Bisher konnten Anbieter freier WLAN-Hotspots dafür haftbar gemacht werden, wenn Dritte ihr Netz für illegale Zwecke missbrauchen. Das nun beschlossene Gesetz sieht vor, dass auch Privatpersonen, die ihr WLAN für andere öffnen, nicht für deren Verhalten haften. Auch für sie gilt künftig das sogenannte Provider-Privileg, das großen gewerblichen Anbietern bereits jetzt nützt. Damit ist der Weg frei für Bereitstellung offener WLAN-Zugänge, auch für Städte und Gemeinden, insbesondere in Einrichtungen wie Schulen, Bibliotheken, Rathäusern und auf öffentlichen Plätzen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund empfiehlt Städten und Gemeinden den Aufbau offener WLAN-Netze zu unterstützen bzw. diese auch selbst – zum Beispiel durch Stadtwerke – zu betreiben, um den Zugang zum mobilen Internet zu verbessern. Die aufgekommene Kritik an der Entscheidung des Bundestages, die neuen Regelungen sei nicht ausreichend, weil die eigentliche Abschaffung der Störerhaftung nicht explizit im Gesetz steht, teilt der Deutsche Städte- und Gemeindebund nicht. Zwar ist eine mögliche Unterlassungserklärung nicht gänzlich ausgeschlossen, ein generelles Haftungsrisiko sehen wir aber nicht mehr.
Deutschland befindet sich, was die öffentliche WLAN-Nutzung betrifft, im internationalen Vergleich bestenfalls im Mittelfeld. Das muss schnell geändert werden. Eine auskömmliche Internetkommunikation wird immer wichtiger und damit zu einem bedeutenden Standortfaktor in den Städten und Gemeinden. Ein offenes WLAN in Kommunen steigert die Attraktivität des ÖPNV und verbessert Stadtführungen, zum Beispiel durch Interaktionen mit der Geschichte von Denkmälern über Smartphones. Stadt-Apps werden für Bürger und für Touristen zusätzliche Bedeutung bekommen. Zudem kann offenes WLAN die Identifikation von Bürgern mit "ihrer" Stadt fördern. Gerade bei, von der öffentlichen Hand bereitgestelltem, freien WLAN öffnet sich so ein neuer und direkter Kommunikationskanal, durch den beispielsweise Aktionen und Events beworben werden können und die Stadt oder das Dorf enger zusammenrücken.
Insbesondere der Bildungsbereich wird von offenem WLAN profitieren. So werden multimediale Angebote für alle individuell nutzbar. Neue Lernorte in der Kommune können erschlossen werden und in ein kommunales und regionales Bildungsangebot integriert werden. Zudem kann die Effizienz des Internets, z.B. in der Suche oder in der ersten Erkundung von Themen, genutzt werden. Moderne Bibliotheken sind ohne freien Zugang zum Internet nicht mehr denkbar.
Auch der Einzelhandel in den Kommunen wird vom offenen WLAN erheblich profitieren. Die Kommunikation zwischen Kunden und stationären Händlern findet heute weitgehend über das Smartphone statt. Der Einzelhandel ist gut beraten, den Zugang zum Netz möglich zu machen und ständig zu vereinfachen. Erweiterte Services des stationären Handels werden künftig eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung spielen.
Für Flüchtlinge, die ein Bleibrecht haben und in Deutschland leben werden, kann offenes WLAN eine wichtige Rolle bei der Integration spielen. Junge Menschen, die schon in ihren Herkunftsländern eine selbständige Tätigkeit als Kleinunternehmer ausübten, können so auch in Deutschland besser Fuß fassen und den neuen Standort auch wirtschaftlich beleben. Mittelfristig kann sich daraus eine weitere Schubkraft für die Gründungskultur ergeben.
Ziel ist es, kommunikative Städte und Gemeinden zu schaffen. Sie sind die Grundlage für mehr Lebensqualität, für eine offene Gesellschaft und für neue geschäftliche Tätigkeiten. Was künftig überall möglich sein wird, zeigt heute schon ein Beispiel aus der Stadt Norderstedt. Hier gibt es bereits ein offenes WLAN-Netz. Schon im Jahr 2013 verfügten die wichtigsten öffentlichen Bereiche der Stadt Norderstedt über ein flächendeckendes WLAN-Netz. Heute ist MobyKlick, das öffentliche WLAN-Netz, an fast 1000 Standorten in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen verfügbar. In enger Zusammenarbeit der wilhelm.tel GmbH aus Norderstedt und der willy.tel GmbH aus Hamburg nimmt die Zahl der Standorte stetig zu. In Kooperation mit starken Partnern wie der Hamburger Hochbahn und der AKN wird MobyKlick derzeit auch im öffentlichen Nahverkehr erprobt und ausgebaut. Derzeit wird im Rahmen eines sechsmonatigen Pilotbetriebes auf der MetroBus-Linie 5 (mit 60 000 Fahrgästen am Tag eine der am stärksten frequentierten Buslinien Europas) und in den U3-Haltestellen Mönckebergstraße und Borgweg der Hamburger Hochbahn MobyKlick getestet.
Anmerkung: Der Autor Franz-Reinhard Habbel hat diesen Beitrag im Garten eines Cafés mit WLAN-Zugang geschrieben.
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