Bericht des Kompetenzzentrums für familienbezogene Leistungen liegt vor

Der Bericht des Kompetenzzentrums enthält keine "Streichliste" sondern spiegelt die Arbeit der vergangenen 17 Monate wider, zieht Schlussfolgerungen und gibt Empfehlungen, darunter einige für die nächste Legislaturperiode.

Das 2006 erstmals erstellte Leistungstableau familienbezogener Leistungen stellt Transparenz her, in dem es Leistungen und Finanzströme systematisiert und gleichzeitig Anspruchsvoraussetzungen und Leistungshöhen deutlicher sichtbar macht. Durch die Art der Darstellung werden auch Wechselwirkungen der Leistungen identifizierbar.
Die Bestandsaufnahme umfasst für 2006 insgesamt 153 Leistungen im Umfang von etwa 189 Mrd. Euro. Davon sind mit einem Volumen von 77 Mrd. Euro acht ehebezogene Maßnahmen. Es bleiben 112 Mrd. Euro familienbezogene Leistungen und Maßnahmen, die sich wie folgt gliedern lassen:

• Rund 49 Mrd. Euro waren 2006 dem Familienlastenausgleich (dem Ausgleich der besonderen Belastungen von Eltern wegen ihrer Kinder) zugeordnet. Darunter fallen Kinderfreibeträge vom Einkommen und Steuerfreistellung des Existenzminimums von Kindern oder die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der Sozialversicherung.

• Rund 18 Mrd. Euro dienten in 2006 der Grundsicherung, dem Alimentationsprinzip und der Jugendhilfe als Wächteramt.

• Weitere 45 Mrd. Euro standen der Familienförderung im engeren Sinne zur Verfügung; (u.a. der Förderanteil des Kindergeldes, Kinderzuschlag). Ausmaß und Ausgestaltung dieser Familienförderung stehen weitgehend im Ermessensspielraum des Gesetzgebers.

Ausgewählte Empfehlungen des Kompetenzzentrums

1. Vätern mit dem Elterngeld weiter den Rücken stärken
Das Elterngeld ist ein wichtiger Motor für die Ziele der nachhaltigen Familienpolitik. Es ist in hohem Maße in der Bevölkerung akzeptiert und wird von den Berechtigten sehr positiv bewertet. Ein wesentlicher Korrekturbedarf wird derzeit nicht gesehen.
Vorschlag des Kompetenzzentrums für die nächste Legislatur: Partnermonate ausweiten, um Männer mit einer "Väterkomponente" dabei zu unterstützen, gleich in der prägenden ersten Phase mehr Zeit mit ihrem Kind zu verbringen. Im Zusammenspiel mit Wirtschaft und Arbeitnehmervertretungen soll stärker auf gezielte und differenzierte Teilzeit-Angebote im Anschluss an die Elternzeit hingewirkt werden.

2. Neuen Kinderzuschlag in der nächsten Legislaturperiode weiter entwickeln
Von erfolgreichen Ländern lässt sich lernen: Das Armutsrisiko von Kindern reduziert sich am stärksten, wenn möglichst beide Eltern erwerbstätig sind. So wichtig der Ausbau der Kinderbetreuung ist, um vor allem für Alleinerziehende eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, so wichtig sind auch finanzielle Leistungen. Denn sie tragen zur Reduzierung der Armutsgefährdung von Kindern bei. Familien mit geringem Einkommen sollen wirksamer unterstützt werden. Einige familienpolitische Leistungen haben sich zur maßgeblichen Reduktion der Kinderarmut bewährt. Dazu gehören das Kindergeld und der Kinderzuschlag. Diese sollten weiter entwickelt und ergänzt werden.

Ein wichtiges Projekt ist deshalb der erweiterte Kinderzuschlag, der im Oktober 2008 in Kraft treten wird. Er wird wie das Elterngeld von Beginn an evaluiert. Eine Entwicklungsfortschreibung des Kinderzuschlags wird für die nächste Legislatur vorgeschlagen. Das Ziel: im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten mit relativ geringem finanziellen Mehraufwand noch deutlich mehr Kinder und ihre Familien unabhängig von ALG II und Sozialhilfe machen. Neben der Einführung einer Wahloption auf ALG II oder Kinderzuschlag wäre dann auch denkbar die Abschaffung der Höchsteinkommensgrenze anzustreben.

3. Mehr Kindergeld für kinderreiche Familientrukturelle Nachteile vermindern
Kindergeld schafft Gerechtigkeit und reduziert Armut. Finanzielle Mehrbelastungen, die durch Kinder entstehen, werden durch das Kindergeld etwa zu einem Drittel kompensiert. Damit leistet das Kindergeld einen wichtigen Beitrag für die wirtschaftliche Stabilität von Familien, auch um Armut zu begrenzen. Es erweist sich zudem als effektiv für den Nachteilsausgleich zwischen Familien. Der Vergleich zwischen den einzelnen Familientypen zeigt jedoch, dass dies zu Gunsten der kinderreichen Familien noch verbessert werden sollte. Mit zunehmender Kinderzahl steigen die Fixkosten von Familien sprunghaft an. Zudem sinken die Möglichkeiten beider Elternteile erwerbstätig zu sein, weil die entlastende Infrastruktur für Familien mit mehreren Kindergarten- und Schulkindern nicht voll entwickelt und aufeinander abgestimmt ist.

