Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt und unterstützt die Position des BMEL. So hatte sich der Gemeinsame Forstausschuss der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Deutscher Kommunalwald“ zuletzt im November 2015 gegen die Ausweisung von Wildnisgebieten im Wald ausgesprochen. Kritisch sehen die Kommunalwaldvertreter insbesondere, dass BMUB und BfN die Frage nach Kosten und Finanzierung von Wildnis und Waldstilllegung völlig ausblenden. Sie fordern daher zunächst eine Berechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtkosten und des Nutzens zusätzlicher Naturschutzleistungen.
Die Kernaussagen aus dem BMEL-Schreiben sind:
1. Eine neue Gesamtbilanz des Thünen-Instituts kommt zu dem Ergebnis, das heute bereits 5,6 % der Waldfläche Deutschlands nutzungsfrei sind. Damit ist das Ziel „5% natürliche Waldentwicklung“ der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) in Deutschland mehr als erreicht.
2. Allein der Nutzungsverzicht für die zum Stichjahr 2013 bereits stillgelegten 213.145 Hektar Wald kostet der deutschen Forstwirtschaft vier Milliarden Euro (rd. 18.227 Euro je Hektar). Dieser Beitrag wird sich in den nächsten Jahren auf bis zu 6 Milliarden Euro erhöhen.
3. Holz wird dringend als nachwachsender Rohstoff und klimafreundlicher Energieträger zur Umsetzung nationaler Klimaschutzziele und der Energiewende benötigt. Angesichts dieser Herausforderungen sind obligatorische Stilllegungen von Waldflächen nicht sinnvoll.
Naturschutz und Biodiversität im Spiegel der Bundeswaldinventur
In dem Schreiben an die Verbände vom 23.12.2015 weist Staatssekretär Dr. Robert Kloos zunächst auf das Ziel der NBS hin. Es enthält u. a. das Ziel, bis zum Jahr 2020 insgesamt einen Waldflächenanteil von 5 % mit „natürlicher Waldentwicklung“ zu erreichen. Davon abgeleitet ist für den öffentlichen Wald, der etwa die Hälfte der Waldfläche ausmacht, eine Zielmarke von 10 % ausgewiesen.
Eine Bilanzierung der Waldfläche mit einem dauerhaft fixierten Rechtsstatus im Rahmen des Forschungsvorhabens „Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NWE5)“ habe zum Stichjahr 2013 eine Waldfläche mit natürlicher Entwicklung von 213.145 Hektar (1,9 % der Waldfläche), zum Jahr 2020 eine Fläche von 257.060 Hektar (2,3 %) und über das Jahr 2020 hinaus eine Fläche von voraussichtlich 330.875 Hektar (3 %) ergeben. Die aus Mitteln des Bundesumweltministeriums finanzierte Studie folgere daraus, dass damit zur Erreichung des 5%-Ziels noch 222.914 Hektar fehlten.
5,6 % der Waldfläche Deutschlands nutzungsfrei
Das Bundesumweltministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe jedoch von Beginn an darauf hingewiesen, dass auch Waldflächen ohne dauerhaft fixierten Rechtsstatus zur Erreichung des 5%-Zieles beitragen. Nun habe das Institut für Waldökosysteme des Johann Heinrich von Thünen-Instituts – Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei – auf der Basis der Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2012 (BWI) erstmals eine Gesamtbilanz aller Flächen erstellt, die dem 5%-Ziel zuzurechnen sind: Danach seien unter Einbezug der nicht begehbaren Flächen heute bereits bis zu 5,6 % der Waldfläche Deutschlands nutzungsfrei. Dabei noch nicht eingerechnet seien die zahlreichen längerfristig nutzungsfreien Kleinflächen bzw. Strukturelemente wie z. B. ausgewiesene Habitatbäume, Biotopbaumgruppen und Totholzstrukturen, die auf ganzer Fläche vorhanden, aber nur schwer erfassbar sind. Auch sie leisteten relevante Beiträge zur Erhaltung der Biodiversität im Wald. Auf Bundesebene dürften die Flächenanteile dieser Kleinstrukturen eine beachtliche Summe ergeben, die ebenfalls dem 5%-Ziel zugerechnet werden könnte. Damit sei das Ziel „5 % natürliche Waldentwicklung“ der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) in Deutschland mehr als erreicht.
Nutzungsverzicht kostet Forstwirtschaft 4 Milliarden Euro
Staatsekretär Dr. Kloos weist weiter auf ein Ergebnis der o. g. Studie NWE-5 hin, welches aus seiner Sicht bislang nicht die verdiente Aufmerksamkeit erlangt habet: Vier Milliarden Euro, so die Berechnungen der – vom Bundesumweltministerium finanzierten – Studie, trage die deutsche Forstwirtschaft allein durch den Nutzungsverzicht auf den rechtsverbindlich stillgelegten Waldflächen zum Waldnaturschutz bzw. zur Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie bei. So viel koste der Nutzungsverzicht für die zum Stichjahr 2013 bereits stillgelegten 213.145 Hektar Wald. Jeder Hektar mit dauerhaft gesicherter natürlicher Waldentwicklung schlage mit durchschnittlich rund 18.227 Euro allein in Form von Nutzungsverzichten zu Buche. Dieser Beitrag werde sich in den nächsten Jahren auf bis zu rund 6 Milliarden Euro erhöhen, denn bereits heute seien die Weichen gestellt, dass der Flächenanteil von Wäldern mit – rechtsverbindlicher – natürlicher Waldentwicklung auf insgesamt über 330.000 Hektar ansteigen werde.
Obligatorische Stilllegungen nicht sinnvoll
Staatssekretär Dr. Kloos ist der Überzeugung, dass Holz dringend auch als nachwachsender Rohstoff und klimafreundlicher Energieträger zur Umsetzung nationaler Klimaschutzziele und der Energiewende benötigt werde. Angesichts dieser Herausforderung hält der Staatssekretär weitere obligatorische Stilllegungen von Waldflächen nicht für sinnvoll. Denn damit würden wichtige Handlungsspielräume verschenkt und letztlich auch die Einfuhr von weniger nachhaltig erzeugten Holzerzeugnissen, zum Teil auch aus zweifelhaften Herkunftsländern, forciert.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft setze aus den genannten Gründen verstärkt auf nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in Deutschland statt auf obligatorische Instrumente. Es sehe sich in diesem Bemühen bestärkt durch die inzwischen – neben der NBS – verabschiedeten weiteren Strategien der Bundesregierung, und zwar der „Waldstrategie 2020“ sowie der „Nationalen Politikstrategie Bioökonomie“.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft werde den 2015 bereits in zwei Dialogforen eingeschlagenen Weg des Austauschs zwischen den unterschiedlichen, vom Wald betroffenen Stakeholdern auch im kommenden Jahr 2016 fortsetzen, um über die weitere Umsetzung der Waldstrategie 2020 sowie über mögliche Synergien und auftretende Zielkonflikte mit den anderen oben genannten Strategien der Bundesregierung zu diskutieren und gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.
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