Naturschutz

Feuerwehr-Zwischenbilanz: Rekord-Waldbrandjahr 2022

Im Waldbrandsommer 2022 seien bis Mitte August allein in Deutschland fast 4300 Hektar Wald bei Großbränden von mehr als 30 Hektar verbrannt. Die verbrannte Fläche liege damit um mehr als dem Fünffachen des jährlichen Durchschnittswerts von knapp 776 Hektar (seit 1991). Im bisherigen Rekordjahr 2019 brannten 2711 Hektar Wald ab. Der Schaden erreichte 2022 nach Berechnungen der AGDW mit 30 bis 40 Millionen Euro (reiner Holzschaden) ebenfalls einen Rekordwert. Der Gesamtschaden für Gesundheit (zum Beispiel Feinstaub), Natur (zum Beispiel Klima) und Wirtschaft (zum Beispiel Tourismus) dürfte bei deutlich mehr als 600 Millionen Euro liegen. Laut einer Studie der UN werde die Zahl der jährlichen Waldbrände weltweit schon bis 2030 um 14 Prozent zunehmen, bis 2050 sogar um 30 Prozent.

Die Feuerwehr habe schon in den Jahren 2018 bis 2020 viele Brände zu bekämpfen gehabt, 2022 gab es nochmal eine Steigerung insbesondere in der Parallelität der Brandereignisse. Regional habe die Feuerwehr ihre Belastungsgrenze erreicht, und es musste bereits mehrfach überregional unterstützt werden. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden. Es müsse versucht werden, Waldbrände von vornherein zu verhindern. Es gelte das Primat der Prävention. Das Risiko von Waldbränden könne durch einen gezielten Waldumbau deutlich reduziert werden.

Der Wald habe vor allem als Mischwald eine Überlebenschance. Dieser Mischwald müsse konsequent durch aktiven Waldumbau angelegt werden. Vorrangig sollten Fichten- oder Kiefernwälder durch gezielte Verjüngung mit Laubbäumen brand- und zugleich auch klimaresilient umgebaut werden. Standortabhängig sollte eine sinnvolle Mischung von Baumarten und Altersklassen entstehen. Auch Erschließung und Gliederung des Waldes müsse optimiert werden. Dies umzusetzen, erfordere erhebliche Mittel, die mit den Erträgen aus der Forstwirtschaft, insbesondere bei nachhaltiger Bewirtschaftung, in den nächsten Jahren nicht erwirtschaftet werden könnten. Der Waldeigentümerverband schätzt die Kosten für den notwendigen Umbau je nach Bestand auf 5.000 bis 15.000 Euro je Hektar.

Die beiden Verbände kündigten an, in der Waldbrandprävention und -bekämpfung künftig enger zusammenzuarbeiten. Die Walderschließung solle stärker auch auf die Gefahrenabwehr ausgerichtet werden. Die Tragfähigkeit und Lichtraumprofile der Forstwege sollten die Bedürfnisse der Feuerwehren berücksichtigen. Sogenannte Schutzstreifen („Schneisen“) oder Waldbrandriegel seien überall dort vorzusehen, wo eine besondere Gefährdung vorliege. In einem Schutzstreifen finde sich kein brennbarer Bewuchs, ein Waldbrandriegel seit dagegen ein Bewuchs aus weniger brandgefährdeten oder brandgefährlichen Bäumen, der in der notwendigen Breite zwischen großflächigen Waldgebieten mit leichter brennbaren Beständen oder Siedlungen angelegt wird.

Die Erfahrungen aus den letzten Jahren, insbesondere aber aus 2022, zeigten, dass falsch verstandener Naturschutz dazu führen könne, dass eine Bekämpfung von Bränden unnötig erschwert und verzögert werde. Durch die Brände gehe oft viel mehr Natur für viele Jahre und vor allem im Bereich von Hängen auch durch Erosion dauerhaft verloren als mit besserer Abstimmung vermeidbar gewesen wäre. Ein Waldbrand vernichte auch die mit jedem Hektar Wald verbundenen Ökosystemleistungen.

Konkretes Beispiel sei vor allem das Totholz im Wald, das in zu großer Menge die schnelle Brandausbreitung am bzw. im Boden begünstige und die direkte Brandbekämpfung im Wald zu gefährlich und damit unmöglich mache. Im Bedarfsfall sei ein integratives Totholz-Management zu entwickeln. Totholz sei zwar wichtig für die Rückgabe von Nährstoffen an den Waldboden und als Rückzugsräume insbesondere für Insekten und Kleintiere. In besonders gefährdeten Gebieten sei jedoch auch in Schutzgebieten eine Beschränkung im Sinne einer wirksamen Brandbekämpfung notwendig. Auch die Verweigerung gegenüber dem Einsatz von Zusätzen zum Löschwasser, etwa Netzmitteln und Retardants erschwere und verlängere die Löschmaßnahmen, so dass sich Brandflächen unnötig ausweiten könnten.

