Klimaschutz

Expertenrat bewertet Klimaschutzsofortprogramm

Der Expertenrat für Klimafragen hat in seiner Stellungnahme das Klimaschutzprogramm 2023 der Bundesregierung bezüglich der ausgewiesenen Treibhausgasminderung Stellung bewertet und übergreifend eingeordnet.

Deutliche Emissionsminderungen möglich, weiterhin große Lücke zu Zielen des Klimaschutzgesetzes

Das Programm beinhaltet rund 130 Maßnahmen. Bei konsequenter Umsetzung des Programms soll sich die kumulierte Lücke zum Zielpfad des Klimaschutzgesetzes (KSG) für die Jahre 2021 bis 2030 auf rund 200 Mt CO2-Äq. verringern. Dies sind ambitionierte Zielsetzungen, deren Minderungsanspruch dennoch zu gering ist.

Zudem werden viele Handlungsfelder zur Treibhausgasminderung adressiert, die bereits in der Vergangenheit bearbeitet wurden. Hier sieht der Expertenrat einen großen Bedarf alle verfügbaren Handlungsfelder zu erschließen und nennt ausdrücklich den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Insgesamt fehle es an einem zusammenhängendes konsistentes Gesamtkonzept und ein übergreifender Maßnahmenrahmen. Dazu zähle vor allem eine deutlich verbesserte Datengrundlage für die Klimapolitik. Die im Zusammenhang mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes besonders herausgehobene Gesamtverantwortung der Bundesregierung für die Erreichung der Klimaziele bildet aus Sicht des Expertenrates hierfür eine gute Grundlage.

Verkehr und Gebäude: unzureichend als Sofortprogramme

Im Rahmen des Prüfberichts der Maßnahmen im Gebäudebereich sieht der Expertenrat deutliche Überschneidungen mit dem Sofortprogramm 2022 für den Gebäudesektor. Viele Maßnahmen seien bereits implementiert. Andere seien hingegen hinsichtlich ihrer Umsetzung unsicher, da sie sich in der politischen Diskussion befinden und ihnen der Konkretisierungsgrad fehle. Ebenso werde die Klimaschutzwirkung bestimmter Maßnahmen überschätzt. Insofern seien die von der Bundesregierung ausgewiesene Minderungswirkung der Maßnahmen nicht ausreichend, um das Treibhausgas-(THG-)Budget für den Gebäudesektor einzuhalten. So bleibt laut dem Expertenrat für den Gebäudesektor eine kumulierte Lücke bis zum Jahr 2030 von 35 Mt CO2-Äq.

Im Verkehrssektor beträgt die Lücke bis 2030 zwischen 117 und 191 Mt CO2-Äq. Die Spannbreite ergibt sich aus den unterschiedlichen Abschätzungen von BMDV und BMWK. Der Expertenrat stellt damit fest, dass laut der Zahlen der Bundesregierung die vorgelegten Maßnahmen zwar eine emissionsmindernde Wirkung haben, aber die Anforderung an ein Sofortprogramm gemäß Klimaschutzgesetz nicht erfüllen.

Anmerkungen des DStGB

Die Bewertung des Expertenrats für Klimafragen zeigt weiterhin deutliche Defizite in den Klimaschutzbemühungen der Bundesregierung. Insbesondere der Verkehrs- und Baubereich stechen hier hervor. Beide Bereiche hatten ihre Ziele in den letzten Jahren verfehlt. Die bislang vorgeschlagenen Maßnahmen waren nur bedingt als tauglich bewertet worden. Der Expertenbeirat kritisiert zum einen, dass das im Programm dargestellten Minderungsvolumen aufgrund unzureichender Daten nicht nachvollzogen werden kann. Zudem wird bemängelt, dass die Bundesregierung nicht darlegt, wie die verbleibende Differenz zu den KSG-Zielen geschlossen werden soll.

Ein ähnliches Bild zeichnet auch der, vom Umweltbundesamt (UBA) koordinierte, Projektionsbericht 2023 der Bundesregierung zur aktuellen Klimaschutzpolitik. Auch dieser Bericht zeigt, dass das Erreichen der nationalen Klimaziele bis 2030 und 2045 ohne zusätzliche Maßnahmen signifikant gefährdet ist.

Bewertung Verkehr

Der Expertenbeirat stellt in seiner Stellungnahme fest, dass die die Anforderungen des Klimaschutzprogramms gemäß bisherigem Klimaschutzgesetz im Verkehrsbereich nicht erfüllt werden. Die verbleibende Klimaschutz-Lücke ist laut dem Projektionsbericht 2023 zu etwa zwei Dritteln auf den Verkehrssektor zurückzuführen kritisiert auch das BMWK. Klar ist, dass es insbesondere in diesem Bereich zusätzlicher Maßnahmen zum Klimaschutz bedarf, auch wenn die Zielerreichung künftig sektorübergreifend in einem angepassten Klimaschutzgesetz ermöglicht werden soll.

