Auszüge aus dem Koalitionsvertrag:
Kooperativer Bildungsföderalismus
„Gemeinsam mit den Ländern werden wir die öffentlichen Bildungsausgaben deutlich steigern und dafür sorgen, dass die Unterstützung dauerhaft dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Mit einer Stärkung der frühkindlichen Bildung, besseren Startchancen in sozial benachteiligten Schulen, einem Digitalpakt 2.0 und einem grundlegend reformierten BAföG legen wir den Grundstein für ein Jahrzehnt der Bildungschancen.
Wir streben eine engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation aller Ebenen an (Kooperationsgebot). Die örtliche Umsetzungskraft der Schulträger, die Kultushoheit der Länder und das unterstützende Potenzial des Bundes wollen wir dafür zu neuer Stärke vereinen und eine neue Kultur in der Bildungszusammenarbeit begründen. Wir wollen gemeinsam darauf hinwirken, dass jedes Kind die gleiche Chance auf Entwicklung und Verwirklichung hat. Dazu werden wir einen Bildungsgipfel einberufen, auf dem sich Bund, Länder, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über neue Formen der Zusammenarbeit und gemeinsame ambitionierte Bildungsziele verständigen. Wir werden eine Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Kommunen einsetzen, die die Zusammenarbeit strukturiert und verbessert und das Erreichen der Ziele sichert. Gemeinsam mit den Ländern wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, gemeinsam gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und Qualität, Leistungsfähigkeit und Weiterentwicklung des Bildungswesens zu stärken. Soweit erforderlich, bieten wir Gespräche über eine Grundgesetzänderung an.“
Anmerkung des DStGB
Bildung ist die entscheidende Zukunftsfrage für unsere Gesellschaft. Nur mit einem erfolgreichen Bildungssystem wird Deutschland die zentralen Herausforderungen des demografischen Wandels, der Globalisierung, der Integration von Zuwanderern, der Erhaltung des Wohlstandes und der Zukunftssicherung unseres Sozialstaates meistern können. Sozialpolitik im 21. Jahrhundert ist Bildungspolitik. Bildung braucht ein abgestimmtes Vorgehen und eine gemeinsame Strategie durch die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen im Sinne eines kooperativen Föderalismus. Mit der Änderung des Artikels 104c GG kann der Bund den Ländern Finanzhilfen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren. Es ist zu begrüßen, dass der Bund sich in Teilbereichen der schulischen Bildung weiter finanziell engagieren will. Dies ist mit Blick auf die Chancengerechtigkeit besonders für das Bildungswesen wichtig und richtig. Der Föderalismus wird nicht in Frage gestellt, wenn sich der Bund finanziell an dieser wichtigen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung beteiligt. Auch ist es ein wichtiges Signal, die Kommunen bei künftigen „Bildungsgipfeln“ zu beteiligen.
Digitalpakt Schule
„Wir wollen Länder und Kommunen dauerhaft bei der Digitalisierung des Bildungswesens unterstützen. Den Mittelabruf beim Digitalpakt Schule werden wir beschleunigen und entbürokratisieren. Bund, Länder und Kommunen identifizieren noch im ersten Halbjahr 2022 gemeinsam Vorschläge für kurzfristige Lösungen und vereinbaren Umsetzungsschritte. Zur Unterstützung vor Ort werden wir Service-, Beratungs- und Vernetzungsangebote schaffen. Gemeinsam mit den Ländern werden wir einen Digitalpakt 2.0 für Schulen mit einer Laufzeit bis 2030 auf den Weg bringen, der einen verbesserten Mittelabfluss und die gemeinsam analysierten Bedarfe abbildet. Dieser Digitalpakt wird auch die nachhaltige Neuanschaffung von Hardware, den Austausch veralteter Technik sowie die Gerätewartung und Administration umfassen. Die digitale Lernmittelfreiheit werden wir für bedürftige Schülerinnen und Schüler weiter fördern. Gemeinsam mit den Ländern werden wir die Einrichtung, den Betrieb und die Vernetzung von Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule und Weiterbildung fördern und eine zentrale Anlaufstelle für das Lernen und Lehren in der digitalen Welt schaffen. Wir werden gemeinsam mit den Ländern digitale Programmstrukturen und Plattformen für Open Educational Ressources (OER), die Entwicklung intelligenter, auch lizenzfreier Lehr- und Lernsoftware sowie die Erstellung von Positivlisten datenschutzkonformer, digitaler Lehr- und Lernmittel unterstützen.“
Anmerkung des DStGB
Die Ankündigung im Koalitionsvertrag, die Länder und Kommunen zumindest erst einmal bis 2030 bei der Digitalisierung des Bildungswesens zu unterstützen, (Digitalpakt 2.0) ist grundsätzlich zu begrüßen. Letztlich handelt es sich aber um eine Daueraufgabe, so dass auch eine dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes notwendig wäre. Die Umsetzung muss unbürokratisch erfolgen und kann nur gemeinsam und in enger Abstimmung mit den Kommunen gelingen. Diese müssen bei der Ausgestaltung eng eingebunden werden, wie es die Koalitionsfraktionen angekündigt haben. Abzuwarten bleibt, wie das unbürokratische und beschleunigte Verfahren aussehen soll.
