Die Übergangsregelung verschafft den Städten und Gemeinden die dringend notwendige Zeit, um sich auf die Integration derjenigen Geflüchteten mit Bleiperspektive konzentrieren zu können. Auch wenn seit dem letzten Jahr deutlich weniger Menschen nach Deutschland kommen als im Jahr zuvor, bleibt die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit der Kommunen und des Landes begrenzt.
Die Städte und Gemeinden leisten derzeit Enormes, um für die diejenigen Asylbewerber Wohnraum, Kita- und Schulplätze zur Verfügung zu stellen und konkrete Integrationsmaßnahmen anzubieten. Dies sind notwendige Voraussetzungen für den Zugang zur gesellschaftlichen, schulischen, aber auch beruflichen Integration. Dies gilt auch für die Versorgung und Unterbringung derjenigen Asylbewerber mit unklarer Bleibeperspektive. Hierfür sind erhebliche Infrastrukturmaßnahmen sowie personelle und finanzielle Ressourcen erforderlich. Eine Vielzahl von Kommunen stößt trotz sinkender Zahlen neu eintreffender Asylbewerber und Flüchtlinge weiterhin bei der Unterbringung, Versorgung und Integration an ihre Grenzen.
Um bestmögliche Integrationsbedingungen für diejenigen mit Bleibeperspektive zu schaffen, benötigen die Kommunen Planungssicherheit. Derzeit ist eine Planung jedoch faktisch kaum möglich. Es ist kaum abschätzbar, mit wie vielen Flüchtlingen weiterhin zu rechnen ist und ob noch weitere – insbesondere durch den Nachzug der Familienangehörigen – hinzukommen. Die vom Auswärtigen Amt abgegebene Prognose zu den Antragszahlen zum Familiennachzug lässt erwarten, dass mit weiteren Hunderttausenden Familienangehörigen gerechnet werden kann. Wie viele der Antragsberechtigten tatsächlich einen Antrag stellen und für wie viele ihrer Familienangehörigen ist jedoch unklar. Statistisch gesehen geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von einem Nachzugsfaktor von 1,2 bis 1,5 Personen pro Flüchtling aus. Die kommunalen Erfahrungen sprechen von höheren Zahlen. Dazu kommt die Unsicherheit im Hinblick auf die noch zu erwartenden Asylbewerber und Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen und die unsichere Entwicklung - gerade mit Blick auf die Türkei und Libyen.
Neben den nur schwer zu beziffernden Zuzugszahlen lässt sich auch die Verteilung der Geflüchteten innerhalb Deutschlands kaum vorhersehen. Geflüchtete konzentrieren sich derzeit stark auf bestimmte Ballungsgebiete und Städte. Rund die Hälfte der erwerbsfähigen Personen aus den acht zugangsstärksten Asylherkunftsländern leben nach Feststellungen der BA und des BAMF in 61 von 402 kreisfreien Städten und Landkreisen. Damit sind einige Städte und Gemeinden besonders betroffen. Es kommt zu einer ungleichen Lastenverteilung und es entsteht die Gefahr sozialer Brennpunkte oder Ghettobildungen. Für die Familienangehörigen muss Wohnraum, Kita- und Schulplätze bereitgestellt und Sprach- und Bildungsangebote geschaffen werden. Die mit dem Ziel einer besseren integrationspolitischen Steuerung und dem Schutz vor Überforderung bei den Integrationsaufgaben im Integrationsgesetz geschaffene Wohnsitzauflage kann in ihrer derzeitigen Fassung und Umsetzung hier nur bedingt abhelfen. Zahlreiche Ausnahmevorschriften begrenzen den Anwendungsbereich. Ein Großteil der Bundesländer macht von der Möglichkeit der Wohnsitzauflage gar keinen Gebrauch. Insofern würde die Aufhebung der Aussetzung des Familiennachzugs zu einer Verschärfung der Integrationsaufgabe gerade in den jetzt schon besonders geforderten Kommunen führen.
Aus Sicht des DStGB hat das Recht, als Familie zusammenleben zu können, einen hohen Stellenwert. Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte muss jedoch aufgrund der aktuellen Flüchtlingszahlen beibehalten und über den 16. März 2018 hinaus verlängert werden. Aus kommunaler Sicht ist eine Verlängerung auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs.1 GG, des europäischen Rechtsrahmes, des Völkerrechts und der Kinderrechtskonvention durch den gesetzgeberischen Beurteilungsspielraum gedeckt. Der nationale Gesetzgeber hat auch unter Geltung des genannten Rechtsrahmens einen Beurteilungsspielraum, um aufgrund der individuellen Lage im eigenen Land den Familiennachzug zu beschränken. Ausnahmen von der Aussetzung des Familiennachzugs aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen bleiben zudem weiterhin möglich.