Urteil des OVG
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit heute verkündetem Urteil (8 A 4775/18 (I. Instanz: VG Köln 13 K 6684/15) entschieden, dass der Luftreinhalteplan vom 1. April 2019 für die Stadt Köln rechtswidrig ist und das Land ihn deshalb fortschreiben muss. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5/V und älter sind Fahrverbote in den Luftreinhalteplan aufzunehmen, um eine Einhaltung des Grenzwerts an vier betroffenen Messstellen zu erreichen. Konkrete Straßenabschnitte und mögliche Ausnahmeregelungen sind von der Bezirksregierung Köln festzulegen. Das OVG bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz, dass der bisherige Luftreinhalteplan unzureichend ist, da die vorgesehenen Maßnahmen nicht den Anforderungen der Europäischen Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 und dem Bundes-Immissionsschutzgesetzes genügen.
Anstelle einer großflächigen Fahrverbotszone könnten jedoch streckenbezogene Fahrverbote unter Umständen genügen. Mit dieser Anordnung könnte nach den Prognosen der Bezirksregierung Köln an allen betroffenen Straßen im Jahr 2020 der Grenzwert hinreichend sicher eingehalten werden bzw. würde am an einer Messstelle mit 41 Mikrogramm pro Kubikmeter nur geringfügig überschritten. Für die übrigen Messstellen in Köln erscheint es laut Gericht nicht zwingend geboten, Fahrverbote anzuordnen. Mit Bezug auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit wurde auch kein Fahrverbot für eine Straße angeordnete, wo der Grenzwert nach derzeitiger Prognose 41 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahre 2020 nicht übersteigen wird und spätestens aber 2021 eingehalten werden wird. Das Gericht weist auf mögliche Ausweichverkehre durch Fahrverbote hin, die wiederum anderenorts zu Fahrverboten führen könnten. Die Maßnahmen der Stadt sind daher regelmäßig aktuellen Entwicklungen anzupassen.
In einer zweiten Stufe muss der Luftreinhalteplan für Köln daher optional Fahrverbote auch dort vorsehen, wo möglicherweise entgegen bisheriger Prognosen Grenzwerte auch künftig überschritten werden könnten. Das OVG bestätigt damit auch die Anforderungen nach dem Urteil zur Luftreinhalteplanung für die Stadt Aachen, wo ebenfalls die Option zusätzlicher Fahrverbote angeordnet wurde.
Anmerkungen des DStGB
Das Urteil des OVG NRW bestätigt zunächst, dass Fahrverbote im Zuge von Grenzwertüberschreitungen kein Automatismus sind. Vielmehr wird die Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und plausibler Prognosen zur Wirkung begonnener Maßnahmen der Kommunen betont. Das Gericht würdigt somit die Bemühungen der Stadt Köln (wie zuvor auch im Urteil zur Stadt Aachen), welche enorme Anstrengungen unternommen hat, um die Schadstoffbelastung zu reduzieren. Hierzu zählen in Köln etwa die Umrüstung älterer Dieselbusse, die Förderung des Radverkehrs und ÖPNV als auch die Verhängung eines Durchfahrtverbots für Lkw über 7,5 Tonnen in der Innenstadt.
Das Urteil bestätigt zudem die Anstrengungen von Bund und Ländern, die Kommunen bei der Verkehrswende und zur Erreichung sauberer Luft umfassend zu unterstützen. 2018 waren 57 Städte von Grenzwertüberschreitungen betroffen, 2017 waren es noch 65 Städte. Förderprogramme des Bundes wie u.a. das „Sofortprogramm Saubere Luft“ müssen verstetigt und auf alle Städte und Gemeinden ausgeweitet werden. Um die Klimaschutzziele zu erreichen und die Luft- und somit Lebensqualität in den Kommunen zu verbessern, fordert der DStGB einen Masterplan für den Klimaschutz und die Verkehrswende in ganz Deutschland. Der Blick hierfür muss sich neben den Großstädten auch endlich auf die Fläche richten. Der DStGB geht hierbei von einem Bedarf von 20 Mrd. Euro in den nächsten 10 Jahren aus. So können insbesondere die hohen Pendlerverkehre durch attraktivere Stadt-Umland-Verbindungen auf die Schiene verlagert werden. Daneben gilt es, den Radverkehr zu stärken und durch den Ausbau der Elektromobilität in der Stadt und auf dem Land weitere Alternativen zu schaffen. Zugleich ist die Automobilindustrie aufgefordert, die Nachrüstung betroffener Diesel-PKW und die Entwicklung alternativer Antriebe voranzutreiben.
Ziel muss es sein, den motorisierten Individualverkehr insgesamt zu reduzieren und dort wo es wenig Alternativen gibt, diesen nachhaltig zu gestalten. Fahrverbote führen zu Umgehungsverkehren in den Städten und lösen die dargestellten Probleme nicht.
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