Startchancen-Programm
„Mit dem neuen Programm „Startchancen“ wollen wir Kindern und Jugendlichen bessere Bildungschancen unabhängig von der sozialen Lage ihrer Eltern ermöglichen. Wir werden mehr als 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler besonders stärken. Dazu wollen wir diese Schulen mit einem Investitionsprogramm für moderne, klimagerechte, barrierefreie Schulen mit einer zeitgemäßen Lernumgebung und Kreativlaboren unterstützen. Wir stellen diesen Schulen ein Chancenbudget zur freien Verfügung, um Schule, Unterricht und Lernangebote weiterzuentwickeln und außerschulische Kooperationen zu fördern. Wir unterstützen diese Schulen dauerhaft mit Stellen für schulische Sozialarbeit und fördern dort Schulentwicklung und Berufsorientierung im Rahmen weiterer Programme.
Über dieses Programm hinaus werden wir weitere bis zu 4.000 Schulen in benachteiligten Regionen und Quartieren gezielt und dauerhaft mit zusätzlichen Stellen für schulische Sozialarbeit unterstützen. An Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern, die einen Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket haben, wollen wir dauerhaft und unbürokratisch Angebote für Lernförderung und soziokulturelle Teilhabe etablieren, um sicherzustellen, dass die Inanspruchnahme dieser Leistungen steigt.“
Anmerkung des DStGB
Schulen sollen jedes Kind individuell fördern und dadurch zur Chancengerechtigkeit beitragen, indem die Koppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg abnimmt. Unstreitig ist diese Aufgabe in Schulen in sozialen Brennpunkten schwieriger zu erreichen. Dort ist die Arbeitsbelastung der Lehrer besonders hoch. Um die Lernerfolge zu erreichen, müssen die sog. „Brennpunktschulen“ gezielter durch zusätzliche Finanzmittel gefördert werden. Schulen sollten diese Mittel derart einsetzen können, dass sie passgenau an ihren Bedarfen orientiert sind, zum Beispiel zur Einstellung von Schulsozialarbeitern, Sprachförderpädagogen, Inklusionsexperten und Schulpsychologen oder für eine intensive Elternarbeit. Der Bund sollte dauerhaft Schulsozialarbeit an Schulen fördern.
Erwachsenenbildung
„Mit einem Förderprogramm für Volkshochschulen und andere gemeinnützige Bildungseinrichtungen investieren wir in digitale Infrastruktur. Die Umsatzsteuerbefreiung für gemeinwohlorientierte Bildungsdienstleistungen wollen wir europarechtskonform beibehalten.“
Anmerkung des DStGB
Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass der Koalitionsvertrag die Förderung in die digitale Infrastruktur von Volkshochschulen und anderen gemeinnützigen Bildungseinrichtungen vorsieht. Dies ist ein wichtiges Signal für die Weiterentwicklung in der Erwachsenenbildung. Dies gilt auch für die Aussage, sich für die Beibehaltung der Umsatzsteuerbefreiung für gemeinwohlorientierte Bildungsdienstleistungen einzusetzen. Dies hätte allerdings der Finanzminister bereits in der letzten Legislaturperiode sicherstellen können.