Grundlage der Beratungen war der am 2. Dezember 2015 veröffentlichte Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zu § 46 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der am 3. Februar 2016 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde.Der DStGB hat im Rahmen der Bundesvereinigung am 18. Dezember 2015 zu dem Referentenentwurf Stellung genommen.
Wesentliche Inhalte des Bundesratsbeschlusses
Auf der Grundlage der Ausschussempfehlungen hat das Plenum des Bundesrates zu folgenden aus kommunaler Sicht relevanten Inhalten des Gesetzesentwurfes Stellung genommen:
· Klarstellung im Hinblick auf die Berücksichtigung kommunaler Belange gegenüber den Zielen des § 1 EnWG und Wahrung gemeindlicher Spielräume bei Auswahl und Gewichtung der Kriterien
Um den Spielraum der Kommunen bei der Festlegung, Gewichtung und Bewertung der Auswahlkriterien entsprechend den jeweiligen örtlichen Verhältnissen und die Rechtssicherheit zu erhöhen, spricht sich der Bundesrat für die Aufhebung der prioritären Berücksichtigung der Ziele „Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz“ aus. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeinde auch anderen Kriterien des § 1 EnWG - wie etwa der Preisgünstigkeit - eine höhere Gewichtung einräumen darf.
Dies stellt eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Gesetzesentwurf dar. Aus kommunaler Sicht greift der Gesetzesentwurf die Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung durch eine zulässige Berücksichtigung örtlicher Angelegenheiten i.S.v. Art. 28 Abs. 2 GG neben den Zielen des § 1 EnWG im Auswahlverfahren nur unzureichend auf.Zum einen lässt der Referentenentwurf weiterhin offen, in welchem Verhältnis netzbezogene und gemeindliche Kriterien zueinander stehen. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Dezember 2013 die Kriterien des §1 EnWG weiterhin Vorrang haben sollen, was aus kommunaler ausdrücklich abgelehnt wird. Zum anderen soll sich die Gemeinde bei der Berücksichtigung der netzbezogen in erster Linie an „Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz“ orientieren. Dies wirft neue Rechtsfragen auf und schränkt den Spielraum der Gemeinden, den übrigen drei zulässigen Kriterien des § 1 EnWG - wie etwa der Preisgünstigkeit - eine höhere Gewichtung einzuräumen, weitgehender als BGH ein. Diese Einschränkung ist aus kommunaler Sicht daher aufzuheben.
Dem den Gemeinden in der Gesetzesbegründung zuerkannte „weite Ermessensspielraum“ bei der Auswahl und Gewichtung der Kriterien, wird erst dann ausreichend Rechnung getragen, wenn ausdrücklich festgestellt wird, dass die gemeindlichen und die netzbezogenen Kriterien gleichwertig nebeneinander berücksichtigtwerden können. Der Vorschlag des Bundesrates stärkt an der Stelle zumindest den gemeindlichen Spielraum und geht daher in die richtige Richtung.
· Berücksichtigung des Auseinanderfallens von Eigentum und Konzession am Netz
Der Bundesrat sieht Regelungsbedarf für das von kommunaler Seite adressierte Problem, dass der bisherige Nutzungsberechtigte und der Eigentümer des Netzes nicht personenidentisch sind. Hier werden im kommunalen Sinne wichtige Regelungsvorschläge für eine reibungslosere Eigentumsübertragung auf den neuen Nutzungsberechtigten nach § 46 Abs. 2 S. 3 EnWG, für die Erlangung der für den Auskunftsanspruch erforderlichen Daten nach § 46 a S. 1 EnWG sowie für die Einhaltung der Rügepflichten nach § 47 EnWG- neu gemacht.
