Der Vorsitzende des Ausschusses für Städtebau und Umwelt des DStGB, Bürgermeister Arpad Bogya, Isernhagen, fordert daher von der neuen Bundesregierung eine Wohnungsbauoffensive mit gezielten Maßnahmen. „Wir müssen sowohl bezahlbaren Wohnraum schaffen als auch den Leerstand bekämpfen“, erklärte Bogya bei der DStGB-Tagung in Wismar. Der DStGB fasste seine Kernforderungen an die neue Bundesregierung in 10 Punkten zusammen:
1. Soziale Wohnungsbauförderung durch den Bund ausbauen
In Deutschland werden über 100 000 Wohnungen jährlich, speziell im bezahlbaren Segment, zu wenig gebaut. Um den Bedarf von ca. 400 000 Wohnungen pro Jahr bis 2020 zu decken, muss der Bund daher seine Ausgleichszahlungen für die soziale Wohnungsbauförderung von aktuell zugesagten 1,5 Milliarden Euro auf mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.
2. Bundeszuständigkeit für sozialen Wohnungsbau herstellen
Wohnungsbau und Wohnungsbauförderung sind dauerhafte Allgemeinwohlaufgaben. Daher muss der Bund wieder für die gesamtstaatliche Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung zuständig werden.
3. Kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften stärken
Die über 700 kommunalen Wohnungsunternehmen mit ihren ca. 2,5 Millionen Wohnungen sind schon aufgrund ihres Satzungszwecks verpflichtet, „preiswerten Wohnraum für breite Kreise der Bevölkerung zu schaffen“. Kommunale Unternehmen spielen zudem eine besondere Rolle für eine integrierte und nachhaltige Stadtentwicklung. Sie müssen daher, ebenso wie das genossenschaftliche Wohnen mit seinem Solidaransatz, von Bund und Ländern gezielt gefördert werden.
4. Selbstgenutztes Wohneigentum unterstützen
Selbstgenutztes Wohneigentum ist gesellschaftspolitisch schon wegen der Vermögens- und Alterssicherung von hoher Bedeutung. Mit ca. 45 Prozent der Haushalte hat Deutschland die niedrigste Quote im Vergleich aller EU-Staaten (Beispiel: Spanien: 85 Prozent; Italien, Polen: 77 Prozent). Notwendig ist daher eine speziell den Schwellenhaushalten und jungen Familien mit Kindern zugutekommende Förderung (Beispiel: Baukindergeld) durch den Bund.
5. Landesplanerische Einengungen zurückführen
Nach aktuellen Prognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaft wächst Deutschland bis zum Jahr 2035 auf über 83 Millionen Einwohner. Viele landesplanerische Vorgaben sind insoweit überholt und sie engen kommunale Entwicklungen ein. Diese müssen daher zugunsten einer größeren Eigenverantwortung und Gestaltung der Gemeindeentwicklung zurückgeführt und flexibilisiert werden.
6. Bauland besser mobilisieren
Hemmnis für den Wohnungsbau ist oft zu teures Bauland und eine fehlende Baulandmobilisierung. Die seit dem 13. Mai 2017 im Städtebaurecht neu geschaffenen Möglichkeiten (Beispiel: „Urbanes Gebiet“) reichen zur erforderlichen Wohnraumversorgung nicht aus. Nötig sind weitere bodenpolitische Maßnahmen (Art. 14 GG: „Eigentum verpflichtet“). Ziel muss es sein, rechtlich bebaubare Grundstücke für die Baulandmobilisierung besser zu aktivieren.
7. Steuerliche Anreize schaffen - Standards abbauen
Der Bund muss durch gezielte steuerliche Anreize den Neu- und Umbau preiswerten Wohnraums sowohl im Miet- als auch im Eigentumsbereich fördern. Die Mietpreisbremse hat sich als nicht geeignet erwiesen. Die mehr als 20 000 Bauvorschriften gehören auf den Prüfstand. Sie müssen, speziell im Energiebereich, verstärkt an einer Kosten-Nutzen-Analyse gemessen werden.
8. Baurecht flexibilisieren – Digitalisierung vorantreiben
Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Schaffung von Wohnraum müssen vereinfacht werden. Hierzu gehören auch Flexibilisierungen beim Schallschutz oder den Stellplatzvorschriften. Die vom Bund mit den Ländern erarbeitete Musterbauordnung muss mit dem Ziel einer stärkeren Vereinheitlichung der aktuell 16 unterschiedlichen Landesbauordnungen eine größere Gesamtverbindlichkeit erhalten. Zudem müssen die Digitalisierung der Planungs- und Bauprozesse vorangetrieben und Standards vereinheitlicht werden.
9. Serielles und nachhaltiges Bauen forcieren
Standardisierungen und serielles Bauen sparen Kosten. Sie können bei Wahrung der Baukultur die Fertigstellung von Wohnbauprojekten beschleunigen und sie sind im Sinne einer flexiblen Nutzung des Wohnraums nachhaltig. Diese Art des Bauens ist daher zu forcieren.
10. Bestand aktivieren – Städtebauförderung dauerhaft stärken
Innenentwicklung und der Erhalt des Bestands müssen aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Gründen gegenüber einer Außenentwicklung Vorrang haben. Die Städtebauförderung von Bund, Ländern und Gemeinden ist als Gemeinschaftsaufgabe unverzichtbar. Die Bundesfinanzierung ist speziell wegen des weiter nötigen Stadtumbaus dauerhaft auf hohem Niveau zu sichern. Die Verfahren müssen vereinfacht und die Vielzahl der Programme muss reduziert werden. Zudem müssen neben dem altersgerechten Umbau insbesondere leerstehende Bestandsbauten durch spezielle Förderprogramme des Bundes verstärkt für Wohnungen nutzbar gemacht werden (Beispiel: Programm „Jung kauft Alt“). Zur Revitalisierung ländlicher Räume muss die Infrastruktur (Breitband, ÖPNV etc.) ausgebaut und die Attraktivität dieser Räume speziell für junge Menschen gestärkt werden.
(DStGB-Pressemitteilung Nr. 33/2017)