Derzeit wird die nun notwendige politische Debatte über Konsequenzen des Karlsruher Richterspruches übereilt geführt. Das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Schutzpflicht des Staates auch die Verpflichtung umfasst, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Um den vom Gericht geforderten freiheitsschonenden Übergang in die Klimaneutralität zu gewährleisten, ist aber keine komplette Neuausrichtung der Klimaschutzpolitik erforderlich. Gefragt sind kluge strategische Entscheidungen – gerade vor dem Hintergrund, dass die Klimaschutzziele und die dafür notwendigen Maßnahmen langfristig angelegt sind.
Erfolgreicher Klimaschutz braucht die breite Zustimmung in der Bevölkerung. Diese erreichen wir allerdings nicht, wenn wir einseitig durch die Anhebung des CO2-Preises die Energiekosten von Eigenheimbesitzern und Mietern in die Höhe treiben. Ebenso wenig, wenn die vielen Pendler, die zwingend auf das Auto angewiesen sind, unverhältnismäßig belastet werden. Stattdessen muss der Grundsatz gelten, dass vor immer neuen Belastungen den Menschen und der Wirtschaft zunächst die Möglichkeit gegeben werden muss, ihr Verhalten im Interesse des Klimaschutzes zu verändern: in der Mobilität, beim Wohnen oder gegenüber der Ansiedlung von erneuerbaren Energien. Die Menschen werden mitmachen, wenn sie erleben, dass Klimaschutz kein Verzicht, sondern ein Mehr an Lebensqualität bedeutet: durch breitere Radwege, saubere Luft und den Schutz der Wälder.
Im Mittelpunkt muss dabei die Motivation stehen, mitzumachen und sich aktiv für den Klimaschutz zu engagieren – im Interesse eines gesellschaftlichen Konsenses zwischen den Generationen. Denn die erste Regel erfolgreichen Klimaschutzes lautet: Nicht nur sagen, was andere anders machen müssen, sondern selbst damit beginnen. Die Kommunen als die staatliche Ebene, auf der die konkrete Umsetzung erfolgt, nehmen dabei die zentrale Rolle ein. Deshalb sollten sie im Zentrum der jetzt notwendigen Maßnahmen stehen und breite Unterstützung von Bund und Ländern erfahren.
Es muss deutlich werden, dass beim Klimaschutz nicht nur die Formulierung von Zielen, sondern die konkrete Umsetzung vor Ort entscheidend ist. Deswegen brauchen wir dringend ein Klimaschutzbeschleunigungsgesetz, mit dem konkrete Klimaschutzvorhaben schneller, effektiver und unbürokratischer umgesetzt werden können. Um die Umsetzung zu vereinfachen, sollten auch Fragen der naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelungen überprüft und der Instanzenzug vor Gericht nach Möglichkeit auf eine Instanz beschränkt werden.