Das Bundeskabinett hat die Gesetzesentwürfe zur Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) und der Kompensation von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden infolge der Corona-Pandemie am 24. Juni 2020 verabschiedet. Ferner sollen die Haushalte der neuen Länder durch eine Reduzierung ihres Anteils an den Erstattungen für die Aufwendungen der Rentenversicherung aus den Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR entlastet werden. Diese sich für die neuen Länder hieraus ergebenden finanziellen Spielräume sollen zur Stärkung der kommunalen Investitionen aufgewendet werden.
Kompensation der Ausfälle der Gewerbesteuer
Der Bund erkennt an, dass er angesichts des bundesweiten starken Einbruchs der Steuereinnahmen der Gemeinden im Zuge der Corona-Pandemie gefordert ist, die Kommunen kurzfristig finanziell zu unterstützen, um die öffentliche Daseinsvorsorge und die kommunalen Investitionen als unverzichtbare Grundlage für den wirtschaftlichen Aufholprozess in der Pandemie zu gewährleisten. Im Rahmen des Koalitionsausschusses am 2./3. Juni 2020 hatten sich die Koalitionäre daher u.a. darauf verständigt, dass der Bund die Hälfte des Corona bedingten Gewerbesteuerausfalls (netto) kompensiert. Die andere Hälfte ist von den Ländern zu tragen.
Zur Gewährung der Hilfen wird seitens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) eine Änderung des Grundgesetzes für erforderlich erachtet. Konkret soll ein neuer Artikel 143h ins Grundgesetz eingefügt werden. Dieser Artikel soll explizit nur einmalig im Jahr 2020 Anwendung finden und sicherstellen, dass neben dem pauschalen Ausgleich des Bundes für Gewerbesteuer-Mindereinnahmen zu Gunsten der Gemeinden die Länder zu gleichen Teilen die erwarteten Gewerbesteuerausfälle im jeweiligen Land kompensieren. Ferner wird sichergestellt, dass der Ausgleich bei der Bemessung der Finanzkraft unberücksichtigt bleibt.
Grundlage für die Höhe der Kompensation ist die regionalisierte Schätzung der Gewerbesteuermindereinahmen, die auf den Ergebnissen des AK Steuerschätzungen vom Mai 2020 basiert. Der pauschale Ausgleich gemeindliche Gewerbesteuermindereinnahmen unter Berücksichtigung der Finanzausgleichswirkungen führt für den Bund zu Mehrausgaben im Jahr 2020 in Höhe von 6,134 Mrd. Euro und für die Haushalte der Länder zu einer Mehrbelastung in Höhe von 4,834 Milliarden Euro. Die Differenz zwischen den 10,968 Mrd. Euro und den prognostizierten Gewerbesteuermindereinnahmen in Höhe von rund 11,8 ist damit zu erklären, dass die Stadtstaaten Berlin und Hamburg keine Beiträge an Kommunen weiterleiten, insofern fällt auch kein Landesanteil an.
Die Verteilung auf die Gemeinden orientiert sich dabei an der zu erwartenden Verteilung der Gewerbesteuermindereinahmen, obliegt im Einzelnen aber den Ländern.
Um die kommunale Investitionsfähigkeit zu erhalten, wäre es allerdings notwendig, dass Bund und Länder die im jeweiligen Bundesland tatsächlich entstandenen Gewerbesteuerausfälle der Gemeinden kompensieren. Die Ergebnisse des AK Steuerschätzungen wird nach wie vor als zu optimistisches Szenario eingeschätzt. Es steht daher zu befürchten, dass ohne eine gesetzliche Zusage zur Kompensierung der tatsächlichen Gewerbesteuerausfälle zumindest neue investive kommunale Infrastrukturprojekte auf Eis gelegt werden, bis Klarheit über die tatsächlichen Einnahmen vorliegt.
Zur genaueren Ermittlung der tatsächlichen Gewerbesteuerausfälle ist zumindest im Grundsatz ein zügiges Meldeverfahren vorstellbar. Zum Stichtag des 15. November liegen in den Kommunen wesentliche Informationen vor, um in einem schnellen und einfachen, manipulationsresistenten standardisierten Verfahren das Ist-Aufkommen der Gewerbesteuer des Jahres 2020 zu prognostizieren.
Kosten der Unterkunft
Mit der beabsichtigten Erhöhung der Bundesbeteiligung an den KdU um25 Prozent und insgesamt bis zu 74 Prozent der gesamten KdU wird eine langjährige Forderung des DStGB erfüllt. Diese dauerhafte Entlastung der Kommunalfinanzen ist ein wesentlicher Beitrag zum Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse und gerade in der Corona-Krise ein entscheidender Durchbruch für die vom DStGB in Berlin langjährig erhobene Forderung.
Positiv hervorzuheben ist, dass bereits für das Jahr 2020 die Anhebungder Bundesbeteiligung ohne Einschränkungen erfolgen soll. Der Bund beteiligt sich damit bereits ab diesem Jahr jährlich um ca.3,4Mrd.Eurozusätzlich an den KdU.
Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes
Der von den Ländern im Beitrittsgebiet zu tragende Anteil an den Erstattungen für die Aufwendungen der Rentenversicherung aus den Zu-atzversorgungssystemen der ehemaligen DDR wird von 60 Prozent auf 50 Prozent reduziert. Der Anteil des Bundes steigt entsprechend von 40 Prozent auf 50 Prozent. Intention der Erhöhung des Bundesan-teils ist eine Entlastung der ostdeutschen Landeshaushalte (um rund 340 Mio. € jährlich ab 2021), um mit den frei gewordenen Mitteln die Investitionstätigkeit ihrer Kommunen zu stärken. Ein entsprechender Hinweis wurde explizit in die Gesetzesbegründung mit aufgenommen.
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