Koalitionsvertrag

DStGB-Analyse zur Gesundheitspolitik

Auszüge aus dem Koalitionsvertrag:

Ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung

„Um die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen zu fördern, setzen wir zügig für geeignete Leistungen eine sektorengleiche Vergütung durch sogenannte Hybrid-DRG um. Durch den Ausbau multiprofessioneller, integrierter Gesundheits- und Notfallzentren stellen wir eine wohnortnahe, bedarfsgerechte, ambulante und kurzstationäre Versorgung sicher und fördern diese durch spezifische Vergütungsstrukturen. Zudem erhöhen wir die Attraktivität von bevölkerungsbezogenen Versorgungsverträgen (Gesundheitsregionen) und weiten den gesetzlichen Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern aus, um innovative Versorgungsformen zu stärken. In besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen (5 Prozent) errichten wir niedrigschwellige Beratungsangebote (z.B. Gesundheitskioske) für Behandlung und Prävention. Im ländlichen Raum bauen wir Angebote durch Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen aus. Die ambulante Bedarfs- und stationäre Krankenhausplanung entwickeln wir gemeinsam mit den Ländern zu einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung weiter.

Die Notfallversorgung soll in integrierten Notfallzentren in enger Zusammenarbeit zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und den Krankenhäusern (KH) erfolgen.

Wir stellen gemeinsam mit den KVen die Versorgung in unterversorgten Regionen sicher. Wir heben die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich auf. Die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtern wir und bauen bürokratische Hürden ab.“

Anmerkung des DStGB

Die Gesundheitspolitik muss die Vernetzung zwischen den niedergelassenen Haus- und Fachärzten, Krankenhäusern, Rettungsdiensten, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen unter Nutzung der Digitalisierung und telemedizinischen Möglichkeiten beschleunigen. Intersektorale Versorgungsstrukturen sollten vorangetrieben und die Rolle der Kommunen gestärkt werden. Die Ankündigungen im Koalitionsvertrag gehen in die richtige Richtung. Dies gilt für die Ermöglichung regelhafter telemedizinischer Leistungen, die beschleunigte Einführung der elektronischen Patientenakte, den Ausbau der Angebote von Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen sowie die sektorenübergreifende medizinische Versorgung. Richtig ist auch, mit den KVen die Versorgung in unterversorgten Regionen zum Beispiel durch die Aufhebung der Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich sicherzustellen. Die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen soll erleichtert und bürokratische Hürden abgebaut werden. Dies ist grundsätzlich zu unterstützen, allerdings sollten die Versorgungszentren vorrangig von den KVen betrieben werden. Zur Gewinnung von Fachkräften sollten auch die im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse beschleunigt anerkannt werden.

Gesundheitsförderung

„Wir entwickeln das Präventionsgesetz weiter und stärken die Primär- und Sekundärprävention. Dem Leitgedanken von Vorsorge und Prävention folgend stellen wir uns der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zielgruppenspezifisch und umfassend. Wir unterstützen die Krankenkassen und andere Akteure dabei, sich gemeinsam aktiv für die Gesunderhaltung aller einzusetzen. Wir schaffen einen Nationalen Präventionsplan sowie konkrete Maßnahmenpakete z.B. zu den Themen Alterszahngesundheit, Diabetes, Einsamkeit, Suizid, Wiederbelebung und Vorbeugung von klima- und umweltbedingten Gesundheitsschäden. Zu Gunsten verstärkter Prävention und Gesundheitsförderung reduzieren wir die Möglichkeiten der Krankenkassen, Beitragsmittel für Werbemaßnahmen und Werbegeschenke zu verwenden.“

Anmerkung des DStGB

Dass Menschen gesund aufwachsen, gesund leben und älter werden, ist nicht nur eine Frage der individuellen Lebensweise. Umweltbedingungen, Ernährung, Wohnverhältnisse, vorhandene Bewegungsräume und Teilhabe-Möglichkeiten haben einen ebenso entscheidenden Einfluss. Die gesundheitsfördernde Stadtentwicklung und die Prävention sollten selbstverständliches Leitbild einer jeden Kommune sein. Die Umsetzung des Präventionsgesetzes bietet eine Chance zur substanziellen Unterstützung gesundheitsorientierter Planung in den Kommunen. Die Krankenkassen sind dabei notwendige Partner. Allerdings entfallen auf Prävention und Gesundheitsschutz nur rund drei Prozent der Gesundheitsausgaben. Hinzu kommt, dass zumindest auf Bundesebene der GKV-Spitzenverband primär den öffentlichen Gesundheitsdienst als Partner ansieht und die zahlreichen Maßnahmen der Städte und Gemeinden nicht unterstützt werden. Erschwert wird die Arbeit vor Ort, wenn die Krankenkassen Einzelmaßnahmen fördern, die nicht in die Gesamtstrategie einer Kommune integriert sind oder durch die unterschiedliche Förderpraxis. Von daher sind die Ankündigungen im Koalitionsvertag zu begrüßen. Dies gilt auch für die Ankündigung, in besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen niedrigschwellige Beratungsangebote (zum Beispiel Gesundheitskioske) für Behandlung und Prävention einzurichten. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, wenn sich die intersektorale Gesundheitspolitik durchsetzen würde, nachhaltig unterstützt durch ein hoffentlich überarbeitetes Präventionsgesetz und durch die Krankenkassen.

Öffentlicher Gesundheitsdienst

„Als Lehre aus der Pandemie bedarf es eines gestärkten Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), der im Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen sichergestellt wird. Wir verlängern beim Pakt für den ÖGD die Einstellungsfristen und appellieren an die Sozialpartner, einen eigenständigen Tarifvertrag zu schaffen. Auf der Grundlage des Zwischenberichts stellen wir die notwendigen Mittel für einen dauerhaft funktionsfähigen ÖGD bereit.“

Anmerkung des DStGB

Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, welch zentrale Bedeutung der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) bei der Pandemiebekämpfung hat. Der Pakt für den ÖGD war notwendig. Von daher ist die grundsätzliche Aussage zur Stärkung des ÖGD zu begrüßen. Die neue Bundesregierung muss, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen sicherstellen, dass der ÖGD auch nachhaltig und dauerhaft unterstützt wird. Von daher ist zu bedauern, dass die Förderung nur bis zum Jahr 2026 vorgesehen ist. Dabei müssen auch die mit dem Pakt für den ÖGD vorgesehenen Maßnahmen zur Ausweitung und Steigerung der Attraktivität im Personalbereich des ÖGD verstetigt werden. Leider fehlt es an dieser konkreten Zusage. Ebenfalls muss die neue Bundesregierung mit darauf hinwirken, dass der ÖGD in der Ärzteausbildung besser berücksichtigt wird und mehr Ärztinnen und Ärzte mit ÖGD-spezifischer Ausbildung zur Verfügung stehen. Selbstverständlich müssen auch die Länder ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen.

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