Die im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung genannten Maßnahmen im Verkehrsbereich müssen mit tatsächlichen Mitteln und Programmen hinterlegt und die vorhandenen Förderzeiträume ausgeweitet werden. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit, damit sie Personal einstellen und die Verkehrsinfrastruktur auf mehr Klimaschutz ausrichten können. Ebenso muss der rechtlich-regulatorische Rahmen, angefangen bei StVG und StVO, stärker auf Klimaschutz, kommunale Entscheidungsspielräume und schnellere Planungsverfahren angepasst werden.

Für eine klimaschutzbezogene Verkehrswende braucht es zum zudem Fördermittel, die mehr als bisher auch strukturschwache und ländliche Kommunen erreichen müssen. Daneben müssen fehlende Personalressourcen adressiert werden, die eine zentrale Herausforderung für viele Kommunen darstellen. Hierbei sollten Bund und Länder gemein-sam mit den Kommunen neue Wege gehen. So könnten Planungskapazitäten auch durch regional verankerte Planerpools oder Mobilitätsmanager geschaffen werden, die sich beispielsweise um den Ausbau von Radinfrastruktur oder Ladeinfrastruktur kümmern. Großes Klimaschutzpotenzial bieten kommunale Gebäude und Fahrzeuge, bei welchen der Umstieg auf saubere Antriebe und dazugehörige Ladeinfrastruktur in große Maße gefördert werden sollte. Um die Klimawirkung des Deutschlandtickets zu erhöhen, müssen neben einem attraktiven Preis vor allem die Angebote zum Umstieg auf den ÖPNV vorhanden sein. Hierzu braucht es nun den Beschluss des im Koalitionsvertrag verankerten ÖPNV-Pakts zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Basis hierfür kann nur eine auskömmliche Finanzierung sein, die bislang jedoch nicht absehbar ist.

Bewertung Gebäudebereich

Auch der Gebäudebereich weist laut Expert/innen deutliche Defizite auf. Die Erreichung der Klimaschutzziele ist insbesondere im Gebäudesektor von großer Relevanz. In Deutschland entfallen rund 35 % des Energieverbrauchs und etwa 30 % der Treibhausgase auf den Gebäudesektor. Sofortmaßnahmen sind wesentlich, denn die Emissionen des Gebäudesektors überschreiten die zulässige Jahresemissionsmengen. Mehr Energieeffizienz im kommunalen Bereich ist zudem wesentlich, um kommunale Haushalte langfristig zu entlasten. Diese Maßnahmen müssen durch eine gestärkte Förderung von Sanierungs- und Beratungsmaßnahmen durch Bund und Länder flankiert werden.

Der Fokus bei Sanierung ist dabei nicht auf Einzelgebäude beschränkt. Vielmehr bietet es sich gerade auf Ebene der Stadt- und Gemeindeplanung an, ganze Wohnviertel oder Gebäudekomplexe in den Blick zu nehmen. Gerade zur Umsetzung der Wärmewende braucht es eine solche energetische Quartierssanierung und entsprechende Verrechnungsmöglichkeiten bei teilweiser Übererfüllung der Energieeffizienzmaßnahmen.

Mit Blick auf die einzelnen im Programm dargelegten Punkte wird im Unterpunkt „Initiative öffentliche Gebäude“ auf die Steigerung der Sanierungsrate öffentlicher Gebäude und die Umsetzung der Vorgaben der EU-Energieeffizienzrichtlinie hingewiesen. Maßgeblich erscheint es für die Erreichung der Klimaziele, dass neben der Vermeidung von Treibhausgasen zugleich auch dringend erforderliche Energieeinsparungen vorangetrieben werden. In Ansehung steigender Energiepreise und einer nach wie vor unsicheren Energie- und Wärmeversorgung, ist eine Schonung des Energiedargebotes dringend erforderlich. In Ergänzung verweist der DStGB auf die Stellungnahmen für die Themenfelder des Gebäudeenergiegesetzes, Energieeffizienzgesetzes sowie des Wärmeplanungsgesetzes.

Der Fokus auf die Verbesserung der kommunalen Förderangebote im Bereich der Gebäude- und Stadtsanierung sowie auch im Bereich der Wärmeplanung wird begrüßt. Dabei ist es notwendig, dass die angekündigten Fördermaßnahmen schnellstmöglich und umfangreich in die Umsetzung kommen. Hierbei befinden sich viele Maßnahmen in einem noch nicht abgeschlossenen Stadium. Um den Erfolg der Gebäudesanierung und auch der Wärmeplanung zu gewährleisten, braucht es klarer gesetzlicher Rahmenbedingungen für Städte, Landkreise und Gemeinden. Einseitige materiell-rechtliche Verpflichtungen ohne die Lösung der Finanzierungsfrage werden abgelehnt. Von ebenfalls hoher Priorität ist die Bereitstellung niedrigschwelliger Beratungs- und Schulungsangebote für Städte, Landkreise und Gemeinden, um hier den Kompetenzaufbau kurzfristig sicherzustellen.

Weitere Informationen:

 

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