„Wir appellieren an die Forstpolitik von Bund und Ländern, nur den zwingend notwendigen Rahmen für die Waldbewirtschaftung und die Waldpflege, der sich aus der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums ergibt, zu setzen. Den verantwortlichen Kommunen und Waldbesitzenden muss überlassen bleiben, welche Bäume nach dem Gesetz des Örtlichen gefällt und welche gepflanzt werden. Alle gesellschaftlichen Erwartungen, die über den Mindeststandard hinausgehen, dürfen nicht zusätzlich mit ordnungsrechtlichen Instrumenten durchgesetzt werden“, so der Vorsitzende des Gemeinsamen Forstausschusses „Deutscher Kommunalwald“, Dr. Karl-Heinz Frieden, und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg. Was einer groß-stadtnahen Kommune die Ausweisung eines Wildnisgebietes zur besonderen Förderung der Biodiversität sei, könne für eine Kommune im ländlichen Raum die Ausweisung eines Windkraftparks bedeuten.
Die Politik sollte nicht auch im Wald den Fehler begehen, durch ständig verschärfte Regelwerke die Waldbewirtschaftung immer mehr zu bürokratisieren. So habe sich in anderen Handlungsbereichen, wie beispielsweise der öffentlichen Infrastruktur, die Erkenntnis durchgesetzt, dass bestehende Gesetze und Verordnungen wieder ausgesetzt werden müssen, um Handlungsfähigkeit wie-der zurückzugewinnen. „Es darf nicht dazu kommen, dass zukünftig im Wald mehr Zertifizierer und Kontrolleure als Waldarbeiter mit der Motorsäge unterwegs sind“, fassen Frieden und Landsberg in ihrer Situationsanalyse die Befürchtungen über zu viel Bürokratie im Wald zusammen.
Vor dem Hintergrund von Klima-, Biodiversitäts-, Energie- und Rohstoffressourcenkrisen soll der Wald für alles Lösungen anbieten: Durch Waldbewirtschaftung oder auch in Teilen durch Stilllegung von Wäldern. Kennzeichnend für diese Herausforderungen sind die aktuellen Beteiligungsverfahren auf Bundesebene. Sie spiegeln das gesellschaftliche Spannungsfeld zwischen ordnungsrechtlichen Verschärfungen auf der einen Seite und partnerschaftlichen Ansätzen auf der anderen Seite wider. Großen Raum nimmt aktuell der vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz initiierte „Zukunftsdialog Wald“ ein, der 50 (!) Verbände in 18 Foren zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten in die Erarbeitung der Waldstrategie 2050 der Bundesregierung einspannt.
Parallel findet die Erarbeitung der Novelle des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) statt. Hier werden die durch Länder und Verbände zu erarbeitenden Herausforderungen für die Waldpolitik in neue Rechtsnormen gefasst. Gerade die Umwelt- und Naturschutzverbände fordern dabei die „Gute fachliche Praxis“ zu präzisieren und deutschlandweite, pauschalierte ökologische Mindeststandards festzulegen. Diese werden jedoch die forstbetrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten beschneiden, die Leistungsfähigkeit vieler Betriebe überschreiten und den Spielraum für Förderungen einengen. Das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums konkurriert mit seinem Programm „KlimaWildnis“ gegen nachhaltig bewirtschaftete Wälder. Und das, obwohl diese einen wesentlich größeren Beitrag zum Klimaschutz als ein sich selbst überlassener Wald leisten.
Im Bundesklimaschutzgesetz spielen die Wälder eine entscheidende Rolle in der Kohlenstoffreduktion. Bei der Erfüllung der Klimaschutzziele 2045 sei dabei allerdings rechnerisch ein sehr hoher Holzvorrat eingepreist worden. Dieser erscheint nicht nur wegen wiederkehrender Kalamitäten unrealistisch, sondern schränkt gleichzeitig eine nachhaltige Nutzung des heimischen Rohstoffes Holz und seinen Einbau in langlebigen Produkten sehr stark ein.
