Kommunale Lichtplanung

Der Artikel zeigt Ergebnisse, hinterfragt kritisch aktuelle Tendenzen und spricht sich für ein methodisch gesichertes und ausführungsorientiertes Planungsinstrument aus, das die Lichtentwicklung der Städte ganzheitlich adressiert und nachhaltig formt.

Kommunale Lichtplanung – Hintergründe und Perspektiven

Seit einiger Zeit sind vielfältige Begriffe für ein Planungsinstrument in Verwendung, das die strategische Lichtentwicklung der Kommune langfristig zu orientieren versucht: „Lichtmasterplan“, „Masterplan Licht“, „Lichtplan“, „gesamtstädtisches Lichtkonzept“, „Beleuchtungskonzept“, „Stadtlichtplan“ oder „Lichtleitplan“. Der zunehmende Rückgriff auf eine solche Plangrundlage kann als ein nachvollziehbarer Schritt der Verwaltungen gesehen werden, da der programmatischen Entwicklung des Stadtlichts bis zur Jahrtausendwende vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Seitdem ist der kommunale Handlungsdruck jedoch immer größer geworden, da die Marktetablierung licht- bzw. betriebstechnischer Innovationen (z. B. LED-Produkte), der politisch beförderte Ansporn zur Umrüstung (Sanierungsprogramme bei Bund und Ländern), der Auslauf der betriebsüblichen Nutzungsdauer eines Großteils der Leuchtstellen und auch die Neuordnungsmöglichkeiten der Straßenbeleuchtungsverträge aufgrund auslaufender Konzessionen in den letzten Jahren zeitlich zusammenfallen. Gleichsam mit den Motiven der Kostenreduktion wird der Anspruch an attraktive und durch zusätzliche Illuminationen aufgewertete Stadtansichten immer größer, sodass Stadtgestaltung mit Licht ein Faktor kommunaler Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung geworden ist. Um in dieser heterogenen Motivationslage eine strategische Perspektive herauszuarbeiten, liegt die Idee eines Masterplans – als bekanntes Instrument informeller Stadtplanung – besonders nah. Die Qualität des Masterplans, in dem das Verfahren zur Aufstellung nicht definiert ist, nimmt hingegen beim Planungsgegenstand Licht unbefriedigende Ausmaße an, die häufig in unpraktikabler Willkür enden. Neben einer breiten Menge unterschiedlichster Professionen, die zur Aufstellung beauftragt werden, ist auch eine typische Zuordnung zu einem Verwaltungsbereich nur schwer auszumachen.

Status Quo

Bezogen auf die Ergebnisse der Umfrage haben ca. 500 Kommunen eine bestimmte Strategie oder Maßnahme im breiten Handlungsfeld Stadtbeleuchtung entwickelt. Dabei besitzen nach eigener Angabe annähernd die Hälfte der Städte und Gemeinden sogar einen umfassenden Rahmenplan. Für einen exemplarischen Überblick lassen sich folgende Planungstypen gruppieren:

  • Rahmenplan, der die Gesamtstruktur der Stadt (zumeist jedoch nur das Zentrum) betrachtet und konzeptionelle Schwerpunkte oder Themenbereiche verortet. Dabei wird das Stadtgebiet entlang exponierter Einzelobjekte wie Brücken, hohen Gebäuden (usw.) sowie Bereichen wie z. B. Kern- oder Quartiersbereiche gegliedert. Ca. 34 Prozent aller deutschen Kommunen würden ihren Rahmenplan diesem Planungstyp zuordnen und folgen somit dem schweizer Beispiel des „Plan Lumière“ der Stadt Zürich. Bei dieser Planung wurden Eingriffsgebiete nach politischen und städtebaulichen Kriterien ausgewiesen, in denen Lichtprojekte eingerichtet werden sollen. In einem zweiten Schritt wurde ein Handbuch entwickelt, das konkrete lichttechnische und -gestalterische Empfehlungen ausspricht. Über eigens entwickelte Bewilligungsverfahren und Programme soll die Zusammenarbeit der unterschiedlichen (privaten) Lichtakteure verbessert und eine dementsprechende Qualitätskontrolle vorbereitet werden.

