwähnung der dringend notwendigen Personalförderung und -qualifizierung in Form von Elektromobilitätsmanagern hilfreich gewesen. Die künftige Regierungskoalition scheint jedoch erkannt zu haben, dass es beim Ausbau der Ladeinfrastruktur insbesondere auf eine Flächendeckung ankommt, damit keine Regionen Standortnachteile erfahren. Für eine höhere Nutzerfreundlichkeit sollen laut Koalitionsvertrag Strompreise und Belegstatus an den Ladepunkten transparent dargestellt werden, was Forderungen des DStGB entspricht. Die Aussagen im Koalitionsvertrag bezüglich der Wasserstoffstrategie (Ziel 1927 ff.) lassen zudem auf mögliche Einsatzszenarien im Verkehrssektor schließen, was zu begrüßen ist.
Verkehrsrecht und Verkehrssicherheit
Siehe hierzu insb. Zeilen 1698-1695 im Koalitionsvertrag.
Mit der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Anpassung von StVO und StVG für mehr Entscheidungsspielraum bei Kommunen wird einer Forderung des DStGB und einem großen Wunsch vieler Städte und Gemeinden entsprochen. Neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs sollen die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung endlich stärker berücksichtigt werden. Die kann beispielsweise die einfachere Anordnung von Tempo 30 innerorts ermöglichen, wo bislang die umständlichen Begründungszwänge zu einem Flickenteppich an Beschilderungen geführt haben. Der DStGB hatte sich zudem für eine Öffnung digitaler Parkraumkontrolle in Deutschland analog dem Einsatz in den Niederlanden ausgesprochen, was sich im Koalitionsvertrag nun explizit wiederfindet. Hierzu sollten aus Sicht des DStGB nun auch Modellprojekte gefördert werden. Die im Koalitionsvertrag formulierte Fortsetzung des Verkehrssicherheitsprogramms ist zu begrüßen. Hilfreich in Bezug auf die Verkehrssicherheit wären aber konkrete Aussagen und Mittelzusagen zu Weiterbildungsformaten und Infrastrukturanpassungen vor Ort gewesen, damit Kommunen konkret zur Erreichung der Vision Zero unterstützt werden können. Ein generelles Tempolimit wird im Koalitionsvertrag ausgeschlossen.
Rad- und Fußverkehr
Siehe hierzu insb. Zeilen 1706-1711 im Koalitionsvertrag.
Die zentrale Forderung des DStGB, die Radverkehrsförderung fortzusetzen, wird erfüllt. Damit kann auch über 2023 hinaus kommunale Radinfrastruktur durch das Sonderprogramm „Stadt und Land“ ausgebaut werden. Für die im Koalitionsvertrag formulierte Umsetzung und Fortschreibung des Nationalen Radverkehrsplans benötigen die Kommunen neben finanzieller aber auch eine strukturelle Unterstützung. Es wird in der Folge darauf ankommen, wie die einzelnen Ziele des NRVP erfüllt werden können. Denn für mehr Fahrradpendler, Lastenradnutzung und ein echtes Fahrradland Deutschland braucht es neben der Infrastruktur vielfältige Programme und Anreize. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Entwicklung einer Fußverkehrsstrategie wird der Bedeutung des Themas i.S. lebenswerter (Innen-) Städte und Gemeinden nicht ausreichend gerecht. Weitere Maßnahmen für eine Stärkung des Fußverkehrs im Verkehrsrecht sowie eine entsprechende Erweiterung der Radinfrastrukturförderung hin zu einer nahmobilitätsfreundlichen Umgestaltung der Straßenräume wären wünschenswert gewesen.
Güter- und Wirtschaftsverkehr
Siehe hierzu insb. Zeilen 1693-1645 im Koalitionsvertrag.
Neben der Stärkung der Bahn für den Güterverkehr sind die im Koalitionsvertrag erwähnte Unterstützung regionaler Güterverkehrskonzepte, die Förderung emissionsfreier Stadtlogistik sowie die Förderung von Ladezonen und Logistik-Hubs zu begrüßen. Für die erleichterte Einrichtung von Ladezonen im Sinne der Vermeidung des Zweite-Reihe-Parkens von Lieferfahrzeugen sollte aus Sicht des DStGB kurzfristig ein zusätzliches Verkehrsschild eingeführt werden. Aus Sicht der Städte und Gemeinden ist ebenfalls der erwähnte Ausbau von Lkw-Stellflächen an und um Autobahnen lobenswert, da dies vielerorts zu erheblichen Konflikten durch im Gemeindegebiet parkende Fahrzeuge führt. Lkw-Abbiegeassistenten sollen laut Koalitionsvertrag bis zum verpflichtenden Einbau bei Neufahrzeugen gefördert werden. Dies entspricht einer Forderung des DStGB, damit u.a. kommunale Unternehmen die Technologie nachrüsten können und die Verkehrssicherheit insbesondere in urbanen Räumen erhöht wird.