Für Flüchtlingsunterkünfte kommt der Bund auf. Ist das ein verlockendes Angebot aus Ihrer Sicht, oder eher ein Tropfen auf den heißen Stein?
Landsberg: Das ist schon ein sehr verlockendes Angebot. Man muss wissen, dass – auch auf unsere Forderungen hin –, sich der Bund bereiterklärt hat, 1 Mrd. Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. 500 Mio. Euro dieses Jahr, 500 Mio. Euro nächstes Jahr. Das ist ein richtiger Schritt. Ich denke, der Bund hat erkannt, dass die Kommunen jedenfalls mit der finanziellen Seite der Flüchtlingsproblematik überfordert sind und wenn der Bund sich hier dauerhaft engagieren würde, wäre das ein sehr positives Signal.
Die Kosten für die Unterkünfte sind ja ein nennenswerter Faktor auf Ihrer Ausgabenliste. Wie sehr würde Sie das wirklich ganz konkret entlasten?
Landsberg: Das ist von Land zu Land unterschiedlich. Das ist ja auch interessant, dass die Länder ganz unterschiedliche Beträge an die Kommunen bezahlen. Ein Beispiel: Niedersachsen zahlt eine Jahrespauschale von 6.195 Euro pro Flüchtling. Damit können wir einen Flüchtling nicht dauerhaft unterbringen, integrieren und die Gesundheitsversorgung hier finanzieren. Nehmen Sie ein anderes Beispiel: Brandenburg zahlt 9.128 Euro und eine Investitionspauschale. Schleswig-Holstein macht eine Spitzabrechnung von etwa 70 %. Das heißt, in der Masse der Bundesländer ist das nicht ansatzweise auskömmlich und ein besonderes Problem ist in der Tat die Gesundheitsversorgung, weil die Menschen häufig und/oder verletzt, traumatisiert sind. Diese Kosten müssen teilweise im Moment die Kommunen tragen, und da wollen wir eine andere Lösung.
Nun ist das Geld ja die eine Sache. Nun gibt es schlicht kein Platz an vielen Orten. Das heißt, es gäbe eigentlich nur die Möglichkeit, Neubauten zu bauen. Würde die denn der Bund auch übernehmen, also diese neuen Flüchtlingsunterkünfte?
Landsberg: Wir haben die Vorstellung, dass es ein Bauprogramm gibt, was Bund und Länder finanzieren sollten. Das muss nicht immer Neubau sein, es gibt ja auch Kasernen, die umgebaut werden können oder andere Liegenschaften von Ländern und Kommunen. Wir haben ja eine neue Situation. Wir konnten früher davon ausgehen, diese Flüchtlinge werden nach einiger Zeit – nicht ganz kurzfristig - in ihre Länder zurückkehren. Das wird jetzt nicht sein. Wenn man sich die kriegerischen Auseinandersetzungen im Mittleren und Nahen Osten anschaut, kann man davon ausgehen, dass ein Großteil der Bürgerkriegsflüchtlinge auf Dauer in Deutschland bleiben wird. Und deswegen ist natürlich auch die Organisation und die Infrastruktur anders zu gestalten als wir das in früheren Jahren gewohnt waren.
Mit wieviel Bedarf rechnen Sie denn in den kommenden Monaten?
Landsberg: Das ist relativ schwierig, weil Ihnen keiner sagen kann, wieviel Flüchtlinge kommen. 2014 sind es über 200.000 Asylanträge in Deutschland gewesen und ich glaube nicht, dass es in diesem Jahr weniger werden. Und für die kommunale Seite ist auch wichtig - Sie haben das ja anmoderiert – dass die Zahl der Erstaufnahmeeinrichtung, dass die erhöht wird. Denn häufig erfährt eine Kommune sehr kurzfristig, weil eben die Erstaufnahmeeinrichtung auch voll ist, dass sie am Folgetag 100, 200 oder 500 Flüchtlinge bekommen soll. Das ist schwierig zu organisieren. Das ist übrigens auch schwierig, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Und im Idealfall wäre es aus unserer Sicht so: Diese Menschen kommen in die Erstaufnahmeeinrichtung. Innerhalb von drei Monaten wird über den Asylantrag entschieden und dann kommen sie in die Kommune. Dann werden sie sofort integriert, dann sollten sie auch sofort arbeiten können. Und wenn man das noch kombinieren würde mit einer Gesundheitskarte, wo sie eben die ihnen zustehenden Leistungen beim Arzt abrechnen können, dann wäre uns insgesamt sehr geholfen.
Das Interview wurde von Frau Milena Fessmann geführt.