I. Die Kommunen haben nach ersten Anlaufschwierigkeiten mit der praktischen Anwendung der Umweltprüfung in der Bauleitplanung keine gravierenden Prob-leme. Das Gleiche gilt weitgehend auch für die Handhabung der naturschutz-rechtlichen Eingriffsregelung durch die Städte und Gemeinden.
II. Grund für die problemlose Anwendung der Umweltprüfung durch die Kommunen war zum einen der überzeugende Schritt des Gesetzgebers, die EU-Plan-UP komplett in das bekannte und bewährte Bauleitplanverfahren zu integrieren und damit in die Verantwortung der Gemeinden zu legen. Zum anderen haben praxis-nahe Leitfäden etc. den Kommunen wertvolle Hilfen gegeben.
III. Die Umweltprüfung enthält nur formell, nicht aber materiell neue Anforderungen für die Bauleitplanung. Folge ist, dass für Kommunen, die bereits in der Vergan-genheit ordnungsgemäß die Umweltbelange geprüft und bewertet haben, durch die formalisierte UP kein nennenswerter Mehraufwand entstanden ist. Nur in Ausnahmefällen besteht das Erfordernis der Beauftragung externer Experten mit der kompletten Umweltprüfung und mit der Folge zusätzlicher Kosten.
IV. Die – formale – und strukturierte Umweltprüfung, der Umweltbericht, die zusam-menfassende Erklärung und das Monitoring optimieren die bauleitplanerische Abwägung und erhöhen damit die Rechtsicherheit der Bauleitpläne. Trotz des formellen Verzichts auf die Umweltprüfung und auf den Umweltbericht bei Bebau-ungsplänen der Innenentwicklung (§ 13 a BauGB) ist auch hier eine Prüfung der Umweltbelange schon wegen des umfassenden Abwägungsgebots in § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB erforderlich.
V. Um die Gefahr von Doppelprüfungen und Reibungsverlusten zu vermeiden, kann neben der in kommunaler Verantwortung stehenden und integrierten Umweltprü-fung auf formelle Landschafts- bzw. Grünordnungspläne verzichtet werden. In der Folge erhalten die Städte und Gemeinden einheitlich die Verantwortung für die gesamte bauleitplanerisch relevante Umweltprüfung.
VI. Die „Abarbeitung“ der Eingriffsregelung kann unter den hiervon erfassten Schutz-gütern „Naturhaushalt und Landschaftsbild“ verfahrensrechtlich zumindest bei den Schritten der Erfassung und Bewertung des bestehenden Zustands komplett im Rahmen der Umweltprüfung (Umweltbericht) integriert und auch dokumentiert werden. Jedoch sind mit der materiell-rechtlichen Umsetzung der Eingriffsrege-lung und des erforderlichen Ausgleichs trotz der oftmaligen Lösung über städte-bauliche Verträge nicht selten erhöhte Kosten und ein erhöhter Aufwand für die Kommunen verbunden.
VII. Die nicht EU-rechtlich vorgegebene, sondern allein im deutschen Recht enthalte-ne naturschutzrechtliche Eingriffsregelung hebt materiell nur bestimmte Schutzgü-ter (Naturschutz- und Landschaftspflege) aus den Umweltbelangen hervor und unterwirft diese – im Gegensatz zu anderen Umweltbelangen (Bsp.: Klima) – ei-ner spezialrechtlichen Ausgleichsregelung.
VIII. Zu erwägen ist daher, dass der gegenwärtig nur bei Bebauungsplänen der Innen-entwicklung nach § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB geltende Verzicht auf den Ein-griffsausgleich generell im Innenbereich gilt und das EU-(Umwelt-)Recht in Deutschland insoweit nur 1:1 umgesetzt wird. Ein Verzicht auf den Eingriffsaus-gleich für allle Innenbereichsgrundstücke fördert die Reduzierung der Flächenin-anspruchnahme im Freiraum und ist ein Anreiz zur zusätzlichen Innenentwick-lung. Im Übrigen sollte die Eingriffsregelung von den Gemeinden nur fakultativ („kann“) angewandt werden können. Jedoch dürfen bei einem Wegfall der Ein-griffsregelung keine ergänzenden und die kommunale Planungspraxis belasten-den Anforderungen an die Berücksichtigung und den Ausgleich bei den Umwelt-belangen durch die Rechtsprechung gestellt werden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen Umweltauswirkungen nicht vermieden oder vermindert werden können.
IX. Die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sind in den Städten und Gemeinden immer deutlicher spürbar. Steuereinnahmen brechen dramatisch ein. Gleichzeitig explodieren die Sozialausgaben. Die Finanzkrise bestimmt längst die politischen Entscheidungen vor Ort, auch bei der Stadtentwicklung. Pflichtaufga-ben und Personallasten können oftmals nur durch Kassenkredite, die mittlerweile in den Kommunen auf 32,6 Milliarden Euro gestiegen sind, finanziert werden. Damit ist eine gestaltende kommunale Selbstverwaltung in Gefahr. Die Finanzkri-se führt immer mehr zur Reduzierung der personellen Ressourcen auch in den Planungsämtern. Die Entbürokratisierung und die Entschlackung der bestehen-den Regelungsdichte ist daher das Gebot der Stunde. Umgekehrt muss ange-sichts der hohen Anforderungen der Rechtsprechung an die Umweltprüfung, die Planrechtfertigung sowie an die Abwägung jede Novellierung auch im Planungs- und Umweltrecht, mit der für die Kommunen zusätzliche Verfahrensanforderun-gen verbunden sind, sehr kritisch bewertet werden.
X. Eine Übertragung der – formalisierten - Umweltprüfung auf die beiden anderen Nachhaltigkeitsbelange Wirtschaft und Soziales steht daher nicht in Einklang mit den personellen und finanziellen Ressourcen in den Kommunen und beinhaltet die Gefahr steigender Verfahrensanforderungen sowie zusätzlicher Ansprüche der Rechtsprechung. Von einer Fortentwicklung der – formalisierten – Umweltprü-fung zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsprüfung und damit verbundenen zu-sätzlichen Dokumentations- und Begründungspflichten auch für wirtschaftliche und soziale Belange ist daher abzusehen. Stattdessen kann das Ziel des Nach-haltigkeitsprinzips (Gleichklang und gleiche Bedeutung aller Aspekte) insbeson-dere durch verstärkte Informationen dazu genutzt werden, die Gefahr der Hervor-hebung und Überbewertung der Umweltbelange zu vermeiden und die bezweckte Gleichrangigkeit und Ausgewogenheit aller Belange zu betonen.