Bericht der Bundesregierung über den Stand des Ausbaus an Kindertagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren

Nach den Ergebnissen des Zwischenberichts sind in den drei Altersjahrgängen vor dem dritten Geburtstag eines Kindes die Elternwünsche nach Betreuungsangeboten sehr unterschiedlich. Im ersten Lebensjahr ist die Betreuungsquote im Jahr 2009 auf 2,3 Prozent zurückgegangen, während ein Fünftel der einjährigen und 40 Prozent der zweijährigen Kinder Betreuungsangebote nutzten. Alle Bundesländer haben die Versorgungsquote im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Dennoch bleiben erhebliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Letzteres erreicht mit einer Versorgungsquote von 14,6 Prozent (2008: 12,2 Prozent) nur knapp ein Drittel der ostdeutschen Quote von insgesamt 46 Prozent (2008: 42,4 Prozent). Die Zahlen basieren auf der Stichtagserhebung März 2009.

Die wesentlichen Kernaussagen des Berichtes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das Investitionsprogramm des Bundes „Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 - 2013“ hat die Dynamik des Ausbaus entscheidend vorangetrieben. Im Jahr 2009 hat sich im Vergleich zum Vorjahr die Höhe der von den Ländern bewilligten Fördermittel verdreifacht. Dennoch muss sich die Ausbaudynamik in Westdeutschland verdoppeln, um bis zum Jahr 2013 das gemeinsame Ziel einer Betreuungsquote von bundesweit im Durchschnitt 35 Prozent der unter Dreijährigen zu erreichen.

Erstmals werden in diesem Bericht Kinder mit Migrationshintergrund in den Blick genommen. Die Untersuchungen zeigen, dass sie bis zu ihrem dritten Geburtstag - bis auf rund 9 Prozent – zu Hause betreut werden. Dabei würden viele dieser Kinder im Hinblick auf ihre sprachliche Entwicklung ganz besonders von frühkindlicher Förderung in der Kindertageseinrichtung oder Tagespflege profitieren.

Um Plätze in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zu schaffen, müssen sowohl der Erzieherberuf als auch das Berufsbild Kindertagespflege attraktiver und ihre Vergütung entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 23 Abs. 2a SGB VIII tatsächlich leistungsgerecht ausgestaltet werden. Ein wichtiger Schritt war dazu die Einführung von Vergütungsstandards für die Kindertagespflege durch das KiföG in § 23 SGB VIII. In Tageseinrichtungen stellt die Fachkraft-Kind-Relation bundesweit eine Herausforderung dar. Vor allem in Westdeutschland ist darüber hinaus die bauliche und räumliche Erweiterung von Kindertageseinrichtungen erforderlich.

Der Ausbau der Ganztagsangebote schafft weitere Wahlfreiheit für die Familien und erleichtert vielen Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im März 2009 sind Ganztagsangebote in Ost- und Westdeutschland auf dem Vormarsch. Diese Entwicklung lässt auf einen gestiegenen Bedarf der Eltern schließen. Darauf muss die Kindertagespflege reagieren, die an Bedeutung zwar gewonnen hat, aber noch zu häufig nur halbtags angeboten wird.

In der Tagespflege ist die Qualifikation der Tagesmütter- und väter der Schlüssel zu besseren Rahmenbedingungen und zu einer qualitativ hochwertigen Förderung. Die Qualifikation wirkt sich auf die Qualität der Sprachförderung, den pädagogischen Anspruch, den Umfang des Betreuungsangebots und die Vergütung der Tagespflegepersonen aus. Das Qualifikationsniveau in der Kindertagespflege ist seit 2006 deutlich gestiegen. Das Aktionsprogramm Kindertagespflege der Bundesregierung und die Initiativen der Bundesländer leisten einen wichtigen Beitrag hierzu.

Rund 417.000 Kinder unter drei Jahren werden im März 2009 in einer Kindertageseinrichtung oder bei einer Tagesmutter bzw. Tagesvater betreut. Kurz nachdem das Kinderförderungsgesetz Ende 2008 in Kraft getreten ist, hat somit die Zahl der Betreuungsplätze im Vergleich zum Vorjahr in gemeinsamer Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen um 15 Prozent zugenommen. Eine Betreuungsquote von über 20 Prozent bildet eine gute Ausgangslage, um das Ziel einer bundesweiten Versorgungsquote von durchschnittlich 35 Prozent zu erreichen und auf dieser Basis im Jahr 2013 den Rechtsanspruch einzuführen. Der Bund beteiligt sich bis zum Jahr 2013 mit vier Milliarden Euro an den entstehenden Kosten. Davon sind seit Beginn des Jahres 2008 insgesamt 2,15 Milliarden Euro für Investitionen der Länder und Gemeinden in Einrichtungen und Tagespflege für Kinder unter drei Jahren verfügbar.

