Das Streikverbot ist nicht nur die unverzichtbare Legitimation für die besonderen Merkmale des Berufsbeamtentums wie Alimentation einschließlich Pension und Beihilfe sowie Lebenszeitprinzip und Fürsorgepflicht. Andernfalls stünde die Akzeptanz des Berufsbeamtentums bei den Bürgerinnen und Bürgern auf dem Spiel. Es geht um die Aufrechterhaltung wesentlicher staatlicher Garantien und Gemeinwohlverpflichtungen, gerade in sensiblen Bereichen der Daseinsvorsorge wie Schule, Bildung und Erziehung. Hierauf haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch und müssen sich rund um die Uhr und jahrein, jahraus verlassen können müssen. In Zeiten zunehmender Staats- und Politikverdrossenheit hat die Verlässlichkeit des Staates eine immense Bedeutung, die wir nicht weiter gefährden dürfen.
In dem Verfahren standen vier Verfassungsbeschwerden von verbeamteten Lehrern zur Entscheidung, die wegen ihrer Streikteilnahme disziplinarrechtlich belangt worden waren und für ein Streikrecht für Beamtinnen und Beamte streiten.
Wer die Schulpflicht gesetzlich verankert, muss auch dafür sorgen, dass Unterricht stattfindet. Der Beamtenstatus und das ihm innewohnende Streikverbot für Lehrkräfte sind daher unabdingbar. Schüler und Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass die Wissensvermittlung an Schulen jederzeit verlässlich stattfindet. Wenn der Staat mit jedem vernünftigen Recht die allgemeine Schulpflicht anordnet, hat er auch dafür Sorge zu tragen, dass diese Schulpflicht dauerhaft und ausfallfrei erfüllt werden kann.
Zwischen dem Status und der Funktion der Beamten zu trennen und damit etwa Lehrer ein Streikrecht einzuräumen und anderen Beamten nicht, wäre ein künstliches Konstrukt, das mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums nicht zu vereinbaren ist. Das BVerfG bestätigt diese Grundsätze und hebt zu Recht hervor, dass es eine Sonderkategorie der „Beamten mit Streikrecht“ oder „Tarifbeamten“ nicht geben. Das Beamtenverhältnis lässt ein „Rosinenpicken“ nicht zu.
Schließlich ist hervorzuheben, dass auch im öffentlichen Dienst Arbeitskampfmaßnahmen das Gemeinwohl nicht offensichtlich verletzen dürfen. Das gilt besonders im Hinblick auf die angesprochenen sensiblen Bereiche der medizinischen und pflegerischen Betreuung, der Kinderbetreuung oder dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Die Streikbereitschaft hat in dem Bereich massiv zugenommen. Hier darf von Streiks nur mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein Gebrauch gemacht werden. In Folge der Entscheidung ist es dringend notwendig, im Interesse der betroffenen Bürgerinnen und Bürger gesetzlich konkrete Regelungen für Arbeitskämpfe in wesentlichen Bereichen der Daseinsvorsorge zu treffen.
(Statement DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg)
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