Interview

Kommunen und Kirchen: Systemrelevant

Was haben Kirchen und Kommunen in der Corona-Krise gemeinsam?

Landsberg: Kirchen und Kommunen stehen bei der Eindämmung der Pandemie und deren Folgen an vorderster Front. Egal was die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beschließt – umgesetzt und ausgeführt werden muss es immer in den Städten und Gemeinden. Da gibt es organisatorische Gemeinsamkeiten, weil die Kirchen und die Diakonie in großem Umfang zum Beispiel Kindergärten und andere Sozialeinrichtungen betreiben. Die Menschen haben Ängste, viele sind sehr einsam, in den Familien gibt es zusätzliche Konflikte. Das gewohnte Leben ist zum Stillstand gekommen. Diese Situation fordert Kirchen und Kommunen gleichermaßen heraus – ob in den Jugendämtern, im Sozialbereich oder bei der notwendigen Versorgung von Obdachlosen. Geistiger und persönlicher Beistand sind wichtiger denn je.

Was hat sich in der Arbeit schon verändert?


Landsberg: Wir erleben wiederum im kirchlichen Bereich als auch in den Kommunen einen Digitalisierungsschub. Der Konfirmandenunterricht, die Presbyteriumssitzung, die Bibelgruppe, die Kirchenmusik auf Skype, all das sind neue Erfahrungen. Entsprechendes gilt für die Gremien der Kommunalpolitik, auch sie haben ihren Weg ins Netz gefunden. Das wird man auch nach Krise teilweise weiter nutzen.

Werden Kommunen und Kirchen von der Politik ausreichend unterstützt?


Landsberg: Es gibt eine enge Abstimmung zwischen Kommunen, Bund und Ländern. In den Krisenstäben wird mit Unterstützung der Wissenschaft versucht, jeweils die beste Lösung vor Ort zu entwickeln. Die Religionsausübung ist ein wichtiges Grundrecht, wie das Bundesverfassungsgericht gerade wieder festgestellt hat. Deswegen hätte ich mir ein Programm für eine behutsame Öffnung von Gottesdiensten etwas früher gewünscht.


Wo sehen Sie Handlungsbedarf?

Landsberg: Die Kirche ist im wahrsten Sinne des Wortes mit ihren Pfarrerinnen und Pfarrern systemrelevant. Ohne ihren Beistand werden viele Menschen nicht ohne Schäden durch die Krise kommen können. Umso erstaunlicher ist, dass in der langen Liste von Berufsgruppen und Berufsbezeichnungen, die von der Landesregierung als systemrelevant eingestuft werden, die Pfarrerinnen und Pfarrer nicht auftauchen. Folglich hätte dieser Personenkreis zurzeit auch keinen Anspruch, ein Kleinkind in die Notbetreuung zu bringen. Das halte ich für nicht akzeptabel. Hier besteht Korrekturbedarf.

Wo stehen Kirchen und Kommunen nach der Krise?


Landsberg: Aus meiner Sicht wird es eine Renaissance der kommunalen Selbstverwaltung geben. Hieß es früher über die Kommunen häufig „zu langsam, zu umständlich, zu bürokratisch“, sind diese Stimmen verstummt. Die Menschen merken, dass die Verwaltungen und die Kommunalpolitik gut funktionieren und man sich auf sie verlassen kann. Das Vertrauen wächst. Das gilt gleichermaßen für die Kirchen: In der Krise brauchen die Menschen verstärkt seelischen Beistand. Genau den finden sie jetzt. Deswegen bin ich sicher: Kommunen und Kirchen werden gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Am Ende werden wir hoffentlich dauerhaft mehr Zusammenhalt, mehr Rücksichtnahme, mehr Wertschätzung und auch mehr Freude am Alltäglichen haben.

Foto: Gawandka

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