Die zurückliegenden Beschlüsse der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sind in den Ländern unterschiedlich ausgelegt worden. Das beeinträchtigt die Eindämmung der Pandemie und die Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Menschen verstehen nicht, warum in dem einen Bundesland etwas zulässig ist, was in einem anderen Bundesland bei gleicher Inzidenzzahl nicht in Betracht kommt.
Unverzichtbar bleibt allerdings, die Inzidenzentwicklung in den einzelnen Städten und Kreisen zu beachten. So wird es sicherlich keine flächendeckenden Ausgangsbeschränkungen geben können. Nach wie vor gibt es Gesundheitsamtsbezirke, die unter einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner liegen. Die im Entwurf thematisierte Ausgangssperre ab einem Inzidenzwert von 100 ist verfassungsrechtlich problematisch. Ein derart tiefgreifender Eingriff muss befristet und genau begründet werden. Hier ist es notwendig, auf einen hören Inzidenzwert (zum Beispiel 200 und höher) zu setzen.
Es geht bei der Änderung des Infektionsschutzgesetzes nicht um die Entmachtung der Länder und Kommunen, sondern allein um die Festlegung einiger Leitplanken, die bundeseinheitlich gelten sollen. Die Umsetzung muss immer den besonderen Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen. Unter diesen Voraussetzungen halten wir die Ansätze der geplanten Änderungen für akzeptabel und für den Infektionsschutz notwendig.
Wir gehen davon aus, dass auch nach einer Änderung des Infektionsschutzgesetz Modellprojekte zur Erprobung von Öffnungsperspektiven weiterhin zulässig sein werden, sofern ein Inzidenzwert von 100 nicht überschritten wird. Sie sind ein wichtiges Hoffnungssignal für die Menschen und deshalb unverzichtbar.