Städte und Gemeinden fordern von Bund und Ländern eine schnelle Umsetzung von Fördermaßnahmen zur Reduzierung von Luftschadstoffen vor Ort. Besonders alarmiert sind der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, und der Präsident des Gemeindetages Baden-Württemberg, Roger Kehle, angesichts aktueller Medienberichte, dass über die Förderung aus dem Fonds nachhaltige Mobilität in Höhe von einer Milliarde Euro derzeit aufgrund der Koalitionsverhandlungen gar nicht entschieden würde. „Aus kommunaler Sicht wäre es der Super-GAU, wenn schon gemachte Zusagen jetzt von den Jamaika-Verhandlungspartnern zurückgenommen werden“, erklärten sie in einem gemeinsamen Statement. „Wir müssen Maßnahmen, die bereits jetzt möglich sind, schnell umsetzen können. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir vor Ort aktiv werden“, so Landsberg und Kehle. Oberstes Ziel müsse es sein, die Schadstoffbelastung schnell zu reduzieren und drohende Fahrverbote unter allen Umständen zu vermeiden. „Es kann nicht sein, dass Kommunen und Bevölkerung die Ausfallbürgen für die Verfehlungen der Automobilindustrie und die Untätigkeit des Bundes sind.“
Auf zwei Spitzentreffen im August und September war eine Reihe von konkreten Maßnahmen beschlossen worden, um Schadstoffausstoß zu reduzieren. Dazu zählte unter anderem die Zusage des Bundes, den Fonds „nachhaltige Mobilität in der Stadt“ auf eine Milliarde Euro aufzustocken. Mit diesem Geld soll die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien zur Schadstoffminderung unterstützt werden. Die Kommunen drängen nun darauf, dass dieses Versprechen eingelöst wird und die Gelder schnell und ohne größere bürokratische Hürden zur Verfügung stehen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Gemeindetag Baden-Württemberg betonen, nach den guten Ergebnissen des Spitzengesprächs mit der Bundeskanzlerin, der Bundesregierung und den Ländern vor knapp zwei Monaten sei zu wenig geschehen. „Die Umsetzung der bereits heute möglichen Maßnahmen droht nun entweder aufgrund der Jamaika-Verhandlungen komplett zu scheitern oder aufgrund der ebenfalls befürchteten Förderbürokratie zu versanden. Was wir brauchen sind klare Handlungsoptionen. Weder kurzfristige Harmonie unter den möglichen Koalitionären noch endlose Diskussionen werden die Luft sauberer machen“, so Landsberg und Kehle. Vielfach gibt es vor Ort bereits konkrete Pläne, etwa zur Umrüstung von Diesel-Bussen. Durch derartige Maßnahmen sei es möglich, kurzfristig zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes beizutragen. Selbst wenn die Mittel nicht gestrichen werden, müssen die Kommunen nach den derzeitigen Regelungen aber befürchten, die Förderung für diese Projekte zu verlieren, wenn sie sie jetzt umsetzen. „Wir brauchen eine klare Zusage, dass bereits begonnene Maßnahmen förderfähig bleiben“, so Landsberg und Kehle.
Insellösungen für einzelne Städte verlagern die Probleme nur
Wichtig sei es zudem, die finanzielle Förderung nicht auf die derzeit betroffenen Kommunen zu beschränken, sondern die Regionen insgesamt in den Blick zu nehmen. „Gerade die Stadt-Umland-Beziehungen und die Pendler-Mobilität müssen berücksichtigt werden. Mit Insellösungen für einzelne Städte lösen wir die Probleme nicht, sondern verlagern sie nur“, betonten Landsberg und Kehle. Langfristig müsse es das Ziel sein, den ÖPNV zu stärken und attraktiver zu machen, alternative Antriebsformen einzusetzen und die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. „Die Kommunen sind bereit, ihren Beitrag zu leisten. Wir erwarten aber auch in diesen Bereichen schnell die zugesagte Unterstützung durch Bund und Länder.“
Mobilität ermöglichen statt verhindern: Nein zu "Blauer Plakette"
Gleichzeitig erteilten beide Verbände Fahrverboten eine klare Absage. Auch die Einführung einer sogenannten „Blauen Plakette“ stelle keine Option dar. „Fahrverbote sind ungerecht, schaden der Wirtschaft und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und sind in der Praxis nicht umsetzbar. Außerdem lösen sie das Problem allenfalls kurzfristig, wir brauchen aber ein Umsteuern, das auch mittel- und langfristig trägt. Hier wird den Kommunen und der Bevölkerung der „Schwarze Peter“ für das Fehlverhalten der Automobilindustrie und die Untätigkeit des Bundes zugeschoben.“ So seien auch die Aktivitäten der Deutschen Umwelt-Hilfe kritisch zu bewerten. „Durch eine Klageflut werden keine Probleme gelöst. Wir würden uns wünschen, dass diese Organisation sich an konstruktiven Lösungen beteiligt, anstatt ihr Engagement darauf zu richten, die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger einzuschränken“, so Landsberg und Kehle abschließend.
Weitere Informationen:
(© FM2 - Fotolia.com)