Fast im Widerspruch dazu steht die am 22. März 2023 vorgelegte Holzbauinitiative der Bundesministerien für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und Landwirtschaft (BMEL). Bei der Suche nach Lösungen, Klimaschutz und Ressourcenschonung mit dem Bedarf an Gebäuden zum Wohnen, Leben und Arbeiten nachhaltig in Einklang zu bringen, spiele „Deutschlands bedeutendster nachwachsender Rohstoff Holz“ eine zentrale Rolle. „Für die stoffliche Verwertung und den Holzbau ist Holz aus heimischen Wäldern aus ökologischen Gründen aber auch aus Sicht einer Resilienz der Rohstoffversorgung von großer Bedeutung“, heißt es in dem Papier.
„Wenn wir den Wald als Multitalent erhalten wollen, müssen alle Aspekte einer gemeinwohlorientierten Waldbewirtschaftung in einem ausgewogenen Verhältnis berücksichtigt werden. Dabei ist es das Verständnis von Subsidiarität und kommunaler Selbstverwaltung, dass die wesentlichen Entscheidungen zur Waldbewirtschaftung nicht in Brüssel oder Berlin, sondern in den Stadträten getroffen werden; denn Kommunalwald ist Bürgerwald“, so Frieden und Landsberg.
Statement von Staatsministerin Priska Hinz:
„Wir sitzen in einem Boot, um den Wald mit all seinen Funktionen für kommende Generationen zu bewahren. Die Herausforderungen, vor die uns die Klimakrise stellt, werden wir nur gemeinsam meistern können. In Hessen müssen wir auf rund 90.000 Hektar, das heißt auf einem Zehntel unserer Waldfläche, dafür sorgen, dass wieder neuer Wald entsteht. Dabei kommt es darauf an, klimastabile Mischwälder mit vorwiegend standortheimischen Baumarten zu schaffen, die den Anforderungen der Zukunft standhalten. Wir unterstützen dabei den Kommunalwald und den Privatwald in nicht gekanntem Ausmaß. Die Forstbetriebe im Körperschaftswald in Hessen erhalten eine Förderung von rund 33 Millionen Euro; davon sind rund 20 Millionen Euro bereits ausgezahlt.“
Statement vom Gastgeber Stadtrat Norbert Kortlüke (Wetzlar):
„Bezogen auf die Äußerungen von Herrn Frieden und Herrn Landsberg begrüßen wir es als Kommune sehr die Feststellung und Betonung der kommunalen Selbstverwaltung hier im Ausschuss. Ein nicht einfaches Thema ist dabei z. B. die Problematik Wind und Wald. Da die von der regionalen Planungs-ebene im Teilplan Energie Mittelhessen festgestellten Vorranggebiete für uns in Wetzlar nur reine Waldstandorte für Windprojekte zulassen und wir nach Umsetzung dieser Projekte 20.000 Haus-halte mit erneuerbarem Strom versorgen können, haben wir uns z.B. entschlossen, diese Möglichkeit zu nutzen. Die Windkraftstandorte sind inzwischen genehmigt und befinden sich in der Bauphase“, sagte Norbert Kortlüke, Stadtrat der gastgebenden Stadt Wetzlar.
Hintergrundinformationen: Gemeinsamer Forstausschuss: Sprachrohr des Deutschen Kommunalwaldes
Der Gemeinsame Forstausschuss „Deutscher Kommunalwald“ ist die repräsentative Interessenvertretung waldbesitzender Städte und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland und das Sprachrohr des deutschen Kommunalwaldes, der 20 Prozent der Waldfläche einnimmt. Der Ausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, des Deutschen Städtetages und des Deutschen Landkreistages.
Der Forstausschuss trifft sich zweimal im Jahr zum Austausch mit Landräten/innen, Bürgermeister/innen und Leitern/innen großer kommunaler Forstbetriebe aus den Bundesländern. Darüber hinaus ist für die Ausschussmitglieder eine vertrauensvolle und sachorientierte Zusammenarbeit mit den für Wald, Forstwirtschaft und Naturschutz zuständigen Ressorts, Vertretern der politischen Parteien, forstlichen Verbänden und der Wissenschaft wichtig.