Das Haushaltsjahr 2020 stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie und den Krisenbewältigungsmaßnahmen. Nach den vorläufigen Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik des Statistischen Bundesamtes haben Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen das Jahr 2020 mit dem höchsten Finanzierungsdefizit seit der Wiedervereinigung abgeschlossen. Insgesamt beläuft sich das Minus auf 189,2 Mrd. Euro (Kern- und Extrahaushalte). Im Vorjahr konnte noch ein Überschuss in Höhe von 45,2 Mrd. Euro erwirtschaftet werden.
Mit -129,9 Mrd. Euro fällt das Defizit beim Bund am höchsten aus (2019: +14,8 Mrd. Euro). Die Länder erzielten ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 33,5 Mrd. Euro (2019: +16,6 Mrd. Euro), auch bei den Sozialversicherungen war die Corona-Pandemie deutlich spürbar (von +8,1 auf -27,9 Mrd. Euro). Die Gemeinden und Gemeindeverbände konnten das Haushaltsjahr 2020 in der Summe noch mit einem leicht positiven Finanzierungssaldo in Höhe von 2,0 Mrd. Euro abschließen (2019: +5,6 Mrd. Euro).
Insgesamt stiegen die Ausgaben des Öffentlichen Gesamthaushalts deutlich um 12,1 Prozent auf 1.678,6 Mrd. Euro an. Im Gegenzug sanken jedoch die öffentlichen Einnahmen im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 3,5 Prozent auf insgesamt 1.489,4 Mrd. Euro. Die gestiegenen Ausgaben des Öffentlichen Gesamthaushalts lassen sich hauptsächlich durch die gestiegenen Zuweisungen und Zuschüsse infolge der Corona-Pandemie erklären. So gingen vom Bund an die Länder rund 17,8 Mrd. Euro, die als Corona-Hilfen an kleine Unternehmen und Soloselbstständige weitergeleitet werden (davon 14,1 Mrd. Euro Soforthilfen und 3,7 Mrd. Euro Überbrückungshilfen). Rund 13 Mrd. Euro gingen als Zuweisungen an den Gesundheitsfonds, aus dem die Krankenkassen Mittel erhalten, um Leistungen für ihre Versicherten zu finanzieren. Der Rückgang der Einnahmen des Öffentlichen Gesamthaushalts begründet sich im Wesentlichen durch die geringeren Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben. Diese sind im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 3,8 Prozent auf 1.308,4 Mrd. Euro gesunken. Allein beim Bund sanken die Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben im Jahr 2020 im Vorjahresvergleich um 11,5 Prozent auf 315,8 Mrd. Euro.
Kommunale Ergebnisse
In der Summe haben die kommunalen Kernhaushalte das Jahr 2020 mit einem positiven Finanzierungssaldo in Höhe von 2,7 Mrd. Euro abgeschlossen, im Vorjahr waren es noch 4,5 Mrd. Euro (Kern- und Extrahaushalte: 2,0 Mrd. Euro und in 2019 5,6 Mrd. Euro). Dass noch ein positiver Saldo erwirtschaftet werden konnte, ist von einer trotz Teil-Lockdowns guten Entwicklung der Steuereinnahmen im 4. Quartal und geringeren Ausgaben für soziale Leistungen als zuvor noch angenommen, im Wesentlichen auf den kommunalen Rettungsschirm sowie das Auslaufen des erhöhten Landesvervielfältigers bei der Gewerbesteuerumlage zurückzuführen.
