Am 22. April hat sich der Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie in einer zweiten öffentlichen Anhörung mit dem Änderungsantrag der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung (sog. Solarpaket I) befasst. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wurde in der Anhörung durch Christine Wilcken vom Deutschen Städtetag vertreten.
Mehrheitlich begrüßten die Sachverständigen das Paket, äußerten aber auch die Hoffnung, in einem „Solarpaket II“ weitere Anpassungen vornehmen zu können.
So begrüßte sowohl der Fachverband Biogas als auch das Hauptstadtbüro Bioenergie die Verbesserungen für die Biomasse durch den Änderungsvertrag. Allerdings sei das Biomasse-Ausschreibungsvolumen so gering, „dass die Stilllegung Tausender Anlagen und der Verlust von 34 TWh erneuerbarer regelbarer Stromerzeugung und 23 TWh erneuerbarer Wärmeerzeugung die Folge ist“. Das Volumen müsse stark erhöht werden. Für den Bestand von knapp 10.000 Biogasanlagen würde dies bedeuten, dass die bereits eingesetzte Rückbauwelle ungebremst weitergeht. Hunderte Biogasanlagen seien bereits stillgelegt worden, Tausende weitere würden in den kommenden Jahren folgen.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände lehnte den Änderungsantrag ab, „denn er trifft nun in zentralen Bereichen einseitig belastende Regelungen zulasten der Kommunen“. Besonders kritisch sei, dass die Ausweitung des Anwendungsbereichs der finanziellen Beteiligung für Kommunen zurückgenommen werde und dadurch die kommunale Teilhabe keine Verbesserung erfahre. Die Energiewende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe werde aber durch die Beteiligung der Kommunen und die Akzeptanz vor Ort getragen.
Der Bundesverband Solarwirtschaft hob hervor, dass mit dem Solarpaket die Energiewende nun endlich auch in den Städten bei den Mieterinnen und Mietern und Wohnungseigentümern und -eigentümerinnen ankomme. Die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung werde dafür einen kraftvollen Impuls leisten. Im Gewerbedachsegment würden die Ausschreibungsmengen und die Vergütungssätze angehoben. Mit Enttäuschung nehme der Verband hingegen zur Kenntnis, dass die „Resilienzboni“ sich im Reformpaket nicht wiederfänden. Im harten Standortwettbewerb mit Asien und den USA um die Solarfabriken der Zukunft sei damit „vielleicht die letzte Chance für eine Renaissance der Solarindustrie in Deutschland und für mehr Sicherheit bei der Versorgung mit solartechnischen Schlüsselkomponenten verspielt worden“.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) betonte, vielen PV-Projekten fehle es bisher an einer attraktiven Wirtschaftlichkeit für Immobilienunternehmen und Vermieter. Daher begrüße er die Anhebung der Förderung für mittelgroße Anlagen. Zudem empfehle der ZIA eine Überarbeitung des Schwellenwerts von 100 kWp bei der Direktvermarktungspflicht. Damit der Ausbau der PV weiter gestärkt werde, müsse der Schwellenwert gerade bei hohem Eigenverbrauch oder bei Mieterstrommodellen deutlich flexibler gestaltet werden.
Der WWF erklärte, dass die Potenziale der urbanen Räume noch viel stärker genutzt werden müssten. PV auf Dächern und versiegelten Flächen solle zum bundesweiten Standard werden, Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung formuliert, dass die Nutzung von Solarenergie bei gewerblichen Neubauten künftig verpflichtend und bei privaten Neubauten die Regel werden solle. Die Maßnahmen im „Solarpaket I“ seien diesbezüglich nicht weitreichend genug.
Die 1KOMMA5° GmbH stellte heraus, für den Erfolg der Energiewende sei es erforderlich, nicht nur ein marktdienliches, sondern auch ein regionales, netzdienliches Verhalten zu ermöglichen, sagte Schröder. Dann würden intelligente, vernetzte Systeme noch schneller amortisiert. Hierzu brauche es nicht nur regionale, sondern auch zeitabhängige Netzentgelte, die den aktuellen Auslastungszustand des Stromnetzes in der Region widerspiegeln - ohne Steuerungseingriffe zur Abriegelung, so der von der FDP-Fraktion benannte Sachverständige.
Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft sieht “Folgeaufgaben„, etwa bei Freiflächenanlagen, wo die Anerkennung der biodiversitätsfördernden Pflege in Solarparks als landwirtschaftliche Flächennutzung zu klären wäre. Das im Paket enthaltene Recht zur Verlegung von Leitungen werde in der Praxis kaum nützen, da nur Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand adressiert würden. Auch sei eine praxistaugliche Regelung für landwirtschaftliche Grundstücke nötig.
Anmerkung DStGB
Wir haben im Zuge der Anhörung den Änderungsantrag abgelehnt, denn er trifft nun in zentralen Bereichen einseitig belastende Regelungen zulasten der Kommunen. Neben dem Wegfall der Ausweitung des Anwendungsbereichs der finanziellen Beteiligung für Kommunen sieht der Änderungsantrag außerdem für kommunale Grundstücke und Verkehrswege eine weitreichende Duldungspflicht vor. Darüber hinaus wurde für Überfahrten die Regelung zur Wiederinstandsetzung aufgeweicht.
Im Weiteren ist vor dem Hintergrund der beabsichtigten Steigerung des Ausbaus erneuerbarer Energien, der explizite Fokus der Wegenutzung auf öffentliche Verkehrswege und Grundstücke, der im Änderungsantrag Einzug erhalten hat, absolut nicht sachgerecht. Der Ausbau von Photovoltaik ist eines der zentralen Themen bei der Energiewende und der Erreichung der gesteckten Klimaziele. Dieser muss stark forciert und dafür die rechtlichen Grundlagen geschaffen bzw. verbessert werden. Den Kommunen, die ihre Liegenschaften mit Photovoltaik ausstatten, selbst Förderprogramme für den Ausbau von Photovoltaik auflegen, und als Vorbild Anreize für Gebäudeeigentümer schaffen, selbst Energie klimaneutral zu produzieren, nehmen die vorgesehenen Regelungen die Steuerungshoheit. Sie widersprechen aber vor allem der Logik einer von der gesamten Bevölkerung und Akteuren getragenen Energiewende.