Das Sofortprogramm beinhaltet insbesondere Ansätze zu folgenden Punkten:
- Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG): Zukünftig soll unter anderem gesetzlich festgeschrieben werden, dass ab 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien zu betreiben ist. Der Neubaustandard soll ab 2025 an den EH40-Standard angeglichen werden. Auf EU-Ebene wird der Vorschlag der EU-Kommission zu den Mindestenergieeffizienzstandards (MEPS) im Rahmen der Gebäude-Richtlinie unterstützt.
- Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG): Die Förderung wird die neuen Vorgaben des GEG flankieren und insbesondere die ab 2024 neu geltenden EE-Wärmeanforderungen (65 Prozent EE-Wärme) an neue Heizungen effektiv vorbereiten.
- Richtlinie für die Förderung von Pilotprojekten der Seriellen Sanierung (Bundesförderung Serielle Sanierung): Das im Mai 2021 gestartete BMWK-Programm soll innovative Methoden zur Gebäudesanierung befördern.
- Initiative öffentliche Gebäude: Mittels einer neuen Maßnahme zur Erhöhung der Sanierungsrate bei allen öffentlichen Gebäuden soll ein vergleichbares Ambitionsniveau wie das der „Energieeffizienzfestlegungen für klimaneutrale Neu-/ Erweiterungsbauten und Gebäudesanierungen des Bundes“ erreicht werden.
- Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur: Mit dem BMWSB-Bundesprogramm sollen künftig kommunale Einrichtungen in den genannten Bereichen mit hoher Qualität im Hinblick auf ihre energetischen Wirkungen und Anpassungen an den Klimawandel gefördert werden.
- Zukunft Bau – Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich: Mit dem Förderprogramm Zukunft Bau – Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich des BMWSB sollen Vorhaben gefördert werden, die vielversprechende Lösungen der Forschung und Entwicklung praktisch erproben.
- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW): Die BEW setzt Anreize zur Umstellung von vorwiegend fossilen Wärmenetzen auf erneuerbare Energien und Abwärme sowie den Neubau von Wärmenetzen mit mindestens 75 Prozent an Einspeisung aus erneuerbarer Wärme und Abwärme. Ergänzend werden Einzelmaßnahmen gefördert.
- Gesetz für kommunale Wärmeplanung: Um die kommunale Wärmeplanung (KWP) mit Blick auf die Klimaziele rechtzeitig und effektiv flächendeckend einzuführen, ist eine gesetzliche Bundesregelung notwendig angestrebt.
- Aufbauprogramm und Qualifikationsoffensive Wärmepumpe: Das Aufbauprogramm soll zunächst drei Komponenten umfassen: (1) Weiterbildungen zur Planung und zum Einbau von Wärmepumpen in Wohngebäuden; (2) Schulungen im Bereich natürliche Kältemittel für Wärmepumpen zur Sachkundezertifizierung; (3) Schulungen speziell für den Wärmepumpeneinbau im Bestand.
- Optimierung bestehender Heizungssysteme: Aktuell werden verschiedene – auch ordnungsrechtliche – Umsetzungsoptionen jenseits von Förderung erarbeitet und diskutiert.
- Energieeffizienzgesetz (EnEfG): Mit dem Energieeffizienzgesetz wird erstmals ein sektorübergreifender rechtlicher Rahmen zur Steigerung der Energieeffizienz geschaffen und das Ambitionsniveau des Klimaschutzgesetzes für die Energieeffizienz festgeschrieben.
Das Programm ist verabschiedet und wird nun dem Expertenrat für Klimafragen zur Stellungnahme zugeleitet. Anschließend berät die Bundesregierung über die zu ergreifenden Maßnahmen und beschließt diese schnellstmöglich. Die Maßnahmenvorschläge sollen aller Voraussicht nach in das umfassende Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung integriert werden.
Anmerkungen
Die Erreichung der Klimaschutzziele ist insbesondere im Gebäudesektor von großer Relevanz. In Deutschland entfallen rund 35 Prozent des Energieverbrauchs und etwa 30 Prozent der Treibhausgase auf den Gebäude-Sektor. Im Jahr 2021 verursachte dies einen Ausstoß von 115 Mio. Tonnen an Treibhausgasen (THG) und hatte 2020 einen Primärenergiebedarf von rund 900 TWh. Bis 2030 sollen nicht nur die Treibhausgaswerte nahezu halbiert, sondern auch der Energieverbrauch gesenkt werden. Das Sofortprogramm war notwendig geworden, weil die Emissionen des Gebäudesektors im Jahr 2021 die zulässige Jahresemissionsmenge um zwei Mio. Tonnen CO2-Äquivalente überschritten hatten.
