Bislang war der deutsche Bikesharing-Markt durch das Angebot von stationsgebundenen, öffentlich subventionierten Systemen mit im internationalen Vergleich eher kleinen Flotten geprägt. Seit Beginn des letzten Jahres wird allerdings deutlich, dass dieses Angebot in einigen deutschen Großstädten durch Free-Floating-Angebote von asiatischen Wettbewerbern mit einer zum Teil sehr großen Stückzahl von Leihrädern ergänzt wird. Auch gibt es Berichten darüber, dass sich diese Anbieter unkooperativ verhalten. Die ADFC-Arbeitshilfe wird allerdings darauf hingewiesen, dass es aus anderen europäischen Großstädten Erfahrungen über die gute Zusammenarbeit mit dem Anbieter Mobike gibt.
Als Chancen, die leicht verfügbare Leihfahrräder in den Städten mit sich bringen können, werden insbesondere folgende Aspekte benannt:
- Ein niedrigschwellig verfügbares Leihfahrradsystem kann gerade Menschen, die bisher das Fahrrad wenig oder gar nicht nutzen, für die Fahrradmobilität gewinnen.
- Der Bedarf an Fahrradabstellanlagen, beispielsweise an Bahnhöfen, kann durch stationslose Leihräder verringert werden.
- Eine flexible, individuelle Fahrradmobilität kann für die Besucher und Touristen eine wichtige Rolle spielen.
- Durch den Wettbewerb zu öffentlich finanzierten Leihradsystemen kann es zu deutlichen Verbesserungen für die Kunden, etwa im Bereich der niedrigschwelligen Nutzung, der Preisgestaltung und eines breiteren Angebotes kommen. Es wird allerdings seitens des ADFC zurecht darauf hingewiesen, dass es im Sinne der Nutzer wünschenswert wäre, wenn sich die unterschiedlichen Angebote für unterschiedliche Nutzungsansprüche ausdifferenzieren – beispielsweise zum Lastentransport, sportliche Räder, stabile Räder, Familienfreundlichkeit und E-Bikes.
- Besonders für kleinere Städte, in denen bislang kein Bikesharing-Angebot existiert, können die schnell und flexibel installierbaren Systeme der neuen Anbieter die Chance bieten, ein Leihradsystem ohne zusätzliche Finanzierung zu erhalten.
Zu den Herausforderungen der Anbieter, welche sich zum Teil mit sehr hohen Stückzahlen im Bikesharing-Markt und damit auch auf den öffentlichen Flächen bewegen, zählen unter anderem:
- Das „wilde Parken“ kann zu Behinderung anderer Nutzer / Verkehrsteilnehmer führen, insbesondere die Flächenkonkurrenz zum Fußgängerverkehr ist hier zu nennen. Eine Möglichkeit für die Städte, dies zu steuern, liegt darin, zusätzliche Flächen für das Bikesharing zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist die Flächenverfügbarkeit in vielen Städten sehr begrenzt. Insofern sollten Systeme wie das sogenannte Geofencing eingeführt werden, bei dem die Nutzer durch finanzielle Anreize angehalten werden, die Räder in virtuell definierten Abstellzonen zu parken.
- Eine weitere Herausforderung besteht darin, eine Netzabdeckung sicherzustellen, um zu vermeiden, dass die Räder sich lediglich auf die touristisch interessanten Zentren konzentrieren, während Peripherie und weniger attraktive Städte ohne ein entsprechendes Angebot auskommen müssen. Diesbezüglich wird in der Arbeitshilfe darauf hingewiesen, dass die Städte gezielt die Kooperation mit den Leihradunternehmen suchen sollten.
- Ein wichtiges Thema ist der Datenschutz. Die Finanzierung der öffentlich nicht geförderten Leihradsysteme ist Wagniskapital getrieben. Ihr Geschäftsmodell beruht zumindest teilweise auf der Nutzung der im Rahmen der Dienstleistung entstehenden Daten. Dabei muss der deutsche und europäische Datenschutz eingehalten werden. Für die Städte ist wichtig, dass ihnen diese auf der kommunalen Infrastruktur gewonnenen Daten kostenlos zur Verfügung gestellt werden, damit diese für die Verbesserung der kommunalen Dienste wie beispielsweise die Verkehrsplanung und -steuerung genutzt werden können.
Handlungsoptionen von Städten und Gemeinden
Bikesharing-Unternehmen sollten ihr Angebot in Absprache mit den Kommunen entwickeln. Zu nennen sind hierbei sowohl die Flächennutzungs- und Mobilitätskonzepte der Stadt sowie die Interessen der Bürger beziehungsweise Nutzer. Um dies sicherzustellen, wird in der Arbeitshilfe auf zwei besonders wichtige Punkte hingewiesen:
1. Eine Orientierung an einer sinnvollen Flottenzahl. Diese ist allerdings von Stadt zu Stadt unterschiedlich, weil sie von verschiedenen Faktoren abhängt, wie der Anzahl der Pendler, ÖPNV-Konzepten, den anvisierten Nutzergruppen sowie weiteren Bedingungen.
2. Eine Orientierung zur geordneten Flächennutzung: Dies kann insbesondere durch Kooperation oder Vereinbarungen zwischen der Kommune und den Anbietern sichergestellt werden. In diesem Rahmen kann etwa die Installation eines Bonussystems für virtuelle, mit der Stadt koordinierte Abstellzonen (Geofencing) vereinbart werden. Ebenso die Integration in das städtische Verkehrskonzept, der Umgang mit sogenannten „Fahrradleichen“ sowie die Verteilung der Fahrräder im Stadtgebiet.
Der Leitfaden des ADFC kann im Internet unter folgender Adresse abgerufen werden: www.adfc.de.
Das Bike-Sharing wird im Übrigen eines der Themen auf dem 3. Deutschen Kommunalradkongress sein, der am 19. September 2018 in Göttingen stattfinden wird. Weitere Informationen dazu sind in der Rubrik „Kommunalradkongress 2018“ oder „Veranstaltungen“ abrufbar.
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