  • Leitthemenplanung, die mit Licht zu gestaltende Orte und Objekte aufgrund übergeordneter Gemeinsamkeiten gruppiert. Die Maßnahmen beschränken sich zumeist auf gestalterische Zusätze, d. h. schließen Straßen- und/oder Werbelicht von der unmittelbaren Planung aus oder beziehen sich darauf lediglich nachrichtlich. Als Beispiel kann die Stadt Düsseldorf dienen. Im Rahmen dieses Konzeptes wurden Leitthemen entwickelt, wobei in einem Plan verortete Situationen mit Licht aufgewertet werden sollen. Mit Simulationen werden angestrebte Zwischen- und Endzustände gezeigt. In einem zweiten Schritt wurde mithilfe einer Satzung versucht, die Qualitätskontrolle auf Dritte auszuweiten.

  • Gestalterisches Beleuchtungskonzept mit Schwerpunkten zur Illumination stadtkulturell bedeutsamer Bauwerke, Ensembles und Stadtplätze. Durch Inszenierung stadtbildprägender Gebäude und Objekte (zumeist Denkmäler) wird versucht, die Präsentation und Bedeutung einzelner Stadtfragmente hervorzuheben. Etwa sieben Prozent der deutschen Kommunen weisen eine Planung dieser Art aus. Als Beispiel kann das Beleuchtungskonzept der Innenstadt von Köln angeführt werden. Hier wurde nach der Ausarbeitung eines Leuchtenkonzepts ein Beleuchtungskonzept erstellt, um das Erscheinungsbild des Kölner Innenstadtpanoramas bei Nacht hervorzuheben.

  • Prozessorientierte Lichtentwicklung, bei der die jeweils einzelnen Lichtgestaltungsprojekte ohne Plangrundlage nach Mittel und Vermögen Fortführung finden, wie z. B. in der Stadt Castrop-Rauxel. Nachdem erste Lichtgestaltungen im öffentlichen Raum dauerhaft installiert wurden, folgten im Rahmen von politischen Sonderprogrammen der Stadtentwicklung weitere temporäre Inszenierungen, die später und aus der Veranlassung ansässiger Kaufleute und Immobilienbesitzer heraus vereinzelt umgesetzt wurden. Nach weiterer Sensibilisierung folgte später die Beauftragung zur Erstellung eines stadtweiten, übergeordneten Konzepts.

  • Lichtkoordination oder Lichtmanagement von Einzelobjekten mit Moderations- oder Beratungsangeboten. Ein strukturelles Konzept wird nicht auf einer Plangrundlage entwickelt, sondern konstituiert sich selbstständig aus einzelnen Aktionen. Der Schwerpunkt liegt ausschließlich auf Lichtgestaltung. Die Befragung zeigte, dass nur wenige Städte und Gemeinden ihre Planung in dieser Form konzipieren (2 %). Als Beispiel kann die im Jahr 2001 eingerichtete Lichtkoordination der Stadt Essen dienen. Ein Projektbüro koordinierte hier die Maßnahmen zur Durchführung oder Pflege von Lichtprojekten im Rahmen eines Kulturpfads. Die Projekte wurden nach und nach in einem Plan verortet.

Einschätzung

Es darf behauptet werden, dass die Wurzeln kommunaler Lichtplanung in dem Bestreben liegen, unwirtliche Stadträume mit einem politisch legitimierten Finanzierungsprogramm zu ästhetisieren. Die Inhalte schafften es dabei nur selten über eine Ästhetik licht-visualisierter Einzelobjekte oder heller Punktfolgen in geschwärzten Stadtgrundrissen hinaus und die Wirklichkeit aus Werbe- und Funktionslicht bleibt hinter substanzlosen Phrasen einer irgendwie gearteten Maßregelung zurück. So gerät der kommunale Wunsch nach Rahmenplänen, die Licht zum Thema der Stadtgestaltung machen, seit einiger Zeit zu recht ins Stocken. Mit den substanzlosen und lediglich über theoretische Beschwörungen aufgeladenen Planungen wurde zum einen klar, dass die Steuerungskomplexität der Stadtlichts weit mehr benötigt, als einen Vorsatz, der mit computergenerierten Silhouetten nächtlich illuminierter Städte befördert wird. Zum anderen versuchte die gestalterische Willkür in einen Handlungsbereich einzugreifen, der nicht auf Straßenhierarchisierung durch veränderte Lichttemperaturen gewartet hatte. Vielmehr staute sich ein Druck in den Disziplinen des Tiefbaus, der sich infolge bundesrepublikanischer Subventionspolitik mit einem Mal durch Fördergelder entlang hoch verschuldeter Kommunen löste. Kommunen konvertierten zu prämierten Modellstädten, deren „überragende Leistung“ darin bestand, ihre konstante und konsequente Arbeit im Bereich Infrastrukturplanung lange Zeit vernachlässigt und Lichtkompetenzen an Großunternehmen abgetreten zu haben, um mit Auslobung entsprechender sog. „Wettbewerbe“ einen Quantensprung von Quecksilberhochdruck auf LED zu unternehmen (vgl. www.bundeswettbewerb-stadtbeleuchtung.de).

