Kommunalwahlen 2024

Kommunalpolitik im Ehrenamt

Zeit und Vereinbarkeit
10.788 Bürgermeister*innen gibt es in Deutschland, knapp 60 Prozent von ihnen üben ihr Amt als Ehrenamt aus. Bislang waren diese Menschen für die Forschung ein weißer Fleck. Das Team des ZEFIR führte elf leitfadengestützte Interviews und eine große Online-Befragung unter rund 1.500 ehrenamtlichen Bürgermeister*innen durch, um ein Bild dieser Gruppe zu gewinnen.
Der typische ehrenamtliche Bürgermeister ist männlich, verheiratet, über 50 und Vater von Kindern über 14. Nur 19 Prozent der ehrenamtlichen Bürgermeister*innen sind Frauen. Die Forschenden ermittelten, dass die ehrenamtlichen Bürgermeister*innen im Schnitt pro Woche 20 Stunden für ihr Amt aufwenden. Je nach Größe der Gemeinde variiert der Zeitaufwand. Auch das Vorhandensein gemeindeeigener Einrichtungen und von Personal steigert die aufgewendete Zeit. 45 Prozent der Befragten haben ihren Hauptberuf zugunsten des Ehrenamts reduziert. 27 Prozent gaben an, nicht berufstätig zu sein, die meisten von ihnen sind Rentner*innen. Nur 21 Prozent der Befragten gaben an, Familie, Hauptberuf und das Amt sehr gut oder gut vereinbaren zu können. Für 56 Prozent sei es manchmal schwierig und für 22 Prozent sehr schwer. Der Anteil der Frauen in der Kategorie „sehr schwer“ lag mit 27 Prozent deutlich über dem der Männer mit 21 Prozent. Ehrenamtliche Bürgermeister*innen nehmen besonders in ländlichen und kleinen Kommunen eine wichtige Rolle für die politische Repräsentation ein. Sie geben ihre Freizeit für die Gemeinde und nehmen dabei berufliche wie familiäre Einschränkungen in Kauf.

Scharnierfunktion im System
Als ihre wichtigsten Aufgaben sahen die Bürgermeister*innen an, „Ansprechpartner*in und Fürsprecher*in der Bürger zu sein“, die „Beschlüsse des Gemeinderates umzusetzen“, „Neue Projekte in der Gemeinde zu fördern“ sowie die „Selbstständigkeit der Gemeinde zu wahren“. Eigene politische Vorstellungen oder das Programm ihrer Partei umzusetzen, spielte für die meisten eine geringere Rolle. Ehrenamtliche Bürgermeister*innen haben eine Scharnierfunktion im politischen System, indem sie als Repräsentant*in zwischen verschiedenen Ebenen in Politik und Verwaltung, Akteuren und Interessen vermitteln, um die Gemeinde gestalten zu können.
Parteien spielen in kleinen Gemeinden nur eine nachgeordnete Rolle. Etwa ein Drittel der ehrenamtlichen Bürgermeister*innen sind Mitglied einer Partei oder Wählervereinigung, und das überwiegend schon lange, im Durchschnitt knapp 20 Jahre. Die meisten wurden auch von diesen Institutionen als Bürgermeisterkandidat*in nominiert, aber nicht alle: Besonders in kleinen Gemeinden scheint die Personenorientierung bei der Direktwahl bedeutender zu sein als die Mitgliedschaft.
Nach einschränkenden Faktoren ihrer Arbeit befragt, nannten die Teilnehmenden der Umfrage vor allem bürokratische Vorgaben und fehlenden Finanzierungsgrundlagen. Ansonsten zeigten sich die Bürgermeister*innen mit ihrem Gestaltungsspielraum zufrieden und fühlten sich in ihren Gemeinden respektiert, wenn auch die Erwartungen der Bevölkerung in den vergangenen Jahren gewachsen seien. Diese Anspruchshaltung und die Diskussionskultur im Alltag sind unter den Faktoren, die viele Befragte von einer erneuten Kandidatur abhält. Nur 34 Prozent möchten erneut kandidieren, 37 Prozent sind unsicher. 27 Prozent schließen eine weitere Kandidatur aus. Nicht erneut kandidieren möchten insbesondere ältere und weibliche Bürgermeister*innen.

Drei Empfehlungen für die Attraktivität des Ehrenamts

  1. Eine bessere finanzielle Ausstattung und die Kooperation mit den Verwaltungsgemeinschaften könne Handlungsspielräume eröffnen, um die Kommune bei vertretbarem zeitlichem Aufwand zu gestalten.
  2. Dem gewachsenen Anspruchsdenken der Bürger*innen und der verhärteten Diskussionskultur im Alltag könne man durch bessere Aufklärung über die Aufgaben und Kompetenzen von Bürgermeister*innen entgegentreten, um mehr Verständnis für die ehrenamtliche Position zu erzeugen.
  3. Zudem brauche es Hilfsangebote für Bürgermeister*innen im Fall von Hass und Hetze im Amt. Über die Hälfte (55 Prozent) der Befragten gaben an, mindestens einmal Erfahrungen mit Anfeindungen oder Hass im Amt gemacht zu haben, ein Drittel sogar mehrfach. Davor müssten sie bestmöglich geschützt werden bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung. Aber auch unterhalb dieser Schwelle sollte es Angebote für Betroffene geben, die Hilfe bei der Bewältigung benötigen. Dafür braucht es finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern.

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