Der DStGB hatte im Vorfeld die Verschärfungen und Klarstellungen im Recht der Aufenthaltsbeendigung (Ausweisungsrecht; Abbau rechtlicher Vollzugshindernisse in der Aufenthaltsbeendigung, Anpassung an höchstrichterliche Rechtsprechung) sowie einige Neuerungen beim Bleiberecht grundsätzlich mitgetragen, jedoch im Rahmen der Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Verbesserungen mit Blick auf den administrativen Aufwand bei der Umsetzung des Rechts vorgeschlagen.
Hintergrund der Novelle ist, dass in Deutschland derzeit mehr als 100 000 Geduldete leben, also Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber nicht abgeschoben werden. Nun soll das Bleiberecht für Geduldete grundsätzlich ausweitet werden, und zwar - anders als bislang - unabhängig von einem gesetzlichen Stichtag. Damit soll die Rechtsstellung derjenigen gestärkt werden, die auch ohne einen rechtmäßigen Aufenthalt anerkennenswerte Integrationsleistungen erbracht haben oder die schutzbedürftig sind. Andererseits ist der Gesetzentwurf auch darauf ausgerichtet, verstärkt den Aufenthalt von Personen, denen unter keinem Gesichtspunkt ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zusteht, wieder zu beenden und deren vollziehbare Ausreisepflicht, ggf. auch zwangsweise, durchzusetzen.
Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf vor allem zu folgenden Punkten Neuerungen vor:
• Die Bleiberechtsregelung wird alters- und stichtagsunabhängig ausgestaltet. Bleibeberechtigt ist nun etwa, wer mindestens acht Jahre hier lebt, ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen und seinen Lebensunterhalt überwiegend selbst sichern kann. Für Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch für Eltern minderjähriger Kinder gilt dies bereits früher (nach vier beziehungsweise sechs Jahren).
• Zudem wird die bisher schon bestehende Möglichkeit, einem gut integrierten jugendlichen oder heranwachsen-den Geduldeten legalen Aufenthalt zu gewähren, erleichtert und von verzichtbaren Hemmnissen bereinigt.
• Für das erfolgreiche Programm zur Neuansiedlung von Schutzsuchenden (Resettlement-Programm) wird nach dem Abschluss seiner Pilotphase eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen. Schutzbedürftigen sog. Resettlement-Flüchtlingen wird damit in Deutschland eine dauerhafte Lebensperspektive geboten.
• Neben der Rechtsstellung von Resettlement-Flüchtlingen wird auch die Rechtsstellung von subsidiär Geschützten weiter an die von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen angeglichen.
• Im Bereich des humanitären Aufenthaltsrechts wird eine deutliche Verbesserung des Aufenthaltsrechts für die Opfer von Menschenhandel realisiert.
• An die Stelle des bisherigen drei-stufigen Ausweisungsrechts tritt künftig die Ausweisung als Ergebnis einer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchgeführten Abwägung von Bleibe- und Ausweisungsinteressen. Die Abwägung auf Tatbestandsseite ist gerichtlich voll überprüfbar. Innerhalb des Ausweisungsinteresses bringt der Gesetzentwurf stärker als bisher zum Ausdruck, dass die Bekämpfung von extremistischen und terrorismusrelevanten Strömungen auch mit den Mitteln des Ausländerrechts erfolgen kann. Geduldete Ausländer sollen künftig ausgewiesen werden, wenn sie die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik gefährden, etwa wenn sie einer Vereinigung angehören, die den Terrorismus unterstützt. Aber auch Personen, die für den Aufenthalt in Deutschland "falsche oder unvollständige Angaben gemacht haben" müssen mit Ausweisung rechnen. Ein ausgewiesener oder abgeschobener Ausländer soll bis zu zehn Jahre nicht erneut nach Deutschland einreisen dürfen.
• Der Gesetzentwurf sieht verschiedene Rechtsänderungen vor, um den Vollzug aufenthaltsrechtlicher Entscheidungen (Abschiebungen) bei Ausländern, denen unter keinem Gesichtspunkt ein Aufenthaltsrecht zusteht, zu verbessern, insbesondere:
– eine Anpassung der Regelung zur Identitätsklärung an die technischen Entwicklungen, indem unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit geschaffen wird, Datenträger eines Ausländers auszulesen. In diesem Zusammenhang wird auch eine Rechts-grundlage für die Abfrage von notwendigen Zugangsdaten bei Telekommunikationsdienstleister im Gesetz verankert,
– die Neuregelung eines sog. Ausreisegewahrsams von wenigen Tagen anstelle der sog. „Kleinen Sicherungshaft“, wenn der Termin der Abschiebung konkret bevorsteht,
– eine Klarstellung, dass die Haftanordnung auch bei einem Scheitern der Abschiebung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt bleibt, sofern die Voraussetzungen für die Anordnung weiterhin vorliegen.
• Die Regelungen zum Einreise- und Aufenthaltsverbot werden an die Hinweise der höchstrichterlichen Rechtsprechung angepasst und überarbeitet.
Der „Gesetzentwurf zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ steht in der vom Kabinett beschlossenen Fassung auf www.bmi.bund.de (Pressemitteilung 03.12.) zur Verfügung.