Konkret fielen die Zuweisungen an die Kommunen insgesamt deutlich höher als im Vorjahr aus (was unter anderem auf die Gewerbesteuerausfallkompensation in Höhe von 11,8 Mrd. Euro zurückzuführen ist). Zudem hat der Bund auch dauerhaft seine Beteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung erhöht, 2020 stieg daher der Bundesanteil um 51,9 Prozent auf nunmehr 8 Mrd. Euro an. Insgesamt betrugen die kommunalen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach SGB II 11,8 Milliarden Euro (+2,7 Prozent). Zur Beteiligung der Kommunen an den Kosten der Länder beim Solidarpakt galt für die westdeutschen Kommunen bis 2019 ein erhöhter Landesvervielfältiger bei der Gewerbesteuerumlage. 2019 führten die Kommunen in den alten Ländern aufgrund dessen rund 3,4 Mrd. Euro an ihre Länder ab. Diese Regelung lief 2019 planmäßig aus. Vor diesem Hintergrund ist auch der Rückgang des Netto-Gewerbesteueraufkommens im Vergleich zum Vorjahr um „lediglich“ 5,0 Mrd. Euro (-11,7 Prozent) zu verstehen.
Die Steuereinnahmen fielen mit insgesamt 98,4 Mrd. Euro um 5,7 Prozent niedriger als im Vorjahr aus. Bei den Verwaltungs- und Benutzungsgebühren haben die Corona-bedingten Schließungen beziehungsweise Zugangsbeschränkung etlicher kommunaler Einrichtungen ebenfalls spürbar Niederschlag gefunden. Nimmt man Kern- und Extrahaushalte zusammen, gingen die Einnahmen um 7,3 Prozent auf nunmehr 31,2 Mrd. Euro zurück.
Die zusätzlichen Bedarfe bei der kommunalen Bewältigung der Corona-Herausforderungen haben zusätzliche Beschaffungen und damit Investitionen gebracht. Durch die frühzeitige politische Verständigung auf einen Rettungsschirm war es den Kommunen in der Summe insgesamt möglich, an ihren Investitionen festzuhalten. Die positive Entwicklung bei den Sachinvestitionen konnte also fortgeführt werden. Sie sind mit +11,7 Prozent auf 38,6 Mrd. Euro besonders stark gestiegen, 28,0 Mrd. Euro gehen davon alleine auf Baumaßnahmen zurück, was ein Plus von 11,4 Prozent darstellt (Kern- und Extrahaushalte). Betrachtet man nur die Kernhaushalte, so wuchsen die Sachinvestitionen auf 34,8 Mrd. Euro an. Ebenfalls dynamisch nahmen die Ausgaben für soziale Leistungen auf nunmehr 62 Mrd. Euro zu.
Anmerkung des DStGB
Der sich auf die Gesamtheit der Kommunen beziehende positive Finanzierungssaldo darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Corona-Pandemie dramatische Auswirkungen auf die Kommunalfinanzen hat. Durch die zügige grundsätzliche Verständigung auf einen kommunalen Rettungsschirm im vergangenen Jahr konnte die kommunale Handlungs- und Investitionsfähigkeit aufrechterhalten werden.
Die wirtschaftliche Erholung wird angesichts der notwendigen Lockdown-Maßnahmen in 2021 länger andauern und massive Steuerausfälle zur Folge haben. Die Corona-Pandemie wird die kommunalen Haushalte daher auch langfristig spürbar belasten. Die sich hieraus ergebende Unsicherheit führt schon heute in etlichen Kommunen zu einer Rückstellung von Investitionen und den Verzicht auf Personaleinstellungen in der Bauplanung. Ein Einbruch der kommunalen Investitionstätigkeit, mal von den grundsätzlich negativen Auswirkungen auf die kommunale Infrastruktur und in der Folge für Bürger und Wirtschaft abgesehen, würde die Bauwirtschaft und damit auch die konjunkturelle Erholung nach der Krise massiv belasten. Auch deshalb bedarf es zwingend eines weiteren kommunalen Rettungsschirms für die Kommunen von Bund und Ländern mindestens für die Jahre 2021 und 2022. Dieser Rettungsschirm sollte die Corona-bedingten gemeindlichen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer sowie der Einkommensteuer berücksichtigen.
Weitere Ergebnisse zum Öffentlichen Gesamthaushalt 2020 werden voraussichtlich noch in diesem Monat in der Fachserie 14, Reihe 2 „Vierteljährliche Kassenergebnisse des Öffentlichen Gesamthaushalts“ veröffentlicht.