· Präzisierung des Akteneinsichtsrechts im Rahmen der Präklusionsvorschrift im Hinblick auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
Auch hier greift der Bundesrat eine von kommunaler Seite adressierte Forderung auf, die Rechtssicherheit für Gemeinden und Interessenten im Hinblick auf die Einhaltung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu erhöhen. Die Gemeinde soll mehr Rechte erhalten, um die Akteneinsicht zu verweigern. Zudem soll gesetzlich verankert werden, dass die Beteiligten und nicht die Gemeinde dafür verantwortlich ist, kenntlich zu machen, welche Informationen unter die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fallen und welche veröffentlicht werden dürfen. Dies soll den Aufwand für die Kommunen minimieren und vor möglichen Schadensersatzpflichten schützen.
· Konzentration der Rügen und Begrenzung des gerichtlichen Rechtsschutzes bei Nichtabhilfe durch die Gemeinde auf das Ende des Verfahrens
An der Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens für die Erhebung von Verfahrensrügen wird entgegen der kommunalen Vorschläge zunächst einmal festgehalten. Der DStGB hat an der Stelle gefordert, dass nicht den Gemeinden selbst das Nachprüfungsverfahren auferlegt, sondern das Nachprüfungsverfahren wie im allgemeinen Vergaberecht analog §§ 104 ff GBB durch unabhängige Instanzen durchgeführt werden sollte.Allerdings sieht der Bundesrat doch einige Verbesserungen vor, die zur Beschleunigung der Verfahren beitragen können. Danach wird vorgeschlagen, den Gemeinden zu ermöglichen, bei Nichtabhilfe der Rügen, die Beteiligten gebündelt nach Durchführung der Verfahren zu informieren. Zudem soll sich der gerichtliche Rechtsschutz bei Nichtabhilfe der Rügen auf das Ende des Verfahrens, dem Zeitraum der Bekanntgabe der Entscheidung über die Neukonzessionierung, verlagern.
· Übergangsvorschrift für laufende Konzessionsvergabeverfahren
Der Bundesrat setzt sich für eine Übergangsregelung für laufende Konzessionsvergabeverfahren ein. Dies ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen, da auch bei laufenden Konzessionsverfahren ein Interesse daran besteht, dass vermeintlichen Rechtsverletzungen zeitnah gerügt und nach Mitteilung der Auswahlentscheidung zeitnah eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt wird.
· Inhouse-Möglichkeit
Das Plenum des Bundesrates hat sich den Empfehlungen des Innenausschusses und damit u.a. den Anträgen aus NRW - vor dem Hintergrund der verstärkten Berücksichtigung kommunaler Interessen bei der Auswahlentscheidung die Ermöglichung einer Inhouse-Vergabe vorzusehen - nicht angeschlossen.
· Fortzahlung der Konzessionsabgabe
Der Bundesrat setzt sich für eine ungehinderte Fortzahlungspflicht der Konzessionsabgabe des bisherigen Nutzungsberechtigten an die Gemeinde bis zum Zeitpunkt der Übertragung der Verteilungsanlagen oder in dem Fall, dass der Altkonzessionär als Sieger hervorgeht, dem Abschluss eines neuen Wegenutzungsvertrages. Dies trägt auch aus kommunaler Sicht zu mehr Rechtssicherheit bei. Darüber hinaus sollten auch weitere in dem Konzessionsvertrag enthaltene Regelungen mit Ausnahme der Regelungen zur Kaufpreisbestimmung, die der Gemeinde zugutekommen und die dem störungsfreien Betrieb der
Netze dienen, in der maßgeblichen Regelung des § 48 EnWG des Gesetzentwurfs enthalten sein und weiter fortgelten. Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass der Bundesrat die Forderung des Wirtschaftsausschusses, die Fortzahlungspflicht der Konzessionsabgabe von einem „Vertretenmüssen“ der Verzögerung abhängig zu machen, nicht weiter aufgegriffen hat.
Voraussichtlicher Zeitplan der Reform
Der Gesetzesentwurf wird nach erneuter Befassung des Bundeskabinetts im April in die weiteren Beratungen im Deutschen Bundestag gehen.