Seit der ersten Erhebung der KJHG-Statistik im Jahr 2006 steigt die Betreuungsquote in Deutschland kontinuierlich an. In Westdeutschland hat sich das Angebot seitdem um 75 Prozent vergrößert. Zwischen 2006 und 2009 wurden insgesamt 130.000 neue Angebote geschaffen, davon 102.000 Plätze in Einrichtungen und 28.000 Plätze in der Kindertagespflege. Die Quote für ganz Deutschland stieg von 13,6 auf 20,4 Prozent. Dabei gab es das größte Wachstum in Westdeutschland. Hier wurde das Angebot um 105.000 Plätze in Einrichtungen und in der Tagespflege erweitert – eine Steigerung um 75 Prozent seit 2006. Die Zahl der Angebote der Kindertagespflege konnte sogar verdoppelt werden.


Aus Sicht der Jugendämter mangelt es an Personal, Räumlichkeiten und Finanzierung

Mit der unterschiedlichen Ausgangssituation in östlichen und westlichen Bundesländern gehen auch Schwierigkeiten bei der Schaffung neuer Betreuungsangebote einher. 85 Prozent der Jugendämter in Westdeutschland und 60 Prozent in Ostdeutschland sehen sich vor Probleme gestellt.

In Westdeutschland behindern aus Sicht der Jugendämter vor allem unzureichende finanzielle und strukturelle Rahmenbedingung den Ausbau von Plätzen in Kindertageseinrichtung. So war die Mehrzahl der Jugendämter mit der Kofinanzierung durch das Land unzufrieden. Angesichts der Auslastung der bestehenden Infrastruktur überrascht es zudem nicht, dass fast die Hälfte der Jugendämter begrenzte Räumlichkeiten in den Einrichtungen beklagt. Nach Ansicht eines guten Drittels der befragten Jugendämter wären weitere Investitionsmittel zur Schaffung neuer Plätze notwendig. Aber auch fehlendes Fachpersonal und die hohen Arbeitsbelastungen erschweren aus Sicht von mehr als 40 Prozent der westlichen Jugendämter die Schaffung eines erweiterten Betreuungsangebots.

In den östlichen Bundesländern, in denen die Versorgungsquote von 35 Prozent bereits deutlich überschritten ist, liegen die Herausforderungen vor allem in der Sicherung und qualitativen Verbesserung des Angebots in Kindertageseinrichtungen. Der Ausbau in den bestehenden Strukturen trifft auch hier an seine Grenzen. Um die Betreuungsqualität zu verbessern und die Arbeitsbelastungen zu senken, muss der Personalbestand in den Einrichtungen erweitert werden. So beklagen fast zwei Drittel der Jugendämter einen Mangel an pädagogischen Fachkräften, fast die Hälfte bescheinigt dem Fachpersonal eine zu hohe Arbeitsbelastung. Aufgrund der guten Versorgungsquote spielen fehlende Investitionsmittel oder ein Mangel an Räumlichkeiten in Kindertageseinrichtungen nur eine untergeordnete Rolle.

Mehr als die Hälfte der westdeutschen Jugendämter und ein Viertel der ostdeutschen Jugendämter klagt über mangelnden Zulauf bei der Kindertagespflege. Grund seien auch die geringen Anreize für die Aufnahme oder Fortsetzung einer Tätigkeit als Tagesmutter oder –vater. Bei fast 40 Prozent der ostdeutschen und gut 60 Prozent der westdeutschen Jugendämter fehlen die notwendigen Mittel, um die Tagespflegepersonen angemessen bezahlen zu können. Hauptsächlich die westdeutschen Jugendämter bemängeln zudem die fehlende Verberuflichung der Tagespflege, die sich in einer geringen zeitlichen Verfügbarkeit der Tagespflegepersonen sowie der geringen Anzahl der Kinder pro Tagespflegeperson äußert. Die geringe Planungssicherheit bei der Tagespflege aufgrund hoher Fluktuation und geringer zeitlicher Verlässlichkeit wird deshalb von der Mehrzahl der westdeutschen Jugendämter kritisiert. Dies dürfte mit der geringeren Akzeptanz dieser Betreuungsform bei den Eltern korrelieren; freie Plätze bei Tagesmüttern bzw. -vätern bleiben ungenutzt. In Ostdeutschland kennen nur 15,6 Prozent der Jugendämter dieses Problem.

Um die Kindertagespflege als vollwertige Betreuungsform weiter auszubauen, muss die Attraktivität des Berufsbildes erhöht werden. Eine verbesserte und leistungsgerechtere Bezahlung, wie sie zumindest ein Teil der Jugendämter in den westlichen Bundesländern vorsieht, könnte dazu beitragen. Zudem sollen bis 2013 auch die Auswirkungen des Kranken- und Unfallversicherungsschutzes für Tagespflegepersonen untersucht werden. 

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