Erneuerbare Energien

Der „Mein-Taunus-Strom-Kreis“

Steckbrief:

Name der Kommune: Main-Taunus-Kreis

Einwohnerzahl und Lage: ca. 237.000, in Hessen (Region Frankfurt/Rhein-Main)

Projekt: Das Strombilanzkreismodell des Main-Taunus-Kreises, Der „Main-Taunus-Strom-Kreis”

Ansprechpartner: Daniel Philipp, Tel. 06192 201194, E-Mail: daniel.philipp@mtk.org

Mittendrin, doch fern der Hektik: So präsentiert sich der Main-Taunus-Kreis (MTK) im Herzen der Region Frankfurt/Rhein-Main. Seine Wirtschaftskraft, die Nähe zu Frankfurt und zu den kulturellen Zentren des Ballungsraums einerseits, die gute Luft der Taunuswälder, die grünen Ufer des Mains und der exquisite Wein des Rheingaus andererseits machen den Charme des Kreises aus.

Heute leben auf den 222,4 Quadratkilometern des Kreises rund 237.000 Menschen. Damit ist der Main-Taunus-Kreis der kleinste Flächenkreis Deutschlands mit der allerdings zweithöchsten Bevölkerungsdichte.

Als Schulträger unterhält der MTK 56 Schulen in den zwölf Städten und Gemeinden im Kreisgebiet bei denen derzeit insgesamt 28 Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) und zehn Blockheizkraftwerke (BHKW) installiert sind.

Gemeinsam mit dem regionalen Energieversorger Süwag AG hat der Main-Taunus-Kreis ein innovatives Modell entwickelt, um überschüssigen, selbsterzeugten Strom aus kommunalen Photovoltaik-Anlagen und Blockheizkraftwerken (BHKW) nicht mehr ins öffentliche Netz einzuspeisen, sondern bilanziell in anderen kommunalen Liegenschaften ohne eigene Erzeugungsanlage zu nutzen: das Strombilanzkreismodell.

Ausgangspunkt des Projekts waren die zu geringen und teilweise stark schwankenden Einspeisevergütungen für Strom aus regenerativen Quellen, die den Kreis dazu motivierten, den Versorgungsgrad mit selbst erzeugtem Ökostrom zu erhöhen und so die Wirtschaftlichkeit der vorhandenen Anlagen zu sichern und die Kapazitäten weiter auszubauen.

Durch das Strombilanzkreismodell muss der Main-Taunus-Kreis weniger Netzstrom zukaufen, der wesentlich mehr kostet, als mit der Einspeisevergütung kompensiert werden könnte. Es ist also günstiger, den Überschuss an selbsterzeugtem Ökostrom für die eigenen Liegenschaften zu nutzen.

Bisher nutzten die Liegenschaften die mit den PV-Anlagen und BHKW erzeugten Strommengen selbst und speisten den überschüssigen Strom in das öffentliche Netz. Das wollte der Kreis ändern und hat mit dem Klimaschutzmanagement und dem Energiemanagement im Hochbau- und Liegenschaftsamt gemeinsam mit der Süwag Energie AG nach einem neuen Weg gesucht, um den Ökostrom stärker vor Ort nutzen zu können.

Bei der Frage nach der richtigen Herangehensweise zeigten Berechnungen und erste konkrete Überlegungen, dass eine bilanzielle Nutzung des überschüssigen Stroms in eigenen Liegenschaften - auch nach Zuschlag aller anfallenden Abgaben, Umlagen und Steuern -trotzdem noch unter den bisherigen Strombezugskosten liegen würde. Aus dieser Erkenntnis heraus entstand eine enge Kooperation mit der Süwag Energie AG, die im Kern eine „Abrechnungsdienstleistung” umfasst, mit der eine kaufmännische Zuweisung und Abrechnung der eigenerzeugten Strommengen möglich ist.

