Die gute wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik wirkt sich auch auf die Kommunalfinanzen aus. Das zeigt die heute veröffentlichte aktuelle Prognose der kommunalen Spitzenverbände. Im Durchschnitt stehen die kommunalen Haushalte derzeit gut da. Allerdings ist diese positive Momentaufnahme verschiedenen Sonderfaktoren geschuldet, die alle nicht von Dauer sein werden. Die derzeitige Situation und die guten Aussichten sind ausschließlich einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung geschuldet und verschiedenen Bundeshilfen. Die kommunale Ebene vermag zwar derzeit Überschüsse zu erwirtschaften, krisenfest und aus sich heraus tragfähig sind die Kommunalfinanzen allerdings noch lange nicht.
Anlässlich der heute veröffentlichten Prognosedaten zur kommunalen Finanzlage sagten die Präsidenten des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Oberbürgermeister Markus Lewe, Münster, Landrat Reinhard Sager, Kreis Ostholstein und Bürgermeister Uwe Brandl, Abensberg: „Schuldenabbau und Investitionen müssen jetzt Vorrang haben. Denn - das zeigt jede Erfahrung - eine gute wirtschaftliche Entwicklung dauert nicht ewig an. Daran sollten Bund und Länder denken, trotz der positiven Entwicklung bei den öffentlichen Haushalten. Eine Diskussion über höhere Leistungen, etwa im Sozialbereich ist nur dann zu verantworten, wenn klar benannt und geregelt wird, wie diese in wirtschaftlich schlechteren Zeiten noch finanziert werden können.“
Im Ergebnis rechnet die Prognose der kommunalen Spitzenverbände für das laufende Jahr mit einem Überschuss von 7,6 Milliarden Euro. In den Folgejahren sind Finanzierungsüberschüsse zwischen 5 und 6 Milliarden Euro zu erwarten. Gleichwohl sind die Unterschiede in der Finanzkraft von Kommune zu Kommune immer noch sehr groß. Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen es daher, dass die Bundesregierung eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eingerichtet hat, betonten Lewe, Sager und Brandl. „Unsere drei Verbände werden sich sehr intensiv in die Diskussionen der Kommission einbringen. Ziel ist es, dem Bund klar aufzuzeigen, wie unterschiedlich die Probleme und Möglichkeiten der Kommunen sind und wie stark beispielsweise Zukunftschancen junger Menschen in einzelnen Gebieten voneinander abweichen. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Herausforderungen, vor denen die einzelnen Städte, Kreise und Gemeinden stehen. Weder eine Geldverteilung nach dem Gießkannenprinzip noch Einheitslösungen werden da weiterhelfen.“
Bei den Sozialausgaben erwarten die Kommunen für den gesamten Prognosezeitraum weiterhin deutliche Anstiege. In diesem Jahr werden voraussichtlich 60 Milliarden Euro überschritten. 2021 werden sogar mehr als 70 Milliarden Euro erwartet. Beim Vergleich über mehrere Jahre ist damit eine deutliche Niveauverschiebung nach oben erkennbar, stellten Lewe, Sager und Brandl klar: „Hinsichtlich der Sozialausgaben wollen die Kommunen möglichst schnell mehr Planungssicherheit. Dazu gehört eine Antwort des Bundes auf die Frage, wie es bei der Flüchtlingsfinanzierung über das Jahr 2018 hinaus weitergeht. Außerdem müssen sich Bund und Länder einigen, wer die Kosten für die Menschen übernimmt, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber als sogenannte Geduldete bei uns leben.“
Die in der Prognose der kommunalen Spitzenverbände verwendeten Durchschnittszahlen spiegeln die Werte für die Gesamtheit der Kommunen wider. Die Prognose basiert – wie auch die Haushaltsplanungen von Bund und Ländern – auf der Annahme einer weiterhin guten und gleichmäßigen wirtschaftlichen Entwicklung. Ein Blick auf die Investitionsentwicklung zeigt hierbei die Kehrseite der soliden Konjunktur. So konnten die Kommunen nicht alle für Investitionen vorgesehene Mittel tatsächlich ausgeben. Real, d.h. unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, stiegen die Investitionen im vergangenen Jahr praktisch nicht. Und im Rahmen der Prognose wird trotz Finanzierungsüberschüssen auch künftig nur von einem mäßigen Anstieg der kommunalen Investitionen ausgegangen, bedauerten Lewe, Sager und Brandl: „Die Kommunen können derzeit nicht in dem Ausmaß investieren, wie es der Investitionsrückstand fordert und die Finanzlage letztlich zulassen würde. Hintergrund hierfür sind Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft, hierdurch stark gestiegene Preiserwartungen sowie zunehmende Personalknappheit bei kommunalen und privaten Planungsbüros.“
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