Im September 2008 wird der Existenzminimumsbericht der Bundesregierung Aufschluss darüber geben, ob mit einer Erhöhung des Kinderfreibetrages zu rechnen ist. Daran anschließen wird sich die Entscheidung über eine Weiterentwicklung des Kindergeldes. Das Kompetenzzentrum legt dafür verschiedene Modelle vor. Bei einer Reform des Kindergeldes in 2008 für 2009 wird eine stärkere Wirksamkeit im Sinne der nachhaltigen Familienpolitik angestrebt. Vorgeschlagen wird, das Kindergeld zu staffeln. Mit jedem weiteren Geschwisterkind sollte der Kindergeldbetrag steigen. Dadurch werden die steigenden Fixkosten gemindert und der Tatsache Rechnung getragen, dass es für Eltern schwieriger wird, für eine wachsende Kinderzahl ein auskömmliches Einkommen allein zu erarbeiten.

4. Familienunterstützende Dienstleistungen - Förderung vereinfachen
Die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen soll zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zur besseren Unterstützung älterer Angehöriger sowie zu mehr von Alltagsorganisation unbelasteter Zeit für Eltern mit ihren Kindern führen. Die bisherige Förderung soll bis Sommer 2008 nach dem Maßstab: einfach und wirksam überprüft werden. Es gibt als selbstverständliches Angebot mit einem umfassenden Spektrum an Leistungen bisher zu wenig Anbieter oder Dienstleistungsagenturen. Obwohl die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen bereits spürbare Beschäftigungseffekte hervorgerufen hat, werden die Potenziale von Angebot und Nachfrage auf dem Markt bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Bei entsprechenden Rahmenbedingungen können in diesem Sektor mindestens 300.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Damit läge Deutschland im Durchschnitt der europäischen Vergleichswerte.

Für eine verbesserte zielgenaue Förderung wird vorgeschlagen:

• Zusammenführung von Fördertatbeständen zur Vereinfachung.

• Bessere Berücksichtigung von Haushalten (junge Familien- und Rentnerhaushalte), die von der steuerlichen Förderung nicht profitieren können.

• Bessere Unterstützung von Dienstleistungsagenturen.

Das Wachstumspotenzial kann die volkswirtschaftliches Arbeitsteilung generell fördern, neue Arbeitsplätze generieren, Schwarzarbeit verringern und zusätzlich Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen sichern. Im internationalen Vergleich erweisen sich die starke Reduzierung des bürokratischen Aufwands, sowie die vereinfachte Abwicklung und Errichtung zentraler Anlaufstellen als wichtige Elemente bei der erfolgreichen Einführung von mehr haushaltsnahen Dienstleistungen.

Familienpolitik hat in Deutschland erheblich an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewonnen. Vor diesem Hintergrund erklären sich Veränderungen in Einstellungen und Verhalten. Es wurden 2007 erstmals seit vielen Jahren pro Jahr nicht weniger, sondern mehr Kinder geboren. Die Geburtenrate ist um zehn Prozent von 1,33 (2006) auf rund 1,45 (2007) gestiegen und erreicht erstmals wieder das Niveau von 1990.

Eine wirkungsorientierte Familienförderung soll helfen, diesen Trend zu stabilisieren. Deshalb wird die Evaluation des Gesamtgefüges der familienbezogenen Leistungen wie bisher in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen schrittweise fortgesetzt und dauerhaft implementiert. Es besteht Übereinstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen, dass das Bundesfamilienministerium voraussichtlich ab 2009 einen regelmäßigen "Report Familienleistungen" vorlegt.

Das Kompetenzzentrum arbeitet auch für die nächste Legislatur konzeptionell vor - im Sinne einer "Projektion 2020". Aus den Erkenntnissen des Kompetenzzentrums möglicherweise noch entstehende Effizienzgewinne müssen im System familienbezogener Leistungen verbleiben. Das Kompetenzzentrum wird von der Bundesfamilienministerin geleitet. Es setzt sich aus einem Team von Wissenschaftlern zusammen, das sich aus unterschiedlicher Sicht umfassend mit Familienförderung befasst.

• Prof. Dr. Hans Bertram, Lehrstuhl für Mikrosoziologie an der Humboldt-Universität Berlin
• Prof. Dr. Irene Gerlach, Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster
• Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln
• Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft an der Universität Gießen
• Prof. Dr. Reinhold Schnabel, Professur für Volkswirtschaftslehre insbesondere Finanzwissenschaften an der Universität Duisburg Essen
• Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Lehrstuhl für Familien- und Bildungsökonomie an der Freien Universität Berlin in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

(Ursula Krickl, ursula.krickl@dstgb.de, 06.05.2008)

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