Der vergleichsweise plötzliche Fokus auf eine subventionierte, in irgendeiner Art innovative Straßenbeleuchtung überschwemmte sämtliche Planungen, die z. B. das gelbe Licht der Natriumdampflampe bis dato nur als orientierendes Mittel zur Straßendifferenzierung vorschlugen. Was hierbei massiv alle Fragen von Lichtqualität im Raum verschlang, ist die Reduktion der beleuchteten Stadt auf eine rein ökonomische Größe und der ausschließliche Fokus auf den Handlungsbereich Straßenbeleuchtung. Die von privaten Wirtschaftsprüfagenturen (z. B. PwC/WIBERA 2010) oder gemeindlichen Prüfanstalten praktizierte Methode des sog. „Benchmark“ erweckt nunmehr den Anschein einer Vergleichbarkeit von Aspekten, die weder ökonomisch verkürzt werden dürfen, noch interkommunal verglichen werden können. Doch auch wenn unterschiedlich basierte Kommunalvergleiche von Straßenlängen und Kilowattstunden oder Einwohnerzahlen und Leuchtstellen keine Aussagen zum qualitativen Grundverständnis von Licht in der Stadt zulassen, fallen die wagen Kenngrößen im kommunalpolitischen Raum auf fruchtbaren Boden und produzieren unhaltbare Begehrlichkeiten durch Wahrheit behauptende Kennzahlen. Die daraufhin abgestellten Handlungsempfehlungen kennen so gut wie nur eine Lösungsformel: eine unhinterfragte, technische Bestandserneuerung. Selbstredend muss es zu einer effizienten Art der Energienutzung kommen, doch ist diese nicht ausschließlich mit einem 1:1 Wechsel der Leuchten, Lampen und Vorschaltgeräte oder einem beliebigen dreh am Dimmer zu beantworten. Was zudem hinter den Werten des „Benchmarks“ zurückbleibt, ist der Rückschluss auf Aspekte der Lichtquantität. Und so nützt der Verfahrenssicherheit die blanke Behauptung der vermeintlichen Einhaltung irgendwelcher Normwerte. Gewiss hat die konstruktive Auseinandersetzung mit den „anerkannten Regeln der Technik“ eine gewisse Relevanz, doch darf die Auseinandersetzung mit Licht damit weder beginnen noch enden – insbesondere dann nicht, wenn gemeinhin bekannt ist, dass diese auf den wenigsten Straßen eingehalten werden. Eines sei am Rande bemerkt: Würde die aktuelle Normempfehlung als wirkliches Ziel nachweislich Umsetzung finden, wäre die sektorale Energieeinsparung gar nicht einlösbar und ökologische sowie kulturelle Konsequenzen (z. B. „Lichtverschmutzung“ usw.) verheerend.

