Bewertung des SPD-Konzepts für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung

1. Die SPD fordert einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Betreuungsplatz für alle Kinder vom 01. Geburtstag bis zum Schuleintritt, der ab dem Jahr 2010 greifen soll. Aus Sicht des DStGB ist der geforderte Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für unter Dreijährige insoweit abzulehnen, da der Betreuungsbedarf von Ort zu Ort sehr stark variiert und die Kommunen am besten in der Lage sind, den ermittelten Bedarf zu befriedigen.
Darüber hinaus hat der Bundesgesetzgeber den Kommunen gerade mit dem seit 01.01.2005 in Kraft getretenen Tagesbetreuungsausbaugesetz mit einer Übergangsregelung bis zum 01.10.2010 die Möglichkeit eingeräumt, ein bedarfsgerechtes Angebot für unter Dreijährige sicherzustellen. Die Einführung eines Rechtsanspruchs vor Ablauf der Übergangsregelung würden die derzeitigen Bemühungen und Anstrengungen nach einem Ausbau der Kleinkinderbetreuung konterkarieren.

2. Der notwendige quantitative und qualitative Ausbau der Kleinkinderbetreuung kann nur erfolgen, wenn Bund und Länder den Kommunen die notwendigen Finanzmittel dauerhaft zur Verfügung stellen. Das SPD-Konzept sieht für die Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz ab dem Jahr 2010 Gesamtkosten in Höhe von 4,22 Mrd. € jährlich vor. Auch die SPD geht in ihrer Berechnung von einem Bedarf von 750.000 Ganztagsplätzen für unter Dreijährige aus. Finanziert werden soll dies durch Einsparungen von Bund und Länder im Bereich der durch den demographischen Wandel bedingten geringeren Kindergeldzahlungen sowie um das einmalige Aussetzen der nächsten Kindergelderhöhung, und zwar um 10 € monatlich. Darüber hinaus soll der derzeit geltende Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung in Höhe von 2.160 € um 300 € abgesenkt werden und ein tariftechnisches Realsplitting mit einem Übertrag von 15.000 € eingeführt werden.
Aus Sicht des DStGB sind die Finanzierungsvorschläge durchaus überlegenswert. Gerade der Vorschlag, auf die nächste Kindergelderhöhung zu verzichten und den Kommunen das Geld für den Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, ist der richtige Ansatz.

3. Die mit dem Ausbau der Infrastruktur einhergehenden Kosten für die Verbesserung der Qualität in den Einrichtungen sind in den oben genannten 4,22 Mrd. € nicht enthalten. Die in dem Konzept dargestellten zusätzlichen rund 765 Mio. € sind aus Sicht des DStGB nicht ausreichend. Nach eigenen Berechnungen müssten mindestens 1 Mrd. € für eine qualitative Weiterentwicklung aufgewendet werden. Das vorliegende Konzept verkennt, dass neben der Anhebung des Ausbildungsniveaus von Erzieherinnen und Erziehern zusätzlich ca. 50.000 neue Erzieherinnen und Erzieher eingestellt werden müssten, um den erhöhten Betreuungsbedarf sicherzustellen.

4. Die Kosten für die schrittweise Beitragsfreiheit (3-6 Jahre) sind im Konzept unvollständig beschrieben. Die dargestellten 1,4 Mrd. € umfassen lediglich die tatsächlichen Elternbeiträge, die von den Kommunen jährlich eingezogen werden. Nicht aufgeführt sind die Kosten der wirtschaftlichen Jugendhilfe sowie die Elternbeiträge der freien Träger der Jugendhilfe. Nach Berechnungen der Hauptgeschäftsstelle betragen die Elternbeiträge bundesweit derzeit ca. 3 Mrd. € jährlich.

5. Die Gesamtkosten des SPD-Konzepts zur Verwirklichung eines Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz belaufen sich auf ca. 6,3 Mrd. €. Nach Berechnungen des DStGB würde sich das notwendige Gesamtvolumen bei den durchschnittlichen Platzkosten für Betreuungsplätze je nach Betreuungsart für die unter dreijährigen Kinder und einer Bedarfsdeckung von 40 % in einem Korridor von 6,86 Mrd. € bis 9,93 Mrd. € pro Jahr bewegen.

6. Völlig ungeklärt ist die Frage der rechtlichen Umsetzung, bzw. die Frage, auf welchem Weg das Geld zu den Kommunen gelangt. Hier bleibt das Konzept eine Antwort schuldig. Nach der Föderalismusreform ist der Bund nicht mehr berechtigt den Kommunen Aufgaben zu übertragen.

7. Darüber hinaus ist sehr fraglich, ob die im Konzept dargestellten Finanzierungsvorschläge innerhalb der Regierungsfraktion wie auch im Bundesrat eine Mehrheit findet. Der DStGB erwartet nunmehr von der Bundesregierung ein abgestimmtes Konzept, welches auf einem föderalen Gipfel diskutiert werden kann.


Diese Bewertung des DStGB sowie das Konzept der SPD stehen unten als PDF-Dokument zum Download bereit.

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