Steckbrief:
Name der Kommune: Magdeburg
Einwohnerzahl und Lage: 239 408 Einwohner, Landeshauptstadt des Bundeslandes Sachsen-Anhalt
Projekt: Stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche (SBBB) - Kompensation und Umgang mit Eingriffen in SBBB
Stand der Umsetzung: seit 2018 in Anwendung
Ansprechpartner: Landeshauptstadt Magdeburg, Umweltamt, Stabsstelle Klimaschutz/ Umweltvorsorge, Frau Reinhold, Mail: Cordula.Reinhold@ua.magdeburg.de, Tel. 540 2645
Name der Website: https://www.magdeburg.de
für das Projekt: https://www.magdeburg.de/Start/Bürger-Stadt/Leben-in Magdeburg/Umwelt/Klimaschutzportal/Klimawandel/Stadtklimatische-Baubeschränkungsbereiche/
Ausgangssituation
Die Berücksichtigung der Schutzgüter Klima und Luft bei der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben gewinnt vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels zunehmend an Bedeutung. Sie ist unabdingbar für eine vorausschauende städtebauliche Entwicklung mit gesunden Lebensverhältnissen.
Seit 2013 stand der Landeshauptstadt Magdeburg mit der aktualisierten Klimafunktionskarte und der daraus abgeleiteten Planungshinweiskarte ein sehr komplexes Instrumentarium zur Berücksichtigung der Schutzgüter Klima und Luft zur Verfügung.
Herausforderung
Die aus dieser Klimaanalyse gewonnenen komplexen klimaökologischen Belange waren so aufzubereiten, dass sie anwendungsbereit in die zukünftige städtebauliche Planung Magdeburgs integriert werden konnten. Deshalb wurden mittels einer abgestuften Bewertung von Bebaubarkeit und klimatologischer Wertigkeit stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche herausgearbeitet.
Stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche und wie weiter? Eingriffsbewertung
Grundsätzlich sollen in diesen stadtklimatischen Baubeschränkungsbereichen keine neuen Bauvorhaben realisiert werden. Dies schließt jedoch die Zulassung einzelner Bauvorhaben nicht aus. Daher hat die Landeshauptstadt Magdeburg untersuchen lassen, wie mit einzelnen Eingriffen in diese Baubeschränkungsbereiche und mit den Auswirkungen auf Kaltluftschneisen umgegangen werden soll.
Dafür wurden in einem exemplarischen Stadtgebiet beispielhaft der Einfluss von „Bebauungsgrad“, „Position“ und „Gebäudeausrichtung“ untersucht sowie die Auswirkungen der Bebauung auf die angrenzenden Wirkungsräume bzgl. Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit und Kaltluftvolumenstrom dargestellt.
Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wurden auf andere Baubeschränkungsbereiche Magdeburgs übertragen, um eine generelle Aussage zur Verträglichkeit von Nutzungsänderungen zu erhalten. In der folgenden Grafik wird die Bewertung von Bauvorhaben visualisiert.
Im Ergebnis wurden folgende Grundsätze vereinbart:
- 300 m Durchflussbreite einer Kaltluftleitbahn, um die Funktionalität der Flächen als verbindendes Element zwischen Ausgleichs- und Wirkungsräumen zu gewährleisten
- Kernzone (100m) einer Kaltluftleitbahn ist immer von Bebauung freizuhalten
- Kaltluftleitbahnen mit bereits hohem Gebäudeanteil sollen unabhängig von ihrer Breite nicht noch stärker in ihrer Funktionalität eingeschränkt werden. Eine zusätzliche Bebauung ist nur mit Kompensation möglich. Sofern sich der hohe Gebäudeanteil in der Kernzone befindet, erfolgt in der gesamten Kaltluftleitbahn keine weitere Bebauung.
- Im Falle einer Bebauung in einem Leitbahnsystem sollen sich die kompensierenden Maßnahmen direkt auf den Frischluftkorridor beziehen. Ist aus bestimmten Gründen eine Kompensation direkt im Frischluftkorridor nicht möglich, dann soll zumindest dafür gesorgt werden, dass sich die klimaökologische Situation im angrenzenden Wirkungsraum verbessert, um die negativen Effekte zu kompensieren.
Nachfolgend werden beispielhafte Maßnahmen zum Erhalt der Funktionen von Kaltluftleitbahnen und zur Verbesserung der klimaökologischen Situation in belasteten Wirkungsräumen aufgeführt:
Maßnahmen in der Kaltluftleitbahn | Maßnahmen für den Wirkungsraum | leitbahn- und wirkungsraumbezogene Maßnahmen |
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Abb. „Maßnahmen“ (GEO-NET, Hannover 2017; dort S. 34 Bild „Maßnahmen"; diese Quelle ist öffentlich zugänglich unter https://ratsinfo.magdeburg.de/vo0050.asp?__kvonr=225480).
Beteiligungen
Die fachliche Bearbeitung der Themenstellung erfolgte in einer beispielhaften interdisziplinären inhaltlichen Diskussion. Dies ermöglichte einen Abgleich der Baubeschränkungsbereiche mit den Planwerken „Regionaler Entwicklungsplan Magdeburg“, „Landschaftsplan“, „Grün- und Freiraumentwicklungskonzept“, „Kleingartenentwicklungs-konzeption“ und „Wohnbaulandentwicklung“. Positiver Nebeneffekt war, dass diese Arbeitsweise zu einem besseren Verständnis für Stadtklima und Klimawandel in den Organisationseinheiten führte.
Auch die politische Ebene wurde einbezogen. Dies waren zunächst die politisch gewählten Dezernenten und im Nachgang die Stadträte der Landeshauptstadt Magdeburg in den jeweiligen Fachausschüssen. Durch den Stadtrat erfolgte letztendlich die Beschlussfassung.
Ergebnis
Seit 2018 wird der durch den Stadtrat der Landeshauptstadt Magdeburg gefasste Beschluss umgesetzt:
Die stadtklimatischen Baubeschränkungsbereiche werden als Fachinformation (Beiplan) in den in Neuaufstellung befindlichen Flächennutzungsplan Magdeburg 2030 aufgenommen.
Zur Zulassung von Ausnahmen bei städtebaulich sinnvollen Bauvorhaben wird innerhalb dieser Baubeschränkungsbereiche
- für Kaltluftleitbahnen die Eingriffsbewertung nach Anlage 4 (Erläuterungsbericht „Eingriffsbewertung Themenkomplex „Kaltlufthaushalt“ in stadtklimatischen Baubeschränkungsbereichen“) angewendet und
- für sonstige Flächen, insbesondere im Bezirk Altstadt, eine gesonderte Einzelfallbegutachtung durchgeführt.
Bei Ausnahmen außerhalb von Bebauungsplangebieten ist der Stadtrat zu beteiligen.
Finanzierung
Die Finanzierung erfolgte mit Eigenmitteln der Landeshauptstadt Magdeburg.