Der große Erfolg der Veranstaltung lässt sich vor allem durch die produktive Zusammenarbeit der drei Veranstalter erklären, die es geschafft haben, ihre jeweiligen Themenbereiche interessant zu verknüpfen. Etwa 160 Vertreter aus Regierung, Kommunen, Wissenschaft und Wirtschaft kamen zusammen um sich zu informieren, sich einzubringen und untereinander auszutauschen.
Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, betonte, wie wichtig der Breitbandausbau gerade für die ländlichen Kommunen ist. „Die Versorgung mit Breitband gehört für mich zur Grundversorgung aller Kommunen in Deutschland wie die Versorgung mit Strom und Wasser. Wir brauchen 5G nicht nur in Frankfurt und Hamburg, wir brauchen die Zukunft auch in der Eifel und in der Altmark.“ Nur mit der digitalen Vernetzung des Landes können – so der Minister – die Chancen, die zum Beispiel autonom fahrende öffentliche Verkehrsmittel bieten, genutzt werden. Daher stehe der Grundsatz „Vorrang für den ländlichen Raum“ in Sachen Digitalisierung bei ihm an erster Stelle.
Roland Schäfer, Präsident des DStGB hob die Bedeutung der digitalen Infrastruktur für die wirtschaftliche Entwicklung hervor: „Digitalisierung ist eine zentrale Voraussetzung, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. Dabei geht es nicht nur um die großen Industrieunternehmen, sondern um die unzähligen klein- und mittelständischen ‚hidden champions‘. Diese finden sich zu einem überwiegenden Teil außerhalb der Ballungsräume in den ländlichen Regionen.“ Leider seien noch nicht alle Gemeinden ausreichend an das Internet angeschlossen. Dies trifft gerade die ländlichen Regionen, die durch die mangelnde Infrastruktur auch Wettbewerbsnachteile erleiden. „Besonders junge Einwohner, deren Erwartungshaltung bei der Internetverfügbarkeit enttäuscht wird, gehen den Regionen verloren. Gleiches gilt für Unternehmen, die auf leistungsfähige Datenverbindungen angewiesen sind. Das gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinde insgesamt. Damit verbunden ist die Befürchtung bei vielen Menschen, von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben abgehängt zu werden.“
Florian Nöll, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Startups betonte, dass es für die Kommunen nicht nur wichtig sei, innovative Geschäftsideen kleinerer Unternehmer zu fördern, sondern auch, die nötige Infrastruktur für diese bereitzustellen. „Wenn die digitale Revolution erfolgreich sein soll, muss sie auch auf dem Land stattfinden. Besonders bei der regionalen Gesundheitsversorgung, bei innovativen Mobilitätskonzepten, Open-Data-Lösungen oder der intelligenten Versorgung mit Bargeld durch Einzelhandelskassensysteme können Startups eine wichtige Rolle spielen um die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen zu erhöhen.“
In drei parallelen Fachforen wurde im Rahmen der Konferenz auch über praktische Beispiele der Nutzung von digitaler Technik in ländlichen Kommunen diskutiert. Im Fachforum 1 „Daseinsvorsorge Digital“ stellte Sarah Brühl aus der Verbandsgemeinde Betzdorf die Funktion der Gemeinde als Inkubator der Digitalisierung in den Mittelpunkt. Durch zahlreiche Bürgerprojekte im Sinne von Citizen Science hat sich das Verständnis von Digitalisierung vertieft und die Akzeptanz verbreitert. Christian Vollmann von nebenan.de stellte eine „privaten“ Weg in die bürgerschaftliche Vernetzung durch soziale Medien vor. Er betonte, dass die Kommunikationsmöglichkeiten für Kommunen mit der Digitalisierung gewachsen sind. Darüber hinaus „produziert“ soziale Vernetzung Sicherheit in der Gesellschaft. Ulf Freienstein, technischer Berater des Breitbandbüros des Bundes stellte schließlich nochmals eindringlich auf die Notwendigkeit von flächendeckender Glasfaserinfrastruktur ab. Es sei schlicht nicht möglich, den kommenden Datenbedarf zu prognostizieren; zumindest habe die Realität bislang alle Prognosen übertroffen.
