"Der Deutsche Städte- und Gemeindebund appelliert an Bund und Länder, alles dafür zu unternehmen, dass es im Herbst nicht zu einem weiteren Lockdown kommt. Das wäre verheerend für die Menschen, aber auch für die Wirtschaft. Hinzu kommt, dass die viele Bürgerinnen und Bürger eine solche Maßnahme kaum akzeptieren würde. Wir stellen knapp 18 Monaten eine gewisse Pandemiemüdigkeit fest.
Bund und Länder müssen sich zeitnah darauf verständigen, welche Maßstäbe gelten wann und wo für weitere Einschränkungen im Herbst. Es ist absehbar, dass die Inzidenzzahlen weiter steigen werden. Wir werden uns von der Entwicklung in anderen europäischen Ländern nicht abkoppeln können. Dabei gilt es zu beachten, dass die Inzidenzzahlen zwar steigen, die Verläufe aber weniger gravierend sind, da in erster Linie eher jüngere Menschen betroffen sind. Bei den über 60-jährigen beträgt die Inzidenz momentan circa fünf. Bei den Personen zwischen 19 und 30 Jahren liegt sie deutlich höher, schon jetzt bei 34.
Es muss also darum gehen, einen neuen Maßstab zu finden. Er muss die Inzidenz, aber auch die Belastung der Krankenhäuser in den Blick nehmen. Das sollte bundeseinheitlich zwischen den Ländern vereinbart werden. Wir müssen vermeiden, dass in einem Land die Restaurants wieder schließen, weil die Inzidenz über 100 steigt und in einem anderen Land dies schon bei 50 oder erst bei 150 erfolgt.
Es spricht vieles dafür, die bisherigen Inzidenzgrenzwerte höher anzusetzen und stark belastende Eingriffe erst anzuordnen, wenn das Gesundheitssystem absehbar überlastet ist. Gleichzeitig muss es darum gehen, die so genannten AHA- Regeln, Abstand, Hygiene und Maske, konsequent weiter anzuwenden. Das gilt für den öffentlichen Personennahverkehr (Busse und Bahnen), für die Schulen, für Veranstaltungen.
Auch die Teststationen und möglichst tägliche Tests in den Schulen sind notwendig, damit der Regelunterricht nicht gleich wieder beendet werden muss. Gleichzeitig muss es darum gehen, die Impfkampagne und einfache Impfangebote fortzusetzen. Dies muss mit einer Kommunikationskampagne verbunden werden, da bei vielen Menschen der Eindruck entstanden ist, die Pandemie sei eigentlich vorbei. Das ist leider unzutreffend. Zu dem notwendigen Maßnahmenpaket gehört auch eine konsequente Kontrolle, zum Beispiel der Kontaktnachverfolgung bei Veranstaltungen und Restaurantbesuchen.
Zur Erhöhung der Akzeptanz von Impfangeboten sollte noch deutlicher betont werden, dass vollständig geimpfte Personen zum Beispiel bei Veranstaltungen, bei Restaurantbesuchen oder auch bei Hotelaufenthalten außer Abstand und Maskenpflicht keine zusätzlichen Belastungen erfahren dürfen. Reiserückkehrer aus Hochrisikogebieten müssen konsequent kontrolliert werden, einschließlich der dann erforderlichen Quarantäne. Dabei ist es richtig, vollständig geimpfte Personen dauerhaft von diesen Beschränkungen auszunehmen. Gerade bei den reisefreudigen Deutschen kann das ein zusätzlicher Anreiz sein, sich impfen zu lassen.
Wenn alle Menschen ein im Angebot erhalten haben, bleibt auch zu klären, ob das Testverfahren weiterhin unentgeltlich sein sollte. Wir hoffen sehr, dass die ständige Impfkommission demnächst auch eine Empfehlung für die Impfungen von zwölf bis 16-jährigen Kindern und Jugendlichen ausspricht. Das könnte eine deutliche Entlastung für die Schule bedeuten.
So traurig es ist, wir werden noch lange mit der Pandemie leben müssen und sind vom normalen Leben noch weit entfernt."