Mitte Oktober hatten Bund und Länder im Rahmen ihrer Einigung zu den Finanzbeziehungen beschlossen, ab dem nächsten Jahr die Altersgrenze für Kinder, für die Unterhaltsvorschuss gezahlt wird, von 12 auf 18 Jahre anzuheben und die Dauer der Zahlungen in Zukunft nicht mehr zeitlich zu beschränken. Heute beraten in Berlin der Kanzleramtsminister mit den Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder unter anderem über die Realisierung dieses Beschlusses.
Die Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Helmut Dedy, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke und Dr. Gerd Landsberg, erklärten dazu: "Leistungen für Alleinerziehende zu verbessern, halten wir für richtig. Allerdings muss ein solcher Schritt für die Familien wirkungsvoll sein, in die Praxis umgesetzt werden können und die Finanzierung sauber geklärt sein. Die Kommunen sehen sich nicht in der Lage, ein Gesetz, das frühestens Mitte Dezember verabschiedet werden kann, zwei Wochen später auszuführen. Das geht personell und organisatorisch nicht. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die zusätzlichen finanziellen Belastungen der Kommunen vollständig ausgeglichen werden. Aussagen dazu liegen bisher überhaupt nicht vor."
Worum es bei dem Vorhaben organisatorisch geht, zeigen diese Angaben: Das Fraunhofer-Institut rechnet mit einer Zunahme der Leistungsbezieher von derzeit rund 450.000 auf 710.000. Die Städte, Landkreise und Gemeinden rechnen hingegen mit einer Verdoppelung der Fallzahlen für den Unterhaltsvorschuss. "Wenn kurzfristig die Zahl der Leistungsanträge massiv zunimmt, müssen wir befürchten, dass die Unterhaltsvorschuss-Stellen in den Kommunen überfordert werden", so die Hauptgeschäftsführer. "In der Praxis funktionieren kann das Ganze nur, wenn das Gesetz zeitlich verschoben wird."
Zudem ist die Finanzierung ungeklärt: Die Kommunen tragen derzeit einen erheblichen Teil der Leistungsausgaben – in unterschiedlicher Höhe in den jeweiligen Ländern – sowie die vollständigen Verwaltungskosten. Angesichts der massiv steigenden Fallzahlen müssten die Kommunen deshalb die zusätzlichen Kosten erstattet bekommen. Unabhängig von der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern, gilt in den Ländern das Konnexitätsprinzip, wonach die Länder ihren Kommunen zusätzliche Kosten von Leistungsgesetzen erstatten müssen, betonten die kommunalen Spitzenverbände.
Außerdem weisen Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund auf die Grundsatzfrage hin, ob die bestehende Doppelbürokratie durch das Nebeneinander von Leistungsansprüchen im Sozialgesetzbuch II und im Unterhaltsvorschussgesetz noch sinnvoll und zeitgemäß ist. Eine aktuelle Studie des Statistischen Bundesamtes hat ergeben, dass 87 Prozent der derzeitigen Leistungsbezieher von Unterhaltsvorschuss auch SGB II-Leistungen (Hartz IV) und SGB XII-Leistungen erhalten. Diese Leistungen werden von den Jobcentern und den Unterhaltsvorschuss-Stellen miteinander verrechnet.
Die Familien, die gleichzeitig Hartz IV beziehen, haben durch die Verrechnung keinerlei finanzielle Vorteile, wenn sie Unterhaltsvorschuss erhalten. Es wäre aus Sicht der Kommunen dann nur transparent und ehrlich, in diesen Fällen Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gar nicht vorzusehen. "So würde der bürokratische Aufwand erheblich minimiert und die leistungsberechtigten Familien erhielten ihre Unterstützung aus einer Hand. Sie müssten dann nicht mehr sowohl beim Jobcenter als auch bei den Unterhaltsvorschuss-Stellen ihre Anträge stellen. Mit der jetzt geplanten Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes wird jedoch die bereits vom Bundesrechnungshof kritisierte Doppelbürokratie noch auf viel mehr Menschen ausgeweitet", erklärten Dedy, Henneke und Landsberg.
(DStGB-Pressemmitteilung 29)
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