Forum 2 befasste sich mit der Frage, welchen Beitrag Startups für die Entwicklung des ländlichen Raumes leisten. In den einzelnen Projektvorstellungen fanden sich viele lebendige Belege dafür, dass Startups und Kommunen immens voneinander profitieren: Städte und Gemeinden punkten mit ihren Erfahrungen, die neuen Unternehmen mit innovativen Ideen und technischen Lösungen. Junge Unternehmer verschiedener Branchen stellten ihre Geschäftsmodelle für ländliche Raume vor. Konzepte, wie ÖPNV-on-Demand, E-Health-Anwendungen oder digitale Plattformen zur Weiterbildung, können einen nicht unerheblichen Beitrag zum Erhalt der Lebensqualität in ländlichen Raumen leisten. Wenn die Bürgerinnen und Bürger physisch und virtuell gut angebunden sind und ihnen alle Möglichkeiten zur Teilhabe in Stadt und Land offen stehen, wäre dies ein großer Schritt in Richtung der angestrebten gleichwertigen Lebensverhältnisse. Voraussetzung für die Etablierung innovativer Lösungen aus der Startup-Branche ist und bleibt allerdings die digitale Infrastruktur.
Im Fachforum 3 zum Thema „Dorferneuerung Digital“ stellten sich drei Projekte aus unterschiedlichen Regionen vor, die sich in ihrer Ausgestaltung nach den konkreten Bedürfnissen der jeweiligen Kommunen richten.
Christian Mainka von der Wirtschaftsförderung Wennigsen stellte das Digitalisierungskonzept der Stadt Wennigsen vor, das die Förderung der lokalen Wirtschaft im Blick hat. Was gebraucht wird, sind Multifunktionshäuser mit digitalem Anschluss, die den Bedürfnissen entsprechend umgebaut und betrieben werden. Dadurch entstehen unter anderem Coworking-Spaces, welche die Zahl der Pendler reduzieren, Leerstände in der Stadt beseitigen und konkrete Probleme, wie die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, angehen. Auch in Sachen Verwaltung tut sich einiges in Wennigsen. Chatbots beantworten die am häufigsten gestellten Fragen der Bürger und sorgen dafür, dass die Mitarbeiter sich auf speziellere Anfragen konzentrieren können.
Gerald Swarat von Fraunhofer IESE stellte das Projekt Digitale Dörfer vor. Mit diesem Projekt soll die Digitalisierung gezielt auf die Bevölkerung eingehen und Konsens schaffen. Der Plan ist es, Innovation zu erzeugen, indem man existierende Ideen aufnimmt, miteinander kombiniert und eigene Ideen hinzugibt. Konkret werden in dem Projekt die Dörfer durch eine App vernetzt, die einen digitalen Marktplatz für Waren und Dienstleistungen anbietet. So etwa ist es möglich, beim Hofladen im Nachbardorf Nahrungsmittel zu bestellen und sie sich von einem Nachbarn liefern zu lassen, der gerade in der Gegend unterwegs ist. Für jede geleistete Nachbarschaftshilfe bekommt man Punkte gutgeschrieben, die man dann wiederum für andere Dienstleistungen ausgeben kann. Dadurch werden die regionale Wirtschaft und der bürgerschaftliche Zusammenhalt zugleich gestärkt.
Renate Ortmanns-Möller aus dem Kreis-Lüchow-Dannenberg stellte das Wendländer Projekt Postlab-Kreativlabor vorstellte. Dieses ist eine Reaktion der Region auf die schlechte Internetanbindung. Um junge Unternehmen und kreative Ideen in die Region zu locken, gibt man ihnen Starthilfe in Form von Workshops und Coworking-Spaces. Angesprochen sind vor allem Startups, Jungunternehmer und Studentenfirmen.
Die Konferenz war nicht nur im Hinblick auf die hohe Teilnehmerzahl und die angeregten Diskussionen ein Erfolg. Auch in den Sozialen Medien kam es zu einem regen Austausch (#lrw17). Es steht fest: Digitalisierung ist ein Zukunftsthema für ländliche Räume und ländliche Räume mit ihren Bewohnern sind gut für die Digitalisierung.
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(Foto: © BMEL/Inga Kje/photothek.net)