Da diese Entwicklung den Städten und Gemeinden die Erfüllung von Aufgaben erschwert, die ihnen im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger obliegen, hat sich der DStGB mit dem nachfolgend wiedergegebenen Schreiben an das Bundesumweltministerium und die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz gewandt:
„(Anrede)
der Deutsche Städte- und Gemeindebund registriert eine stetig wachsende Zahl von Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit von Geräuschemissionen, die von kommunalen Einrichtungen und Veranstaltungen ausgehen. Die Auflagen, die die Rechtsprechung aus den maßgeblichen immissionsschutzrechtlichen Normen entwickelt hat, führen häufig dazu, dass die betroffenen Einrichtungen geschlossen werden müssen oder Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden können. Im Ergebnis werden die Städte und Gemeinden daran gehindert, die jeweils betroffenen staatlichen und Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.
Im Hinblick auf die Freizeitlärmrichtlinie der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) aus dem Jahr 1995 hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund der LAI bereits im Jahr 2004 Änderungsvorschläge unterbreitet. Unserem Anliegen, Privilegierungstatbestände für öffentliche Einrichtungen einzuführen, hat die LAI damals unter Berufung auf Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung nicht entsprochen. Vor dem Hintergrund der bereits angesprochenen neueren Entwicklung, insbesondere der zunehmend restriktiven Judikatur, müssen wir unserer Forderung nach einer normativen Korrektur nunmehr Nachdruck verleihen.
Die Städte und Gemeinden haben im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger die Aufgabe und auch die Verpflichtung, soziale und kulturelle Lebensbereiche zu schaffen und hierfür öffentliche Einrichtungen bereitzustellen. Zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, auf das sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben angewiesen sind, tragen die Kommunen dabei die Verantwortung, mit vertretbarem finanziellem Aufwand ihren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, Gemeinschaft zu erleben. Hierzu gehören die Durchführung von Volksfesten und anderen Traditionsveranstaltungen, der Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen wie Bürgerhäusern mit sozialem und kulturellem Veranstaltungsprogramm sowie die Bereitstellung von Freizeit- und Sportanlagen wie etwa Bolzplätze und Skaterbahnen.
In den letzten Jahren stellen wir eine deutliche Tendenz fest, dass Nachbarn, welche sich durch kommunale Einrichtungen sowie Veranstaltungen beeinträchtigt fühlen, auf der Grundlage der §§ 1004, 906 BGB in Verbindung mit §§ 22 ff. BImSchG ihre Einzelinteressen zulasten der Gemeinschaft gerichtlich durchsetzen. Im Hinblick auf die maßgebliche Frage, ob wesentliche Beeinträchtigungen vorliegen, haben die Fachgerichte dabei einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Eine zumindest faktische normative Wirkung entfalten insbesondere die TA Lärm, die Sportanlagen-Lärmschutzverordnung und die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie. Vor allem musikalische Darbietungen sind wegen der Unregelmäßigkeit, der Informationshaltigkeit und des Frequenzspektrums der Geräuschemissionen häufig durch die Einlegung von Rechtsmitteln der Anwohner bedroht.
Die Tatsache, dass Städte und Gemeinden als Veranstalter und Betreiber von Anlagen öffentliche Aufgaben wahrnehmen, die ihnen Kraft besonderen gesetzlichen Auftrags beziehungsweise im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger obliegen, macht eine entsprechende normative Privilegierung im Hinblick auf die einschlägigen Lärmschutzvorgaben erforderlich. Die wichtigen öffentlichen Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft können nur dann angemessen erfüllt werden, wenn die hierzu erforderliche Infrastruktur nicht aus den Ortszentren ausgelagert werden muss.
Auch dürfen keine unverhältnismäßigen baulichen oder organisatorischen Maßnahmen zur Minimierung von Geräuschemissionen verlangt werden. So würde eine Erhöhung der Vorgabe für seltene Ereignisse gemäß der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie von 10 auf 15 Tage oder Nächte vielen Bürgerhäusern die Aufrechterhaltung ihres Veranstaltungsprogramms ermöglichen. Bei vielen Sportanlagen könnte durch Vermeidung eines unverhältnismäßigen Personalaufwands die Stilllegung abgewendet werden, wenn die maßgeblichen Ruhezeiten entsprechend angepasst würden, zumal ein sozialer Bonus für Sportanlagen grundsätzlich anerkannt ist. Generell wäre es zu begrüßen, wenn die maßgeblichen Richtwerte im Hinblick auf kommunale Einrichtungen, die dem Allgemeinwohl dienen, erhöht würden.
Wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie unsere Anregung aufgreifen.
Mit freundlichen Grüßen“