Umriss des Lösungswegs

Die ganzen zuvor genannten Anstrengungen wären unserem Ermessen nach besser aufgehoben, wenn qualitative Lichtbedarfe entlang politisch legitimierter Raumkriterien benannt würden. D. h. Dunkel- und Lichtbedarfe, die auf fundierten Informationen von Betroffenen, ihren Zeiten, Nutzungen und Erwartungen im Raum beruhen. Die grundlegende Formel ist dabei recht einfach: Was ist wann und wo für wen und auf welche Bedarfe hin zu beleuchten oder eben nicht zu beleuchten? Und dann: Mit welchen technischen, betriebs- oder raumorganisatorischen Mitteln ist das Ziel in kurz-, mittel- oder langfristiger Perspektive erreichbar? Mit den heute zur Verfügung stehenden Erkenntnissen zur Lichtwirkung in der belebten und unbelebten Umwelt, die mit jüngsten unabhängigen Forschungsinitiativen immer deutlicher werden, und den heute zur Verfügung stehenden Rauminformationen über geografische Lokalisierung von Mensch und Tier im Zeitverlauf wird dann nahezu automatisch deutlich, welches Licht zur welcher Zeit und an welchem Ort „richtig“ oder „falsch“ wirkt. Und mit einer kommunalpolitischen Konkretisierung der Lichtquantität kann die Ausführungsebene verfahrenssicher agieren, ohne eine normgerechte Praxis behaupten zu müssen. Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, dass sich die Rahmenplanung für städtisches Licht nicht überlebt hat oder sich in einzelnen Sanierungsprojekten auflöst, sondern ein neues Profil einfordert.

Kommunale Anstrengung

Das abendliche und nächtliche Lichtbild der Stadt wird heute von einer Vielzahl von Handelnden bestimmt, die zunächst in ihrer eigenen und einzelnen Bemühung stehen. Die anzustrebende Entwicklung muss jedoch von der gesellschaftlich legitimierten Kommunalpolitik bestimmt werden, die die Lichtverwendung an Grundsätzen der Nachhaltigkeit ausrichtet. Die Kommune benötigt dafür eine Selbstbindung, die über eine Plangrundlage konkretisiert werden kann. Jedoch ist weder der Instrumentenkanon noch die kommunale Anstrengung damit abgeschlossen. Denn das horizontal wirkende Straßenlicht ist über energetisch-ökologische Anforderungen hinaus in bestmöglichem Maße mit dem gemeinhin vertikal wirkenden Licht privater Akteure zu einer raumbildenden Beleuchtung zusammenzuführen. Der Weg zu einem dreidimensionalen Profil des umbauten Raums wird dabei besonders von der öffentlich-privaten Kooperation bestimmt. Hierbei tritt die Qualität der Plangrundlage zunächst in den Hintergrund, denn es wird ein kompetenter und extrem engagierter „Moderator“ notwendig. Ohne eine vermittelnde Person kann auch die beste Plangrundlage nicht greifen und private wie öffentliche Initiativen aktiv lenken, anregen oder auch unterbinden.

Perspektive

Kommunen sollten sich bei Erstellung einer Rahmenplanung ihrer hieraus resultierenden Selbstbindung bewusst werden, die weit mehr einfordert, als die Darstellung zum Besitz eines Dokuments mit der Überschrift „Beleuchtungskonzept“ oder „Lichtmasterplan“. Die Planung als solche ist lediglich der Auftakt eines langfristig angelegten Entwicklungsganges. Bestenfalls einer integrierten Lichtleitplanung, die über eine fortentwicklungsfähige Kommunikationsgrundlage und einer legitimierten Institution bzw. einer die Umsetzung begleitenden Person gegründet ist. Neben einer Optimierung der Straßenbeleuchtung im Sinne ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte der Nachhaltigkeit sind die Handlungsbereiche Lichtgestaltung und Lichtwerbung konsequent darin einzubinden. Da wir in den vergangenen Jahren beobachten konnten, dass das lichtbezogene Fachwissen den Kommunalverwaltungen in den vergangenen Jahrzehnten systematisch abhanden kam und nunmehr gleichsam vor komplexer werdenden Herausforderungen steht, sollte unseres Erachtens ein neuer Kompetenzaufbau stattfinden. Als Baustein zum Aufbau solcher Lichtkompetenz in den benannten Handlungsbereichen planen wir aktuell die Herausgabe eines Leitfadens für Kommunalverwaltungen. In diesem Leitfaden sollen praxisorientierte Methoden zur Optimierung aufgezeigt, umsetzungsorientierte Hinweise unterbreitet und ausführungsbegleitende Instrumente vorgestellt werden, um die Lichtentwicklung der Kommunen ganzheitlich zu qualifizieren.

(Dennis Köhler / Raphael Sieber, Fachhochschule Dortmund)

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