Was anfangs etwas kompliziert klingen mag, ist im Grunde so simpel wie gut: Zunächst werden die verschiedenen Stromerzeugungsanlagen, das heißt Photovoltaik-Anlagen und BHKWs, sowie die dem Bilanzkreis zuzurechnenden Stromabnehmer, wie Schulen und weitere kommunale Einrichtungen, definiert. Im nächsten Schritt erfasst die Süwag Energie AG die jährlichen Verbrauchs- und Erzeugungsmengen der Liegenschaften mittels so genannter 4Q-Zähler, die im Viertelstunden-Takt messen. Am Ende berechnet sie die Differenz zwischen den Kosten für den selbsterzeugten Strom - inklusive aller Abgaben – und den „herkömmlichen“ Strombezugskosten und schreibt sie dem Main-Taunus-Kreis zu.

Die Bilanz des ersten Abrechnungszeitraums 2018 zeigt bereits eindrucksvoll, dass die zu Beginn des Vorhabens gesetzten Ziele durch das Strombilanzkreismodell erreicht werden. So konnte der Kreis mit zunächst 14 Erzeugungsanlagen und 45 Lieferstellen fast 39.000 Euro einsparen. Für 2018 und 2019 rechnet der Kreis zudem mit einer Stromsteuererstattung in Höhe von ca. 18.000 Euro.

Jährlich spart die Kreisverwaltung so Gelder in mindestens fünfstelliger Höhe ein, die wieder für den Ausbau erneuerbarer Energien verwendet werden können. Das Modell rechnet sich so gut, dass bereits 2019 zwei neue Photovoltaik-Anlagen in Betrieb genommen werden konnten und 2020 sogar drei Photovoltaik-Anlagen sowie drei weitere Blockheizkraftwerke errichtet wurden, wodurch die Einsparungen weiter steigen und für 2020 mit einer Gutschrift in Höhe von 100.000 Euro gerechnet wird.

Ein weiteres Plus des Modells ist die Übertragbarkeit auf alle Kommunen, die über mehrere Liegenschaften mit Stromerzeugungsanlagen verfügen.

Das Modell kann auch zu Multiplikatoreffekten innerhalb einer Kommune führen, da es zum einen die Akzeptanz von Stromerzeugungsanlagen steigern kann und sich zum anderen auch auf eine Kapazitätsausweitung auswirken kann, wie es im Main-Taunus-Kreis der Fall ist.

Die Kreisverwaltung behält ihr Erfolgsmodell nicht für sich, sondern trägt das Projekt seit der erfolgreichen Durchführung über verschiedene Kanäle in die Fläche. Nach dem Gewinn des hessischen Klimaschutz-Wettbewerbs im Jahr 2019 sowie des Bundespreises „Klimaaktive Kommune“ 2020 und der damit verbundenen Öffentlichkeitsarbeit sowie dank Einladungen zur Vorstellung des Projekts auf diversen Fachveranstaltungen erreichen das Energiekompetenzzentrum des Kreises mittlerweile zahlreiche Anfragen von Städten und Landkreisen deutschlandweit, die das Strombilanzkreismodell adaptieren möchten.

Aber auch vor Ort trägt der Kreis den Klimaschutzgedanken und die Vorteile von erneuerbaren Energien in die Breite: Aufgrund der Tatsache, dass die Stromerzeugungsanlagen im Main-Taunus-Kreis an Schulgebäuden betrieben werden, nutzt die Kommune hier Synergieeffekte über die Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte, die über diverse Informationsangebote in das Projekt mit eingebunden werden. So werden in Kooperation mit der kommunalen Umweltbildungseinrichtung Naturschutzhaus „Energierundgänge” angeboten. Darüber hinaus können die in den Schulgebäuden zentral angebrachten Bildschirme, die Auskunft über die selbst erzeugte Strommenge geben, hervorragend in den Schulunterricht integriert werden.

Mit der Ausarbeitung und Umsetzung des Strombilanzkreismodells hat der Main-Taunus-Kreis einen innovativen Weg eingeschlagen, auf dem -insbesondere vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Vorteile im Zuge der Nutzung des überschüssigen, erneuerbaren Stroms - sicher weitere Kommunen folgen werden.

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