Auf Grundlage der Daten für die vergangenen beiden Jahre sowie der zu erwartenden Schäden für das laufende Jahr geht das Ministerium von einem Schadholzanfall von 160 Millionen Kubikmeter und einer Fläche von 245.000 Hektar aus, die wiederbewaldet werden müssen. Bei der vergangenen Erhebung im Spätsommer 2019 beliefen sich die zusammengetragenen Daten und Schätzungen aus den Ländern auf 105 Millionen Kubikmeter Schadholz und 180.000 Hektar. Regionale Schwerpunkte der Schäden liegen vor allem in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Thüringen.
Auf Initiative von Bundeswaldministerin Julia Klöckner stehen für die kommenden vier Jahre allein in der "Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) 480 Millionen Euro zusätzliche Bundesmittel für den Wald bereit – mit Co-Finanzierung der Länder sind es knapp 800 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen der Abtransport von Schadholz, die Wiederaufforstungen und die Fortführung des Umbaus zu klimaangepassten Mischwäldern unterstützt werden. Die Ministerin hatte vergangenen September zu einem Nationalen Waldgipfel eingeladen, um wichtige Anpassungen im Förderbereich der GAK zusammen mit Verbänden, Wissenschaftlern und Experten aus der Praxis zu diskutieren. Diese wurden im Dezember verabschiedet.
Die Umsetzung der entsprechenden Förderrichtlinien ist nun Sache der Länder. Mit ihren Bewilligungs- und Kontrollbehörden müssen sie dafür Sorge tragen, dass die Mittel zügig bei den betroffenen Waldbesitzern ankommen.
Das Bundesministerium hat zudem die Notifizierung der Hilfen bei der Europäischen Kommission auf den Weg gebracht. Das ist ein notwendiger Schritt, damit betroffene Waldeigentümer auch größere Fördersummen in Anspruch nehmen können.
Link zur Pressemitteilung BMEL und den aktuellen Zahlen und Tabellen im Ländervergleich: www.bmel.de
Anmerkungen DStGB
Forstexperten gehen davon aus, dass auch die aktuellen Schäden je nach Witterungsverlauf im laufenden Jahr nochmals nach oben korrigiert werden müssen. So haben Untersuchungen des Landesbetriebes Wald und Holz NRW ergeben, dass fast überall in Nordrhein-Westfalen mehr als 80 Prozent der Borkenkäfer und deren Larven den milden Winter überlebt haben. In einem einzigen Fichtenstamm befinden sich noch immer bis zu 50.000 Schädlinge. Um einen Baum zum Absterben zu bringen, braucht es nicht mehr als 200 Borkenkäfer. Ein Weibchen legt bis zu 100 Eier. Nach Larvenfraß und Verpuppung schlüpfen die Jungtiere. Dieser Zyklus einer Borkenkäfergeneration dauert je nach Witterung zwischen sieben und zehn Wochen. Das ermöglicht pro Jahr in der Regel zwei bis maximal drei Generationen. In NRW sind im Extremjahr 2018 bis zu vier Generationen beobachtet worden. Geschätzt folgen aus der Brut eines Weibchens im Laufe der Vegetationsperiode zwischen 100.000 und 250.000 Nachkommen. Aufgrund des hohen Vermehrungspotenzials kann zum Beispiel das Übersehen eines Käferbaums im Frühjahr zum Befall von mehr als 8.000 weiteren Bäumen noch im selben Jahr führen. Eine Hochrechnung in NRW aus dem Jahr 2018 hat ergeben, dass aus der Borkenkäfer-Population eines einzigen Baumes eine potenzielle Nachkommenschaft von 1,5 Mrd. Käfern im Folgejahr entstehen kann. (Quelle: Praxisleitfaden Fichten-Borkenkäfer; Wald-und-Holz.nrw.de) Gegen diese Menge an Borkenkäfern haben die noch verbliebenden gesunden Fichtenbestände keine Chance.
Corona-Virus trifft auch die Forstbranche
Vielerorts haben die Waldbesitzer bereits den Kampf gegen den Borkenkäfer aufgegeben. Sie überlassen die abgestorbenen Fichtenbestände sich selbst und konzentrieren sich auf den Schutz der noch gesunden Restbestände. Dies hat viele Gründe: Der Markt kann die enormen Schadholzmengen nicht mehr aufnehmen. Die Holzpreise sind drastisch eingebrochen. Während vor dem Orkan Friederike noch 95 Euro für einen Festmeter Fichtenstammholz gezahlt wurden, lassen sich heute gerade mal noch 30 bis 40 Euro erzielen. Diese Erlöse werden noch um ca. 20 Euro pro Festmeter Aufarbeitungskosten geschmälert. Es fehlt an Lagerkapazitäten im und außerhalb des Waldes und in den holzverarbeitenden Betrieben. Und seit Jahresbeginn hat das Corona-Virus auch Auswirkungen auf den Holzaußenhandel. Während in 2018 und 2019 große Mengen an Fichtenstämmen nach China exportiert wurden, sind aufgrund des Corona-Virus die Transportwege unterbrochen. Es kommen keine chinesischen Container mehr in den Häfen an, um die Stämme transportieren zu können.
Angekündigte Finanzhilfen werden nicht ausreichen
Die Wiederbewaldung der riesigen Kalamitätsflächen und der klimagerechte Waldumbau ist eine Generationenaufgabe und nicht innerhalb von wenigen Jahren zu bewältigen. Dis bislang angekündigten Finanzhilfen für die nächsten vier Jahre werden nach Einschätzung des DStGB bei weitem nicht ausreichen. Die Waldbesitzenden brauchen mehr Unterstützung und nachhaltig durchfinanzierte Förderprogramme für mindestens 10 Jahre. Erlöse aus einem CO2-Zertifikatehandel für die CO2-Senkenleistungen des Waldes müssen auch den Waldbesitzern über eine "Klimaschutz-CO2-Bindungsprämie" als Kompensation ihrer Mehraufwendungen und Mindererlöse zugutekommen.
Die Waldbesitzenden benötigen insbesondere auch bei der Verkehrssicherung entlang von öffentlichen Verkehrswegen Unterstützung. Hier sind die Länder gefordert, jetzt zügig die Voraussetzungen zu schaffen, damit die nunmehr in der GAK erstmalig bereitgestellten Mittel zur Förderung von Verkehrssicherungsmaßnahmen vom Waldbesitz abgerufen werden können.
In Rheinland-Pfalz unterstützen das Umwelt- und Verkehrsministerium die Waldbesitzenden bei der Wahrnehmung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Die Landesbetriebe Landesforsten und Landesbetrieb Mobilität haben bereits am 24.01.2020 eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, um klimageschädigte Bäume entlang von Straßen zu identifizieren und – wo notwendig – zu entfernen. Die Kosten für die Durchführung müssen auch künftig die Waldbesitzenden tragen. Eine Förderrichtlinie zur Gegenfinanzierung ist jedoch in Vorbereitung. (Quelle: https://mueef.rlp.de)
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