Bundestag und Bundesrat haben eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Überschreitet ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen den Schwellenwert von 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert, so sollen dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche Maßnahmen gelten. Es handelt sich dabei um eine Vielzahl von Maßnahmen, mit denen Kontakte deutlich reduziert werden sollen. Diese Maßnahmen sind im neu eingefügten § 28b Infektionsschutzgesetz zu finden. Dies sind in erster Linie die Maßnahmen, die bereits zwischen den Ländern und dem Bund zur Notbremse vereinbart wurden.
Der DStGB begrüßt grundsätzlich, dass es nun bei Überschreiten einer Inzidenz von 100 einen zwingenden bundeseinheitlichen Rahmen geben wird, der von allen zu befolgen ist. Die Lage in den Kommunen ist so Ernst, dass wir um eine einheitliche Regelung nicht herumkommen, wenn der überwiegende Teil (87 Prozent) der Kreise und kreisfreien Städte über der vereinbarten „Notbremse“ liegen und die Intensivmediziner vor eine Überlastung des Gesundheitssystems warnen.
Auch die im Gesetz enthaltenen Nachbesserungen zur Corona-Notbremse sind aus Verbandssicht nachvollziehbar: "Es ist richtig, die Ausgangsbeschränkungen erst ab 22.00 Uhr vorzusehen. Andernfalls wären die Menschen alle zur selben Zeit abends noch in die Lebensmittelgeschäfte geströmt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Anders als in anderen EU-Ländern, wo es strikte Ausgangssperren auch tagsüber gegeben habe, gebe es in Deutschland nur eine nächtliche Ausgangsbeschränkung, die viele Ausnahmen zulasse, sagte Landsberg. "Es ist auch richtig, die Schulen bereits ab Inzidenzwerten von 165 zu schließen, denn 200 wäre doch eine verdammt hohe Zahl. Wenn wir auf die aktuellen Werte schauen, bedeutet das Gesetz, dass die Schulen in Deutschland kommende Woche weitgehend wieder schließen müssen."
Die Maßnahmen im Einzelnen
Kontaktbeschränkungen: Kontaktbeschränkungen für private Treffen drinnen und draußen Bei einer Inzidenz über 100 darf sich ein Hausstand nur mit einer weiteren Person treffen.
Geschäfte: Offenbleiben können der Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung, ebenso Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Entsprechende Hygienekonzepte und die Maskenpflicht sind einzuhalten. Nach dem neuen Vorschlag soll der Einzelhandel nicht – wie ursprünglich geplant – bei einer Inzidenz von über 100 schließen müssen. Zwischen einer Inzidenz von 100 bis 150 sollen Geschäfte nach vorheriger Terminbuchung aufgesucht werden dürfen. Voraussetzung dafür: ein negativer Corona-Test. Vorher bestellte Waren könnten bei allen Inzidenzwerten abgeholt werden. Fahrrad- und Autowerkstätten, Banken und Sparkassen und Poststellen dürfen ebenfalls offenbleiben.
Körpernahe Dienstleistungen: Körpernahe Dienstleistungen sollen nur zu medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken in Anspruch genommen werden. Der Friseurbesuch ist weiterhin erlaubt, auch die Fußpflege. Die Kunden müssen einen negativen Corona-Test vorlegen können – und Maske tragen. Andere körpernahe Dienstleistungen sollen nicht mehr möglich sein.
Ausgangsbeschränkungen: Im Zeitraum zwischen 22 Uhr und 5 Uhr darf nur derjenige das Haus verlassen, der einen guten Grund hat, zum Beispiel arbeitet, medizinische Hilfe braucht oder den Hund ausführen muss. Alleine spazieren gehen und Sport treiben bleibt ist zwischen 22 Uhr und 24 Uhr erlaubt. Zwischen Mitternacht und 5 Uhr ist dies nicht gestattet.
Kein Präsenzunterricht bei einer Inzidenz über 165: Bei einer Inzidenz über 165 soll der Präsenzunterricht in Schulen und die Regelbetreuung in Kitas untersagt werden. Mögliche Ausnahmen: Abschlussklassen und Förderschulen. Die Regelung wird auf berufsbildende Schulen erweitert.
Pflicht zum Homeoffice: Geregelt wird auch, dass bis maximal zum 30. Juni eine Pflicht zum Homeoffice für Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht. Arbeitgeber sind verpflichtet, bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten Arbeiten im Homeoffice anzubieten und Arbeitnehmer müssen dieses Angebot annehmen.
Verordnungsermächtigung für den Bund: Zudem wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat weitere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus und besondere Regelungen für geimpfte oder negativgetestete Personen zu erlassen.
Inkrafttreten: Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten. Es kann davon ausgegangen werden, dass es in der 17. Kalenderwoche in Kraft treten wird.