Neue Mobilität – Kommunen als Akteure der Verkehrswende

„Neue Mobilität“ – das Begriffspaar steht natürlich vor allem für Innovationen im Verkehr. Wenn es darum gehe, im Sinne von Klimaschutz, Effizienz und Erneuerung, alte, gewohnte und zum Teil sehr bequeme Pfade zu verlassen, betreffe es aber auch die Mobilität im Denken, sagt Alexander Handschuh vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Der kommunale Spitzenverband hatte gemeinsam mit Partnern Experten der kommunalen Praxis aus Wissenschaft und Wirtschaft zur Lounge in der Stadt Teltow geladen, um über Strategie, Planung und Möglichkeiten einer zukunftsorientierten nachhaltigen Mobilität zu diskutieren. Neben Innovationen im Verkehr wurde auch die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Debatte über Zukunftserwartungen in den Blick genommen.

Dass die Lounge in der Stadt Teltow ausgerichtet wurde, war kein Zufall. Bürgermeister Thomas Schmidt setzt sich bereits seit langem für eine Infrastruktur ein, die der Elektromobilität in Teltow zum Durchbruch verhelfen soll. Gemeinsam mit der Zukunftsagentur Brandenburg geht Teltow zudem systematisch vor allem den Herausforderungen des Pendlerverkehrs auf den Grund.

Maik Heimann, Fachberater der Zukunftsagentur Brandenburg, stellte auf der Lounge das Modellprojekt (Über-)Betriebliches Mobilitätsmanagement in der Stadt Teltow vor. Auf der Suche nach Konzepten für Kommunen sei es unerlässlich, so Heimann, für das Thema nachhaltige Mobilität zu sensibilisieren und die lokalen Akteure mit teilweise konträren Interessen an einen Tisch zu bringen.

Bürgermeister Schmidt betonte in diesem Zusammenhang auch die Vorbildfunktion, die Kommunen für ihre Bürgerinnen und Bürger einnehmen. Es müssen Angebote gemacht werden, sagt Schmidt: „Wenn keine Angebote da sind, können auch keine Angebote in Anspruch genommen werden.“

„Eine emissionsarme Mobilität zu etablieren, ist gar nicht so schwer“, sagte Uwe Brendle vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Schließlich sei es das erste Mal, dass es für die wesentlichen Umweltprobleme entsprechende technologische Möglichkeiten gibt, nämlich: Die Elektromobilität. Brendle brachte zwei wesentliche Impulse in die Diskussion ein. Zum einen müssen die Stadt- und Dorfgesellschaften überlegen, was sie wollen. Denn nicht die Technik sollte uns treiben. Vielmehr müssen Ziele definiert werden, für deren Erreichen diejenige Technik einsetzt werden sollte, die der Umwelt und einer modernen Stadtentwicklung dienlich ist. Und zum anderen: Ohne Kooperationen und Absprachen mit Unternehmen werde es laut Brendle nicht gehen. Gemeinsam mit Unternehmen, auch und vor allem den Autoherstellen, müssten Roadmaps entwickelt werden, die sich auch den ökonomischen und fiskalischen Rahmenbedingungen widmen.

Dass etablierte Unternehmen ohne Anreize nicht immer offen für neue innovative Projekte sind, hat auch die Deutsche Post erfahren müssen. Um ihre Vision zu realisieren, Dienstleistungen in Zukunft emissionsfrei anzubieten, baut die Post die nächste Generation der Zustellfahrzeuge nun selbst. Jörg Salomon, Projektleiter StreetScooter präsentierte bei der Innovators Lounge in Teltow nicht nur einen StreetScooter Work zum Praxistest auf der Straße, sondern auch erste Erfahrungsberichte aus der unternehmenseigenen Elektrofahrzeugflotte: „Die Zusteller wollen die Elektroautos nach einer Testphase gar nicht mehr hergeben.“ Der innovative und günstige StreetScooter soll die alte Fahrzeuggeneration mit Verbrennungsmotoren sukzessive ablösen. Ab dem Jahr 2017 werden rund 10 000 dieser Fahrzeuge jährlich produziert. Der StreetScooter Work eignet sich auch für den Einsatz in Städten und Gemeinden, etwa auf kommunalen Bauhöfen.
„Wir müssen mutiger an die Dinge herangehen“, sagte Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes: „Kommunen sind die Orte, wo die Probleme liegen. Hier sind aber auch die Lösungen zu finden.“ Fraglich sei laut Habbel, ob die Kommunen immer die notwendigen Kapazitäten haben, um diese Lösungen zu finden. Umso wichtiger sei es, mit vorhandenen Daten in Städten und Gemeinden vorausschauende Analysen zu erstellen.

Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, brachte ebenfalls in die Diskussion ein, dass Innovationskraft auch immer von finanzieller Ausstattung abhängig sei. Nichtsdestotrotz betonte Böttcher: „Das Vordenken muss auf allen Ebenen verstärkt werden – und das schließt die kommunale Ebene in jedem Fall mit ein.“

Hierfür müssen – so eines von vielen Ergebnissen der Lounge – die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen. Sollen und wollen Städte und Gemeinden Akteure und Gestalter einer Verkehrswende sein, bedarf es einer entsprechenden Finanzausstattung sowie der Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit. Aber auch die Rahmenbedingungen für Unternehmen müssen Platz für Innovation bieten. Der sprichwörtliche Runde Tisch, an dem alle Akteure gemeinsam eine Roadmap entwickeln, scheint auch hier ein probates Mittel, die Interessen der vielen Akteure auszuloten und übereinzubringen – für den Klimaschutz und zur Verbesserung der Mobilitätsqualität und damit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Das innovative Mobilitätskonzept der Stadt Teltow und neue technische Lösungen wie der StreetScooter sind Beispiele für Bausteine neuer Mobilität in Kommunen.

(Foto: Der neue Streetscooter ist in Teltow ab sofort im Einsatz. V. l. n. r.: Andreas Wellmann, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Mecklenburg-Vorpommern, Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des DStGB, Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Thomas Schmidt, Bürgermeister der Stadt Teltow, Dieter Sommer, Deutsche Post AG. © Stadt Teltow © Stadt Teltow)

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