Beide Verbände wiesen darauf hin, dass der Nutzen des Waldes weit über den rein wirtschaftlichen Ertrag des Holzes gehe. Der Wald bringe viele Vorteile für die Gesellschaft und die Umwelt. Er sei Klimaschützer, Schadstofffilter, Sauerstofferzeuger, Schützer gegen Sonne und Wind, Wasserspeicher und Naherholungsgebiet in einem. Die Erhaltung des Waldes sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (s. auch www.feuerwehrverband.de).

Unter www.feuerwehrverband.de steht ein Dokument mit notwendigen Maßnahmen für Prävention und Gefahrenabwehr zum Download zur Verfügung. Informationen zum Arbeitskreis Waldbrand des DFV gibt es unter www.feuerwehrverband.de/fachliches/ak/ak-waldbrand/.

Anmerkungen DStGB

Der DStGB teilt die Einschätzungen des Deutschen Feuerwehrverbandes und der AGDW Die Waldeigentümer. Der Klimawandel ist mit voller Wucht in unseren Wäldern angekommen. Die Folgen der seit 2018 herrschenden „Feuerwetter“ mit extremer Hitze, Dürre und einhergehenden Kalamitäten spiegeln sich auch in der Waldbrandstatistik wider. Um die Wälder an die steigenden Risiken des Klimawandels anzupassen, müssen nach Untersuchungen des Thünen-Instituts Wälder mit führender Baumart Fichte oder Buche auf einem Viertel der Gesamtwaldfläche in Deutschland (2,85 Millionen Hektar) umgestaltet werden. Sie sind einem hohen Risiko durch Trockenheit und Schaderregerbefall ausgesetzt. Hierfür ist ein Aufwand in Milliardenhöhe erforderlich, der sich nur mit Unterstützung von Bund und Ländern schultern lässt.

Experten sagen für die kommenden Jahrzehnte ein steigendes Waldbrandrisiko voraus. Sie gehen davon aus, dass die Waldbrände in ihrem Verlauf dynamischer und damit kritischer werden. Zwar sind im internationalen Vergleich die Waldgebiete in Deutschland besser erschlossen. auch ist die Dichte der Feuerwehren, insbesondere der Freiwilligen Feuerwehren mit über 900.000 Einsatzkräften, weltweit einmalig. Aber es zeigt sich, dass bereits kleinere Vegetationsbrände in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland ganze Ortschaften bedrohen können, wenn sie außer Kontrolle geraten. Vor diesem Hintergrund haben der Deutsche Feuerwehrverband und der Deutsche Städte- und Gemeindebund im Dezember 2020 ein „Nationales Konzept für besonders große und schwierige Vegetationsbrände“ erstellt, dass Verbesserungspotenziale für vorhandene Strukturen aufzeigt.

Das nationale Konzept nennt Verbesserungspotenzial in folgenden Bereichen:

·      Prävention (Sensibilisierung von Bevölkerung und Waldbesitzern, Ausbau der Rettungspunkte Forst, Einrichtung und Ausbau von Früherkennungssystemen, Kartenmaterial und Geo-Informationssysteme, Informationsaustausch, Vorbeugender Waldbrandschutz, waldbauliche Maßnahmen, Überprüfung von Munitionsverdachtsflächen, Harmonisierung des Kampfmittelbeseitigungsrechts, Abstimmung der Maßnahmen)

·      Organisation/Taktik (stärkere Verantwortungsübernahme bei Bund und Ländern, Unterstützung kommunaler Behörden bei Einsatzplanung, klare Anforderungs- und Kostenübernahmeregelungen, zentrale Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, bundesweit einheitliche Ausbildung in Vegetationsbrandbekämpfung, Führungslehrgänge für Langzeitlagen, regelmäßige gemeinsame Übungen)

·      Technik/Ausstattung (Beschaffung geeigneter Schutzkleidung, Entwicklung eines einfachen Atemschutzes, [Ersatz-]Beschaffung geeigneter Fahrzeuge, Sicherstellung ausreichender Anzahl von Hubschraubern mit Außenlastbehältern, Entwicklung und Beschaffung von Spezialfahrzeugen durch den Bund, Optimierung der Löschwasserförderungstechnik, Etablierung überörtlich einsetzbarer Einheiten, Stationierung von Task-Forces bei Feuerwehren, Optimierung der Einsatztechnik bei kampfmittelbelasteten Flächen)

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