Bereits vor wenigen Tagen wurden kleiner Anpassungen des GEG verabschiedet und der EH55-Neubaustandard zum 1. Januar 2021 eingeführt. Das verabschiedete Gesetz umfasst jedoch nur eine Standardanhebung für den Bereich des Primärenergieverbrauchs und unterlässt eine Erhöhung der Dämmwerte. In Ansehung steigender Energiepreise und einer mittlerweile unsicheren Energie- und Wärmeversorgung sind diese gestückelten Anhebungen für Neubau-Standards keineswegs unkritisch. Wichtige Punkte bleiben damit ungeklärt.
Von besonderer Bedeutung sind die geplanten Förderprogramme für die Sanierung kommunaler Gebäude. Neben privaten Wohnungen und Häusern bergen gerade auch die rund 180.000 Rathäuser, Schulen, Kindergärten, Sporthallen etc. sowie über 2 Mio. kommunalen Wohnungen große Potenziale. Strom- und Wärmeversorgung kosten Städte und Gemeinden jährlich ca. 5 Mrd. Euro. Mehr Energieeffizienz im kommunalen Bereich ist damit nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern auch der Entlastung kommunaler Haushalte. Diese Maßnahmen müssen durch eine gestärkte Förderung von Sanierungs- und Beratungsmaßnahmen durch Bund und Länder flankiert werden.
Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW), die das Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Dialog mit der Branche entwickelt hat, soll das zentrale Förderprogramm der Bundesregierung für den Ausbau und die Dekarbonisierung der Wärmenetze werden. Die BEW sollte im Jahr 2022 unter den neuen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (KUEBLL) notifiziert werden, die zum 1.1.2022 in Kraft getreten sind. Die beihilferechtliche Genehmigung für das BEW steht jedoch nach wie vor aus. Insofern bleibt es bislang bei einer Ankündigung im Rahmen des vorliegenden Sofortprogramms. Ohne eine ausreichende Förderung sind die hohen Investitionskosten für die Errichtung eines klimaneutralen Wärmenetzes nicht zu stemmen. Aus kommunaler Sicht ist am geplanten BEW zu kritisieren, dass in Netzen mit einer Länge von 20 bis 50 Kilometern der maximal zulässige Anteil von Biomasse an der jährlich erzeugten Wärmemenge im Netz im Endzustand der Transformation auf 25 Prozent begrenzt ist. Denn zahlreiche, vor allem ländlichere Kommunen würden um die Chance gebracht, bereits vorhandene CO2-freie Wärme aus Biogasanlagen sinnvoll für die Wärmewende zu nutzen. Insofern wäre eine stärkere Differenzierung, ob aus fester oder gasförmiger Biomasse, Abwärme oder direkter Verfeuerung die Wärme gewonnen wird, sinnvoll. Richtig erscheint jedoch, dass Ernteprodukte, die der Lebensmittelproduktion dienen, bei der Energie-/Wärmeversorgung an Bedeutung verlieren, da es genügend andere kommunale Bioreststoffe gibt, wie etwa nach dem jährlichen Knick-Schnitt, die für die Wärmewende eingesetzt werden können.
Vor diesem Hintergrund sind zusätzliche Impulse für Energie-Einsparungen und zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen für den Gebäudesektor dringend erforderlich und das Sofortprogramm durchaus begrüßenswert. Maßgeblich ist insofern, wie die angekündigten Vorschläge nunmehr konkret umgesetzt werden. Hierbei befinden sich viele Maßnahmen noch in einem scheinbar recht frühen Stadium. Maßgeblich erscheint es für die Erreichung der Klimaziele vor allem, dass neben der Vermeidung von Treibhausgasen zugleich auch dringend erforderliche Energieeinsparungen vorangetrieben werden. In Ansehung steigender Energiepreise und einer mittlerweile unsicheren Energie- und Wärmeversorgung, ist eine Schonung des Energieangebots dringend erforderlich.