Massnahmen des Bundes richtiger Ansatz

(Landespressekonferenz in Schwerin. Foto: v. l. n. r.: Andreas Wellmann, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Mecklenburg-Vorpommern (StGt-MV), Dr. Reinhard Dettmann, Bürgermeiser der Stadt Teterow und Vorsitzender des StGt-MV, Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB und Axel Seitz, Landespressekonferenz Mecklenburg-Vorpommern).

Im Jahr 2015 werden voraussichtlich 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Dies sind rund dreimal so viele Menschen, wie noch zu Beginn des Jahres angenommen. „Städte und Gemeinden stehen vor einer Herkulesaufgabe. Eine Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik in organisatorischer, personeller und finanzieller Hinsicht ist daher dringend erforderlich. Viele Menschen werden auf Dauer in Deutschland bleiben“, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg vor der Landespressekonferenz in Schwerin.

Der Deutsche Städte-und Gemeindebund begrüßt die jüngsten Ergebnisse der Koalitionsrunde zur Flüchtlingshilfe. Kommunen und Ländern drei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, ist ein erster wichtiger Schritt. Ob die Mittel tatsächlich ausreichen, bleibt aber offen. Notwendig ist eine Verstetigung für die kommenden Jahre. Die Leistungen müssen den Flüchtlingszahlen angepasst werden. Auch muss sichergestellt werden, dass das Geld tatsächlich bei den Kommunen ankommt. Richtig ist die Aufstockung des Bundesfreiwilligendienstes um bis zu 10.000 neue Stellen. Das ist ein Signal für die Unterstützung des Ehrenamtes bei der Flüchtlingshilfe und auch eine Chance für einen Teil der Flüchtlinge selbst. Notwendig sind allerdings auch zusätzliche Stellen in den Kommunen, bei der Verwaltung, in Kitas und Sozialeinrichtungen. Auch die Reduzierung verzichtbarer Standards beim Bau von Unterkünften entspricht einer Forderung des DStGB.

Es ist überfällig, dass die Südbalkanstaaten und Albanien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Wir erwarten, dass der Bundesrat dies vor dem Hintergrund der dramatischen Situation mitträgt.

Auch die Absicht 150.000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen von Bund und Ländern zu schaffen muss jetzt schnell umgesetzt werden. Es wäre eine deutliche Entlastung, wenn Personen ohne Bleibeperspektive in diesen Einrichtungen bleiben und nicht auf die Kommunen verteilt werden, sondern von dort ausreisen müssen oder abgeschoben werden.

Der Appell, ein neues europäisches Verteilungssystem aufzubauen, ist längst überfällig.

Alle diese beschlossenen Maßnahmen werden aber nicht kurzfristig, sondern allenfalls mittelfristig die Lage vor Ort entspannen können. Viele Kommunen sind längst überfordert, weil die Zuweisung von den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder in die Kommunen immer kurzfristiger erfolgt und selbst behelfsmäßige Unterkünfte wie Zelte oder Traglufthallen immer schwieriger zu organisieren und einzurichten sind. Auch das Personal, das seit Monaten unter einem enormen Druck die Herausforderungen bewältigt, ist zunehmend überfordert.

Zur kurzfristigen Entlastung der Situation sollte die Einrichtung von sogenannten Hotspots in den Herkunftsländern vorgesehen werden. Auch die Verfahrensregelungen im Asylrecht müssen vereinfacht werden, um die Entscheidungen zu beschleunigen. Dazu kann auch gehören, dass bei Antragstellern aus sicheren Herkunftsländern ein gerichtliches Verfahren die Abschiebung oder Ausreise nicht hemmt, sondern die weiteren Schritte vom Herkunftsland aus betrieben werden müssen.

Nur mit echter Solidarität gegenüber den wirklich Verfolgten und mit konsequenter Optimierung und Anwendung unseres Rechts werden wir die Probleme lösen können. Dabei muss der Grundsatz gelten: „Weniger Reden mehr Handeln“.

In einem eigenen „Maßnahmenkatalog zur Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik“ unter dem Titel „Solidarität mit Flüchtlingen stärken – Überforderung der Kommunen vermeiden“ fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dass die Unterkunfts-, Versorgungs-, Integrations- und Personalkosten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt und die Kommunen davon dauerhaft freigestellt werden. Nach den ersten Nothilfen und Unterstützungsmaßnahmen wird es darauf ankommen, die Infrastrukturen und Verwaltungsstrukturen auf die neue Lage anzupassen. Notwendig sind in den Kommunen zusätzliche Gestaltungsfreiräume durch weniger Bürokratie und zusätzliche Finanzmittel.

  • Notwendig ist eine Beschleunigung der Asylverfahren. Diese dauern in Deutschland durchschnittlich immer noch 5,3 Monate. Hinzu kommen rund 270.000 noch nicht entschiedene Anträge.
  • Die Zahl der Erstaufnahmeeinrichtungen muss durch Bund und Länder deutlich erhöht werden. Notwendig sind 150.000 Plätze. Bislang stehen erst 50.000 Plätze zur Verfügung. Es muss sichergestellt werden, dass eine Verteilung auf die Kommunen erst nach Abschluss des Asylverfahrens erfolgt.
  • Notwendig ist ein Sonderbauprogramm Flüchtlingsunterkünfte. Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen auf mindestens 2 Milliarden Euro aufgestockt werden.
  • Der Personalschlüssel, insbesondere in den kommunalen Verwaltungen, wird sich durch die zusätzlichen hunderttausenden Asylanten und Flüchtlinge verändern. Zusätzliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind notwendig. Benötigt werden u.a. zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas und Kindergärten, aber auch Verwaltungspersonal.
  • Die Fort- und Ausbildung von ehrenamtlichen Flüchtlingsmanagern muss verstärkt werden. Notwendig sind Flüchtlingsmanager, die mit juristischen und organisatorischen Kenntnissen aber auch mit auch mit interkulturellen Kompetenz ausstattet sind. Ein solches Berufsbild muss jetzt entwickelt werden.
  • Die örtliche Wirtschaft sollte sich stärker in der Flüchtlingshilfe, zum Beispiel durch die Schaffung von Betriebskindergärten, den Ausbau von Sprachunterstützungen u.s.w., engagieren, um so einen schnellen Zugang der Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Weitere Informationen:

(Foto: © Trueffelpix - Fotolia.com)

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