Deutschland hat sich zur Umsetzung des Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention und seinen Anforderungen an die Inklusion verpflichtet. Damit sind alle staatlichen Ebenen Deutschlands gehalten anzustreben, allen Menschen von Anfang an in allen gesellschaftlichen Bereichen, eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund bekennt sich zu den Zielen der Inklusion. Eine der schwierigsten und kostspieligsten Herausforderungen wird die inklusive Beschulung darstellen. In mehrfacher Befassung mit dem Thema hat der Ausschuss für Bildung, Sport und Kultur des Deutschen Städte- und Gemeindebundes festgestellt, dass in den Ländern noch keine hinreichend konkretisierten Umsetzungskonzepte bestehen. Der zu erwartende Rahmen der infrastrukturellen, personellen und sächlichen Kosten sei weitgehend unbestimmt und deshalb für die Städte und Gemeinden nicht planbar.
Als Reaktion auf diese unklare Sach- und Rechtslage hat die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen (Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, Städtetag Nordrhein-Westfalen, Landkreistag Nordrhein-Westfalen) ein Gutachten erstellen lassen, in dem exemplarisch die kommunalen Kosten inklusiver Beschulung anhand zweier typischer Schullandschaften errechnet werden.
Demnach wird die Umsetzung der Inklusion an den nordrhein-westfälischen Schulen erhebliche zusätzliche Kosten verursachen, die von den Kommunen zu tragen sind. Das Gutachten eines Teams von Bildungs- und Finanzwissenschaftlern hatte zum Ziel, den zusätzlichen kommunalen Finanz- und Investitionsbedarf bei der Umsetzung der Inklusion in zwei ausgewählten Beispielkommunen, der Stadt Essen und dem Kreis Borken, zu untersuchen.
Es kommt zu dem Ergebnis, dass in der Stadt Essen bis 2019/2020 mindestens 18 Millionen Euro Investitionskosten zusätzlich aufgewendet werden müssten - vor allem für Barrierefreiheit und zusätzliche Räume. Hinzu kämen danach jährlich rund 12 Millionen Euro an laufenden Kosten für die Inklusion.
Im Kreis Borken sind allein für die Grundschulen Investitionen in Höhe von 3 Millionen Euro und jährlich laufende Kosten von 4 Millionen Euro anzusetzen. Bei einer pädagogisch sinnvollen Verkleinerung der Klassen wären Investitionen für die Stadt Essen in Höhe von über 40 Millionen Euro und für den Kreis Borken rund 10 Millionen Euro nötig.
Die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen zieht aus den Ergebnissen das Fazit, dass inklusive Beschulung nicht kostenneutral durch Umschichtung finanzieller Mittel zu erreichen ist. Sie forderten die Landesregierung zu einer realistischen Kostenfolgeabschätzung und einem Ausgleich der auf der kommunalen Seite entstehenden zusätzlichen Kosten unter dem Gesichtspunkt der Konnexität auf.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund dankt der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen für das Gutachten, das sich sicher auch in anderen Bundesländern als Argumentationshilfe gegen die Behauptung, die Inklusion im Schulbereich lasse sich mehr oder minder kostenneutral umsetzen, wird einsetzen lassen.
Auch der Ausschuss für Bildung, Sport und Kultur des Deutschen Städte- und Gemeindebundes wies bereits mehrfach darauf hin, dass die flächendeckende inklusive Beschulung bei den Kommunen zu einer konnexitätsrelevanten Aufgabenerweiterung und zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen führen wird und forderte die Bundesländer nachdrücklich auf, die für die Inklusion notwendigen zusätzlichen finanziellen Ressourcen bereit zu stellen. Es liege auf der Hand, dass eine qualitativ hochwertige Inklusion - und nur eine solche sei wünschenswert - nicht zum Nulltarif zu haben sei. Auch müsse das Kooperationsverbot im Lichte der großen Herausforderung neu betrachtet werden.