Klimawandel im Wald

Naturgemäße Bewirtschaftung des Stadtwaldes Baden-Baden

Steckbrief:

Name der Kommune: Stadt Baden-Baden

Einwohnerzahl und Lage: 55.000 Einwohner, Baden-Württemberg

Projekt: Naturgemäße Bewirtschaftung des Stadtwaldes

Stand der Umsetzung: in laufender Umsetzung

Ansprechpartner: Thomas Hauck, Fachgebiet Forst und Natur, Geroldsauerstr. 42, 76534 Baden-Baden, thomas.hauck@baden-baden.de, 07221-931660

Name der Website www.baden-baden.de

Der Stadtwald Baden-Baden hat eine Größe von rund 7.500 ha und ist damit größter kommunaler Waldbesitz in Baden-Württemberg. Das Ziel der Waldbewirtschaftung ist die Erhaltung und der Schutz des Ökosystems Wald und die optimale Kombination seiner Wirkungen als möglichst hoher Beitrag zu den Umwelt- und Lebensbedingungen in der Stadt Baden-Baden. Die nachhaltige Klimastabilität des Waldes spielt dabei die herausragende Rolle. 

Die Stadt Baden-Baden hat ein Klimaschutzkonzept mit sehr hohen Zielen verabschiedet. Im Vergleich zum Basisjahr 2010 sollten die CO² Emissionen um 37 % reduziert und der Anteil erneuerbarer Stromerzeugung bezogen auf den Stromverbrauch auf 30 % erhöht werden. Diese Ziele konnten im Bereich der CO² Einsparung bisher nur zu einem Drittel erreicht werden. Umso bedeutender ist die Rolle des Waldes als CO² Speicher. Dies wurde jedoch bewusst nicht in die Klimaschutzkonzeption einberechnet, die sich ausschließlich auf die C0²-Reduktion im städtischen Raum beziehen soll.

Der Stadtwald erstreckt sich von der Rheinebene an der französischen Grenze bis in den Schwarzwald auf 1000m ü.NN. Im Jahr 1999 hat der Orkan Lothar große Holzmengen im Stadtwald geworfen. Eine Fläche von rund 2.000 ha war betroffen und die Schadenssumme belief sich auf rund 900.000 Festmeter Holz. 20 Jahre nach dem Orkan wachsen auf diesen Flächen sehr naturnahe Mischbestände aus mehr als 20 verschiedenen Baumarten. Der Laubbaumanteil im Gesamtwald hat sich dadurch von 39 % vor Sturm Lothar auf 52 % im Jahr 2017 deutlich erhöht. Häufigste Baumart ist die Buche mit 24 %, gefolgt von der Fichte die jedoch von 26 % auf nun 19 % Anteil zurückgegangen ist. Bedeutend sind auch die Tanne und die Douglasie, sowie der Bergahorn. Reinbestände der einzelnen Baumarten kommen kaum vor. Die geschichtliche Entwicklung der Baumarten zeigt den deutlichen Wandel im Laufe der Geschichte von einem Buchen, Tannen Bergmischwald, zu einem höheren Fichten Anteil im letzten Jahrhundert. Dieser ist jedoch stark abnehmend und wird zugunsten der Laubbäume, der Tanne und der Douglasie weiterhin deutlich zurückgehen. 

Diagramm der geschichtlichen Entwicklung der Baumarten zwischen 1857 und 2017


Der Wandel hin zu einem möglichst klimaresilienten und naturnahen Wald ist nur möglich, wenn das vorhandene Potential des Waldes genutzt und kontinuierlich verbessert wird. Der entscheidende Faktor dabei ist die natürliche Verjüngung des Waldes. Dies funktioniert nur mit an den natürlichen Gegebenheiten angepassten Wildbeständen. Im Stadtwald ist daher die Bejagung des Rehwildes ein sehr wichtiger Baustein für die Zukunft des Waldes. Auf rund einem Drittel der Waldfläche hat die Betriebsinventur 2017 eine gesicherte Naturverjüngung mit einer Höhe von über 20 cm festgestellt. Zum Großteil besteht diese aus Tannen, Buchen und Ahorn, neben vielen anderen Baumarten. Bei künstlicher Pflanzung mit Wildverbissschutz dieser Fläche wären Kosten in Höhe von mindestens 50 Mio. € entstanden. Die ökologischen Schäden sind dabei noch nicht beziffert.

Die Pflege der rund 2000 ha großen Jungbestände, die durch den Orkan Lothar entstanden sind, bedurfte sehr schnell einer Anpassung an die finanzielle Leistungsfähigkeit des Waldbesitzers. Durch die Ausnutzung der natürlichen Selektionsprozesse und der Konzentration der Eingriffe auf wenige Bäume je ha konnte der Aufwand deutlich auf rund 25 % der bisherigen Kosten reduziert werden. Dabei sollen diese rund 40 Bäume je Hektar eine überdurchschnittliche Holzqualität erreichen und ein hoher Wertträger für die Zukunft sein. 

Die Waldbewirtschaftung des Stadtwaldes orientiert sich dabei an einem naturgemäßen Waldbau, der die natürlichen Entwicklungen und Potentiale bestmöglich nutzen möchte. Ziel ist der Dauerwald mit einer möglichst großen Palette an den Standort angepassten, einheimischen Baumarten und hohen Naturverjüngungsvorräten. Dabei wird auf die Anpassungsfähigkeit und genetische Variabilität der Baumarten im Klimawandel gesetzt. 

Die Zielsetzungen für den Stadtwald sehen dabei eine besondere Gewichtung in den Bereichen Schutzwirkungen und Erholungsraum. Der Stadtrat hat daher beschlossen rund 423 ha Waldflächen für den Nationalpark Schwarzwald zur Verfügung zu stellen. Dies ist Teil des Zieles rund 10 % der städtischen Waldflächen aus der Nutzung zu nehmen. Dazu wird eine Waldnaturschutzkonzeption entwickelt, die sich an den Gegebenheiten im Stadtwald orientiert und auch als vorbeugendes Konzept für den Artenschutz dient. Zusätzliche Einnahmen können hier durch Ausgleichsflächen und Ökopunkte erzielt werden. In Baden-Württemberg steht nun ein Förderprogramm für den Waldnaturschutz zur Verfügung, welches auch genutzt werden soll. 

Wald


In einem Stadtwald wird die Waldbewirtschaftung naturgemäß unmittelbar von den Zielen des Waldbesitzers, der Bürger, beeinflusst. Der Stadtrat, als gewählte Volksvertretung beschließt die Eigentümerzielsetzung und entscheidet über die wichtigen Weichenstellungen und den Haushalt. Dazu wurde in Baden-Baden ein eigenen Forst- und Umweltausschuss gebildet, der sich speziell mit diesen Fragen befasst. 

Das Ziel eines klimaresilienten Dauerwaldes ist eine Daueraufgabe, welche sich regelmäßig an die veränderten Umweltbedingungen anpassen muss.

 

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